Der Tiefkühlproduzent wächst in einem schrumpfenden Markt. Gespräch mit Deutschland-Chefin Martina Sandrock über Perspektiven.

Hamburg. Käpt'n Iglo ist allgegenwärtig. Wer die Zentrale von Deutschlands größtem Tiefkühlproduzenten in der Hamburger Alstercity betritt, dem lächelt der freundliche Seebär schon gleich am Eingang entgegen. Als Pappkamerad schaut er den Mitarbeitern in der Teeküche über die Schulter und wacht über den Flur zu den Großraumbüros. Manch einer fühle sich gar von der omnipräsenten Werbefigur beobachtet, erzählen Beschäftigte im Scherz.

"Eine Figur wie Käpt'n Iglo ist ein Juwel für die Marke", sagt Deutschland-Chefin Martina Sandrock. Daher habe man sich jetzt entschlossen, den Seebären zum Botschafter für alle Tiefkühlprodukte in der Bundesrepublik zu machen. Nicht nur Fischstäbchen, auch Gemüsepfannen, Nudelgerichte und Spinat soll der Käpt'n künftig bewerben, dafür hat sich das Unternehmen sogar von seiner langjährigen "Blubb"-Spezialistin Verona Pooth getrennt.

Die Rückbesinnung auf die einstige Werbe-Ikone ist nur das sichtbarste Zeichen für den Strategieschwenk, den Iglo in den vergangenen zwei Jahren unter Sandrocks Ägide vollzogen hat. Als der Finanzinvestor Permira den Tiefkühlhersteller 2006 vom Konsumgüterkonzern Unilever übernahm, sollte das Markenzeichen zunächst verschwinden und Platz für einen europaweit einheitliches Logo in der Gruppe machen. "Es wäre aber ein Fehler, auf eine in Deutschland so gut eingeführte Figur wie Käpt'n Iglo zu verzichten", sagt Sandrock.

Dabei ist die schlanke, durchtrainierte Managerin optisch so ziemlich das genaue Gegenteil zu dem gemütlichen Käpt'n. "Ich bin sehr ehrgeizig", sagt die passionierte Marathonläuferin von sich selbst, die jeden morgen vor der Arbeit rund eine Stunde am Alsterlauf joggt. Ein ähnlich strenges Fitnessprogramm hat sie auch dem Tiefkühlhersteller verordnet.

Tatsache ist, dass die von Sandrock entwickelte "Agenda 2014" Iglo gut bekommt. Nach einem Umsatzplus von elf Prozent auf 289 Millionen Euro im vergangenen Jahr sind die Erlöse in Deutschland in den ersten sieben Monaten dieses Jahres noch einmal um 7,5 Prozent auf 162 Millionen Euro gestiegen. In der gesamten Iglo-Gruppe, zu der auch die Werke in Großbritannien und in Italien gehören, setzt sich das Wachstum des vergangenen Jahres ebenfalls fort. 2010 betrug der Nettoumsatz 1,082 Milliarden Euro, der operative Gewinn (Ebitda) belief sich auf 213,1 Millionen Euro. "Wir sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden", sagt Sandrock. Ein Umsatzplus im zweistelligen Prozentbereich sei in diesem Jahr in Deutschland durchaus möglich - und das, obwohl der gesamte deutsche Tiefkühlmarkt im ersten Halbjahr um rund drei Prozent rückläufig war.

Angesichts der positiven Entwicklung hält es die Deutschland-Chefin durchaus für denkbar, dass Eigentümer Permira das Unternehmen auf längere Sicht an den Aktienmarkt bringt. "Ein Börsengang ist ein mögliches Szenario für die Zukunft von Iglo, bislang ist aber nichts entschieden", sagt sie. Tatsächlich hält der britische Finanzinvestor seine Beteiligungen in der Regel zwischen fünf und sieben Jahre, bevor er mit Gewinn aus dem jeweiligen Investment aussteigt. Neben dem Börsengang kommt angesichts der aktuellen Turbulenzen an den Finanzmärkten aber auch ein Weiterverkauf an einen großen Konkurrenten in Betracht.

Die positive Umsatzentwicklung führt Sandrock überwiegend auf die in Deutschland erweiterte Produktpalette und die neue Markenführung zurück. "Iglo steht heute nicht mehr nur für Spinat und Fischstäbchen", sagt sie. Vor allem neue Geflügelprodukte, die Iglo vom Schwesterunternehmen Birds Eye aus Großbritannien übernommen hat, würden zu den höheren Erlösen beitragen. Daneben habe es auch eine kleine Sonderkonjunktur bei Gemüse gegeben. "Während der EHEC-Krise haben wir 40 Prozent mehr Tiefkühlgemüse verkauft als sonst üblich, weil kaum noch ein Kunde Rohware haben wollte."

Künftig will Sandrock das Portfolio um sogenannte Mahlzeitlösungen erweitern, die sich die Verbraucher aus verschiedenen Angeboten selbst zusammenstellen können. "Wir wollen den Kunden dazu mehr leckere Rezepte an die Hand geben, mit denen sie aus unseren Produkten eigene Gerichte zusammenstellen können."

Den engen Draht zum Verbraucher sucht das Unternehmen seit Kurzem auch über Facebook und andere soziale Netzwerke. Fans der Marke diskutieren in Foren wie dem "Blubb Club" neue Spinatkreationen oder bekommen neue Gemüsekreationen zum Testessen angeboten. Auf besonderen Wunsch der Facebook-Gemeinde wurde auch ein Nudelgericht namens Pastalini wieder eingeführt, das Iglo zeitweilig aus dem Programm genommen hatte.

Schwierig bleibt das Geschäft für Iglo durch die Preisschwankungen an den Rohstoffmärkten. "Wegen höherer Kosten beim Einkauf mussten wir die Preise für einige Fischprodukte im ersten Halbjahr um drei bis sieben Prozent anheben", sagt Sandrock. Bei Iglo-Geflügelprodukten seien die Preise für die Verbraucher sogar um zwölf Prozent gestiegen. Für die Zukunft verspricht sie aber: "Bis Ende dieses Jahres werden wir die Preise stabil halten."

Um die Kosten im Unternehmen im Griff zu behalten, hat der Finanzinvestor Permira in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe von Stellen bei Iglo abgebaut. "In Deutschland beschäftigen wir derzeit 1460 Mitarbeiter, das sind 85 weniger als noch 2006", sagt Sandrock. Vor allem im Gemüsewerk in Reken wurden Stellen gestrichen, auch im weltgrößten Werk für Tiefkühlfisch in Bremerhaven fielen Arbeitsplätze weg. "In der Hamburger Zentrale haben wir die Zahl der Beschäftigten aber um ein Drittel auf jetzt 93 aufgestockt", sagt Sandrock.

Das Urteil der Arbeitnehmervertreter über das Management fällt trotz der Einschnitte in den Werken bislang positiv aus. "Unsere Horrorszenarien nach der Übernahme durch den Finanzinvestor haben sich glücklicherweise nicht bewahrheitet", sagt Mohamed Boudih, zuständiger Sekretär der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten. "Der Arbeitsplatzabbau war moderat und lief sozialverträglich ab."

Allerdings gibt es Unruhe unter der Belegschaft wegen der nicht geklärten Zukunft des Unternehmens. Ob der Eigentümer tatsächlich zu einem Börsengang tendiert oder doch eher auf den Verkauf an einen Konkurrenten setzt, ist für die Gewerkschaft nicht klar zu erkennen. "Wir wissen derzeit nicht, wie Permira mit Iglo weiter verfahren will", sagt Boudih.