Plastikgeld muss nur kurz vor ein Lesegerät gehalten werden. Einige Hamburger Tankstellen und Supermärkte haben Technik schon eingeführt.

Hamburg. Die Schlange an der Kasse im Supermarkt ist schon lang und dann kommt sie auch noch ins Stocken. Der Preis für drei Stangen Porree muss erst herbeitelefoniert werden. Und dann beim übernächsten Kunden das Problem mit der Kartenzahlung. Die Karte steckt falsch im Lesegerät. Auch ein zweiter Versuch misslingt dem Kunden. Dann greift die Kassiererin ein und führt die EC-Karte selbst ein. Endlich geht es in der Schlange weiter.

Solche Szenen sind kein Einzelfall und sie zeigen, wie unbequem Kartenzahlungen noch sind. Denn nicht nur falsch eingesteckte Karten führen zu Zahlungsverweigerungen, sondern auch antistatische Aufladungen oder winzige Beschädigungen am Plastikgeld. Noch sind die Deutschen ein Volk von Barzahlern. Bis 50 Euro werden die Zahlungen nach wie vor zu über 70 Prozent bar abgewickelt.

+++ Volksbank sperrt wegen Betrugs Tausende EC-Karten +++

+++ Was ist, wenn meine EC-Karte stecken bleibt? +++

+++ EC-Karten im Ausland oft gesperrt +++

Um das zu ändern, setzen die beiden Zahlungsverkehrsdienstleister Mastercard und Visa auf eine neue Funkchiptechnologie beim Plastikgeld. Damit muss die Karte nur noch in kurzem Abstand vor ein Lesegerät gehalten werden, um den Betrag abzubuchen. Für das Verfahren sind ein Chip und eine Antenne erforderlich, die in das Plastik der Karte eingebettet sind. Ein grün-weißes Logo auf der Rückseite der Karte signalisiert, dass die Karte für die neue Technik gerüstet ist.

"Die Daten werden mittels Radiofrequenztechnik an das Lesegerät sicher übertragen", sagt Thorsten Klein von Mastercard Europe. "Zufällige Abbuchungen beim Vorbeigehen an einem solchen Terminal sind nicht möglich", sagt er zu Sicherheitsbedenken. "Sie müssen ihre Karte dichter als vier Zentimeter vor das Lesegerät halten." Nur bei kleineren Beträgen bis zu 25 Euro wird innerhalb der Euro-Zone auf die Eingabe der PIN oder das Unterschreiben des Belegs verzichtet.

Diesen Verzicht auf die zusätzlichen Sicherheitsabfragen hält die Finanzexpertin der Hamburger Verbraucherzentrale, Hjördis Christiansen, allerdings für problematisch. "Wird die Karte gestohlen, können die Diebe leicht kleine Beträge abheben", sagt sie. "Da wird das Risiko auf den Verbraucher abgewälzt." Bei Mastercard verweist man hingegen darauf, dass die Karte bei Verlust - wie sonst auch - gesperrt werden könne.

Grundsätzlich lässt sich das System für Kreditkarten und Bankkarten (EC-Karte) nutzen. Die Sparda-Bank Hamburg und die Hamburger Volksbank gehören zu den ersten Instituten, die ihren Kunden die neue Technik anbieten werden. "Wir prüfen derzeit die Einführung", sagt Haspa-Sprecherin Stefanie von Carlsburg. Die Sparkassen wollen vom nächsten Jahr an alle 45 Millionen EC-Karten austauschen und die neuen Karten mit der Technologie für kontaktloses Bezahlen ausrüsten.

Gleichzeitig rüstet der Handel für die neue Technik auf. Bis Oktober sollen deutschlandweit 2300 Ladenkassen von Douglas, Thalia, Hussel und Christ ausgerüstet werden. Auch Vapiano testet in einigen Restaurants das kontaktlose Bezahlverfahren PayPass von Mastercard. Bereits jetzt erhalten die Gäste beim Betreten des Restaurants eine Chipkarte, auf dem Speisen und Getränke verbucht werden. "Daher ist die Einführung von Mastercard PayPass eine logische Konsequenz", sagt Vapiano-Vorstand Mirko Silz. Innerhalb der nächsten zwei Jahre sollen auch alle Aral-Tankstellen in Deutschland, der Schweiz und Großbritannien für das neue Verfahren ausgerüstet sein. "Zum Ausbau des Netzes sind wir weiter in konkreten Gesprächen mit Handelsketten", sagt Klein. Das kontaktlose Bezahlen ist um bis zu 40 Prozent schneller als herkömmliche Verfahren.

Bereits jetzt kann an den 500 Star-Tankstellen der Orlen Deutschland GmbH kontaktlos bezahlt werden. "Der Zeitgewinn ist immens", sagt Oliver Behrens von Orlen. "Innerhalb von zwei Sekunden ist der Bezahlvorgang abgeschlossen." Nur wünscht er sich, dass noch mehr Karten der Kunden mit der neuen Technik ausgestattet sind. 1,2 Millionen Karten für das kontaktlose Bezahlen sind bisher von Mastercard ausgegeben. In Frankreich sind es bereits doppelt so viele. Auch der Edeka-Markt am Hamburger Flughafen hat sich auf die neue Technik schon eingestellt. Mastercard rechnet damit, dass PayPass den Kartenumsatz um bis zu 42 Prozent ansteigen lässt. "Karteninhaber nutzen PayPass überwiegend bei Händlern des täglichen Bedarfs", sagt Unternehmenssprecher Klein.

Jetzt geht es darum, wie schnell sich die neue Technik durchsetzt. Denn die Banken warten gern ab. Zwischen Handel und Kreditwirtschaft entwickelt sich ein Henne-Ei-Spiel. Die Geldhäuser wollen erst ausreichend Terminals im Handel sehen, bevor sie ihren Kunden neue Karten anbieten. Der Handel investiert in der Breite in die neue Technik erst, wenn auch ausreichend Kunden entsprechende Karten haben. "Wir beobachten den Markt und haben noch keine Entscheidung über den Einsatz kontaktloser Karten getroffen", sagt Ralf Palm von der Postbank.

"Wir haben bisher zehn Prozent unserer Kunden mit den neuen, kontaktlosen Kreditkarten ausgestattet", sagt Daniel Diebold von der Sparda-Bank Hamburg. Im Laufe des turnusmäßigen Austauschs der Karten kommen immer mehr hinzu. "Einen entscheidenden Vorteil sehen wir darin, dass die Karte nicht mehr aus der Hand gegeben werden muss", sagt er. Das erhöhe die Sicherheit für den Kunden. Die Hamburger Volksbank startet im November mit einem Pilotprojekt. "Zunächst werden einige Tausend Kunden die neue Karte erhalten", sagt Banksprecherin Heidi Melis.

Die Geldinstitute müssen sich sputen. Denn neben den Kreditkartengesellschaften und den Banken haben auch Internet- und Telekommunikationsunternehmen die Bezahldienstleistungen für sich entdeckt. Der Konsument wird in einigen Jahren die Wahl haben, ob er per Karte oder lieber per Handy oder Smartphone seine Rechnungen bezahlt.