Ex-Bundesfinanzminister Steinbrück drohte mit der Peitsche

Berlin. Zuckerbrot und Peitsche, Kavallerie und Ouagadougou: Im jahrelangen Steuerstreit mit der Schweiz mangelte es nicht an originellen Sprüchen. Der Finanzminister der Großen Koalition, Peer Steinbrück (SPD), zog sich damit den Unmut der Nachbarn zu. Im Kern allerdings ging es ihm um das Gleiche wie seinem Amtsnachfolger Wolfgang Schäuble (CDU): Der Steuerflucht deutscher Bürger in die Schweiz sollte Einhalt geboten werden. Mit einem Abkommen, das gestern in Bern unterzeichnet wurde, wird das Problem aus Sicht der Bundesregierung nun zufriedenstellend gelöst.

Hintergrund sind zwei Besonderheiten im Schweizer Banken- und Steuerrecht. Zum einen lohnt es sich für ausländische Kunden, ihr Geld bei Schweizer Banken anzulegen, da sie dann auf Kapitalerträge wie etwa Dividenden in der Regel keine Steuern zahlen. Zum anderen macht es das Schweizer Bankgeheimnis nahezu unmöglich, dass deutsche Behörden erfahren, welcher deutsche Steuerpflichtige dort Geld angelegt hat und wie viel er damit verdient.

Immer wieder warfen andere Regierungen der Schweiz daher vor, nicht nur eine Steueroase zu sein, sondern die Steuerflucht sogar zu fördern. Mehrmals gingen europäische Länder, darunter Deutschland, auf Angebote ein, illegal zusammengestellte Daten von Schweizer Bankkunden zu erwerben und diese dann wegen Steuerhinterziehung strafrechtlich zu verfolgen.

Einen Höhepunkt erreichte die Auseinandersetzung im Herbst 2008. Damals ging es darum, eine sogenannte schwarze Liste der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zu aktualisieren, auf der Steueroasen verzeichnet waren. Steinbrück plädierte dafür, die Schweiz dort aufzuführen. "Statt Zuckerbrot müssen wir auch zur Peitsche greifen", sagte er. Daraufhin wurde der deutsche Botschafter in der Schweiz einberufen.

Dass sich die Schweiz im Zuge der weiteren Verhandlungen dazu bereit erklärte, das Bankgeheimnis ein Stück weit zu lockern, hielt Steinbrück nicht von weiterer Kritik ab. Im März 2009 verglich er seine Drohung mit der schwarzen Liste mit der "siebten Kavallerie vor Yuma", die man ausreiten lassen könne. Aber sie müsse nicht unbedingt ausreiten, "die Indianer müssen nur wissen, dass es sie gibt".

Der dritte Akt der Verbalausfälle folgte im Mai, als Steinbrück die Schweiz und andere Länder mit dem afrikanischen Land Burkina Faso verglich. Er wolle diese Staaten zu einer OECD-Ministerkonferenz zur Bekämpfung von Steuerbetrug einladen: "Luxemburg, Liechtenstein, die Schweiz, Österreich und Ouagadougou", sagte Steinbrück. Ouagadougou ist die Hauptstadt von Burkina Faso.

Wenige Tage später lenkte Steinbrück ein und erklärte, seine "Neigung, sehr deutlich zu formulieren, hat systematisch abgenommen". Die Gemüter beruhigten sich, Deutschland und die Schweiz verabredeten Verhandlungen über eine Ausweitung der Amtshilfe in Steuersachen.