Der Hamburger Schuhhändler Görtz wächst kräftig in der Flaute. Die Preise sollen stabil bleiben. Hohe Absätze sind angesagt.

Hamburg. Die verregneten Monate Juni und Juli haben dem Schuhhandel das Geschäft mit der Sommerware verdorben. Nach einem guten Start erreichte die Branche nach Angaben des Bundesverbands des Deutschen Schuheinzelhandels (BDSE) bis zur Jahresmitte Umsätze von etwa 5,6 Milliarden Euro, das war ein halbes Prozent weniger als im Vergleichszeitraum 2010. Man hoffe jetzt auf das "richtige" Herbst- und Winterwetter, sagte BDSE-Präsidentin Brigitte Wischnewski vor der wichtigsten deutschen Schuhmesse GDS, die vom 7. bis 9. September in Düsseldorf stattfindet.

Im ersten Halbjahr 2011 seien Schuhe um 1,1 Prozent teurer geworden, sagte Manfred Junkert, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Schuhindustrie (HDS). Diese Preissteigerung lag allerdings unterhalb der Inflationsrate.

Über die Trends in der Branche sprach das Abendblatt mit Ludwig Görtz, Mitinhaber der gleichnamigen Schuhhauskette mit Sitz in Hamburg. Sie ist mit mehr als 280 Filialen, einem Umsatz von mehr als 400 Millionen Euro (2010) und rund 3800 Beschäftigten einer der größten Schuheinzelhändler Europas und nach eigenen Angaben Marktführer im Qualitätssegment.

Hamburger Abendblatt: Die Schuhbranche berichtet von Rückgängen und führt dies nicht zuletzt auf den verregneten Sommer zurück. Wie entwickelt sich das Geschäft in Ihrem Unternehmen?

Ludwig Görtz: Zunächst muss man dazu anmerken, dass wir ein sehr gutes Jahr 2010 hatten. Aber auch wir liegen jetzt bei den Umsätzen unter den Planzahlen. Wenn die Sommerware liegen bleibt, sinken die Durchschnittspreise, und das ist nicht spaßig für den Schuhhandel. Das hat allerdings nicht nur mit dem Wetter zu tun, sondern auch mit der wachsenden Verunsicherung der Verbraucher. Die Deutschen sind, wenn es um Geld und Währung geht, besonders sensibilisiert. Und Titelblätter mit Begriffen wie etwa "Gelduntergang" drücken die Stimmung.

Fürchten Sie also ein Umsatzminus auch für das gesamte Jahr?

Görtz: Ich würde mich freuen, wenn wir ein kleines Plus erreichen. Und ich habe meine Zuversicht für das zweite Halbjahr, das für uns immer besonders wichtig ist, noch nicht aufgegeben. Vielleicht bekommt man die Schuldenkrise ja allmählich in den Griff. Die Turbulenzen an den Finanzmärkten haben schließlich wenigstens einen positiven Effekt: Bei den Regierungen setzt sich die Einsicht durch, dass man nur so viel ausgeben darf, wie man einnimmt, und die Probleme nicht auf die nächste Generation verlagern sollte. Das sieht man in manchen europäischen Staaten, aber auch beim Hamburger Senat.

Haben Sie angesichts der Umsatzflaute die ehrgeizigen Expansionspläne zurückgeschraubt?

Görtz: Nein, wir sind eher antizyklisch eingestellt. Wir müssen uns auch in etwas schlechteren Zeiten auf die besseren vorbereiten. In diesem Jahr werden etwa 20 neue Filialen hinzukommen, die Mitarbeiterzahl werden wir in der Größenordnung des Vorjahres halten. Insbesondere im Hinblick auf die Ausbildung müssen wir für künftiges Wachstum vorsorgen.

Wird damit der Marktanteil von Görtz weiter steigen?

Görtz: Davon gehen wir aus. Es gibt zwar auch im Online-Handel mit Schuhen eine Reihe neuer Wettbewerber. Aber wir haben damit schon früh begonnen und sind seit einigen Jahren auf diesem Feld sehr erfolgreich. Etwa zehn Prozent unseres gesamten Umsatzes erzielen wir per Internet. Immer mehr Menschen informieren sich entweder dort und kaufen die Schuhe dann in unseren Häusern. Oder sie probieren in den Filialen Schuhe an und bestellen später von zu Hause oder von unterwegs. Wenn ich mir die Verkaufszahlen von Smartphones ansehe, bin ich sicher, dass die Bedeutung dieses Vertriebswegs noch zunehmen wird.

Werden Schuhe in den nächsten Monaten noch teurer?

Görtz: Wir hatten zeitweise mit hohen Preissteigerungen bei Häuten und Ledern zu kämpfen, aber jetzt ist an der Preisfront Ruhe eingekehrt.

Welche Trends sehen Sie bei den Damenschuhen?

Görtz: Stiefel bleiben aktuell, ebenso Halbstiefel mit mittlerer Absatzhöhe. Ansonsten ist Vielfalt angesagt. Auf der einen Seite gibt es den "Sex and the City"-Stil, Schuhe mit Glamour-Effekt und hohen Absätzen. Andererseits gibt es eine Tendenz hin zu sportlichen und strapazierfähigen Schuhen, nach der Devise: Man muss sich bewegen.

Und was werden die Herren demnächst an den Füßen tragen?

Görtz: Auch hier gibt es zwei Trends nebeneinander: Hochaktuell ist junge High-Fashion-Schuhmode, aber daneben haben qualitativ hochwertige, rahmengenähte Schuhe englischer Prägung ihren Siegeszug angetreten.