Griechenland ist auf einem schwierigen Weg. Die schrumpfende Wirtschaft erhöht die Verschuldung weiter. Ein Aufbauprogramm könnte helfen

Hamburg. Das Ziel steht fest. Es heißt: Kürzen und Streichen. Den Griechen droht eine weitere Sparrunde. Zwar rückt ein positives Zeugnis der drei internationalen Geldgeber EU-Kommission, Internationaler Währungsfonds und Europäische Zentralbank - der sogenannten Troika - näher, doch um drastische Kürzungen kommt das Land nicht herum.

Die griechische Regierung beschloss, Tausende Staatsbedienstete zu entlassen. Genaue Zahlen wurden nicht genannt. Außerdem soll die Zahl der Teilzeitstellen um 10 000 auf 30 000 Stellen erhöht werden. Weitere Rentenkürzungen treffen Pensionäre mit Bezügen von mehr als 1200 Euro im Monat sowie Rentenempfänger, die jünger als 55 Jahre sind.

Unter Ökonomen wachsen unterdessen die Zweifel, dass die Sparmaßnahmen Griechenland noch voranbringen. "Die Erfahrungen zeigen, dass solche Sparbeschlüsse die Binnenwirtschaft in Griechenland weiter in die Knie zwingen und die Lage nur verschärfen", sagt Rudolf Hickel von der Universität Bremen dem Abendblatt.

Griechenland rechnet in diesem Jahr mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von fünf Prozent. "Auch im nächsten Jahr dürfte sich die Lage kaum bessern", sagt Jochen Intelmann, Chefvolkswirt der Hamburger Sparkasse (Haspa). "Die Sparbeschlüsse verlängern nur die Rezession."

Für das nächste Jahr wird in Griechenland mit einem weiteren Rückgang der Wirtschaftsleistung von drei Prozent gerechnet. "Immer neue, kurzfristige Sparrunden treiben das Land in einen Teufelskreislauf", sagt Hickel.

Denn schrumpft die Wirtschaft, sinken auch die Steuereinnahmen. Gemessen in Prozent des BIP verpuffen alle bisherigen Sparerfolge, denn die Staatsverschuldung steigt, wenn das BIP von Jahr zu Jahr kleiner ausfällt. So wird die Staatsverschuldung im Jahr 2015 etwa 165 Prozent des BIP erreichen. 2010 waren es noch 140 Prozent. Gleichzeitig ging die Neuverschuldung von mehr als 15 Prozent auf weniger als neun Prozent zurück. "Die Sparerfolge sind beeindruckend", sagt Intelmann.

Doch sie reichen nicht aus, um die Lage im Land zum Besseren zu wenden. Es muss noch mehr sparen. "Das sind Signale, die von den Geldgebern, allen voran auch Deutschland, gefordert werden", sagt Intelmann.

Auch Jens Boysen-Hogrefe vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW) sieht für das Land "keine andere Möglichkeit, als sich den Forderungen aus dem Rest Europas zu beugen". Der Staat müsse seine Finanzen in Ordnung bringen. Daran führe kein Weg vorbei "Es ist müßig, darüber zu diskutieren, wann dafür der richtige Zeitpunkt sei."

Zwar wurde Griechenland mit dem 110-Milliarden-Euro-Rettungspaket genügend Zeit für eine Sanierung eingeräumt. "Das Land muss sich die nächsten zehn Jahre nicht am Kapitalmarkt refinanzieren", sagt Intelmann. Doch das Geld wird nur in Raten nach strengen Auflagen ausgezahlt. "Sonst hätte es zu dem Rettungspaket keine Zustimmung der nationalen Parlamente gegeben", sagt Intelmann. Griechenland zehn Jahre mitzufinanzieren und darauf zu vertrauen, dass das Land am Ende gesundet, sei nicht durchzusetzen. "So weit reicht das Vertrauen der Geber-Länder nicht", sagt Intelmann.

Doch gerade Hickel fordert eine Abkehr von der kurzfristigen Raten-Politik. "Sonst sind weitere Sparrunden vorprogrammiert." Das Land werde durch diese Politik für seine Sparanstrengungen noch bestraft. "Das kann nicht gut gehen." Hickel fordert deshalb ein mittelfristiges Aufbauprogramm für das Land, das die Exportwirtschaft stärkt. Natürlich müsse auch der öffentliche Sektor des Landes mit 700 000 Bediensteten reformiert werden. "Aber die Beschäftigten, die dort abgebaut werden, müssen auch eine Chance haben, einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Voraussetzung für ein solches Programm ist ein wirklicher Schuldenschnitt, der die Staatsschulden von 350 Milliarden Euro mindestens halbiert", sagt Hickel. Anschließend müssten die griechischen Banken von der EU gestützt werden. Die verbliebenen Staatsschulden sollten über Euro-Bonds finanziert werden. Denn nach einem solchen Schuldenschnitt wäre Griechenland vom Kapitalmarkt abgeschnitten. Das ist das Land aber jetzt auch schon.

Einen ersten Ansatz, das Land nicht nur zum Sparen anzuhalten, sondern auch wirtschaftlich zu stärken, gibt es bereits. Die EU-Kommission will Griechenland jetzt beim Ausgeben von bisher ungenutzten EU-Geldern in Höhe von 15 Milliarden Euro helfen. Die Mittel sind bis Ende 2013 im EU-Haushalt eingeplant. Das Geld soll in Infrastrukturvorhaben in den Bereichen Energie, Verkehr, Umwelt, Kultur und Tourismus fließen.