Immer mehr Hamburger Firmenchefs beteiligen ihre Beschäftigten am Gewinn des Unternehmens. Rund ein Monatsgehalt im Jahr zusätzlich.

Hamburg. Beim Thema Mitarbeiter wird Andreas Bartmann nachdenklich. "Unternehmen müssen sich heute nicht mehr nur auf ihren Märkten behaupten, sie stehen immer stärker auch im Wettbewerb, die besten Köpfe als Mitarbeiter zu halten und zu gewinnen", sagt der Chef des Hamburger Outdoorausrüsters Globetrotter. 1500 Beschäftigte hat seine Firma bundesweit, davon rund 850 am Hauptstandort Hamburg. Seit vier Jahren beteiligt Bartmann seine Mitarbeiter am Unternehmenserfolg. "Wir schütten jedes Jahr zehn Prozent unseres Gewinns an die Belegschaft aus", so der Globetrotter-Chef und Gesellschafter.

Rund ein Monatsgehalt bekommen die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Jahr zusätzlich. "Die Mitarbeiter können wählen, ob sie das Geld nehmen oder es in eine Zeitgutschrift umwandeln, sich also bezahlte Freizeit erkaufen", sagt Bartmann. Auf einem Wertkonto könne ein 28 Jahre alter Verkäufer etwa so viel ansparen, dass er im Alter zum gleichen Gehalt weniger Tage pro Woche arbeiten muss. "Oder er kann ein Sabbatical nehmen." Eine solche, oft Monate dauernde berufliche Auszeit nutzen derzeit fünf Mitarbeiter des Unternehmens.

Globetrotter ist kein Einzelfall. Immer mehr Firmen versuchen Mitarbeiter durch Beteiligungen am Unternehmen oder durch eine Teilausschüttung des Gewinns an sich zu binden. Die Gründe für das Engagement liegen auf der Hand: "Motivierte Mitarbeiter sind das wichtigste Gut in einem Unternehmen", sagt Bartmann. Die Arbeitsgemeinschaft Partnerschaft in der Wirtschaft (AGP), die sich rund um das Thema Mitarbeiterbeteiligung am Unternehmenserfolg engagiert, hat bereits bundesweit mehr als 200 Mitglieder.

Viele davon sitzen im mittelständisch geprägten Südwesten. Aber auch im Norden Deutschlands hat ein Umdenken stattgefunden. Zum Beispiel bei der Hamburger Firma Wulf Gaertner Autoparts, die über Tochter- und Partnergesellschaften in weltweit 120 Ländern aktiv ist. Der Hersteller von Ersatzteilen fürs Auto beteiligt bereits seit 1999 seine rund 300 Mitarbeiter in Hamburg am Unternehmenserfolg. Jeder Angestellte in einem unbefristeten sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis hat nach einem Jahr Betriebszugehörigkeit Anspruch auf eine Mitarbeitergewinnbeteilung (MAG). Einmal im Jahr erhält jeder Mitarbeiter eine persönliche Beurteilung seiner Leistung. Diese Beurteilung bildet zusammen mit der Dauer der Firmenzugehörigkeit sowie unter Berücksichtigung seiner Fehltage die Basis für eine jährliche Prämie, wobei die Leistungsbeurteilung den größten Teil ausmacht. Der aus diesen drei Berechnungsparametern resultierende Faktor wird mit dem festgelegten Grundbetrag multipliziert und ergibt die Höhe der individuellen Prämie. Das Geld wird über zehn Jahre verzinst angelegt und anschließend in Jahresschritten ausgezahlt. Jeder Mitarbeiter hat sein eigenes MAG-Konto und bekommt einmal jährlich einen Kontoauszug.

"Die Einführung der MAG zahlt sich in mehrfacher Hinsicht für unser Unternehmen aus: Wir können qualifizierte Mitarbeiter langfristig an uns binden, aber auch neuen Fachkräften einen zusätzlichen Anreiz bieten. Außerdem verzeichnen wir eine unterdurchschnittliche Anzahl an Fehltagen bei unseren Mitarbeitern, eine geringe Fluktuation und überdurchschnittliches Engagement", sagt Vorstand und Personalchefin Marita Schwartze.

Bernd Thielk, Geschäftsführer der Thiele Hauselectronic in Hamburg, hat schon seit Längerem den Plan, einen Teil seiner Unternehmensgruppe am Erfolg zu beteiligen. "Doch dann kam die Finanzkrise", sagt er. Inzwischen geht es dem Unternehmen wieder gut. "Ich werde das Thema wohl nächstes Jahr aufgreifen", sagt Thielk.

Die AGP hat sich auf die Fahnen geschrieben, mehr Unternehmen für das Thema der Mitarbeiterbeteiligung zu gewinnen. "Der Schlüssel für die künftige Wettbewerbsfähigkeit liegt im Engagement und in der emotionalen Bindung der Mitarbeiter sowie in ihrer Einbeziehung in die betrieblichen Prozesse. Die Unternehmen müssen Bedingungen dafür schaffen, dass sich die Mitarbeiter im Unternehmen voll und ganz einsetzen können und dass sich ihre Qualifikationen und ihre Begeisterung in steigenden Erträgen niederschlagen", heißt es in der jüngst in der Hansestadt verabschiedeten "Hamburger Erklärung" des Vereins.

Doch nicht nur Mittelständler nutzen die Vorteile der Mitarbeiterbeteiligung. Die Lübecker Drägerwerke erwägen derzeit Modelle zur Beteiligung der Mitarbeiter am Unternehmen. Der Konzern Axel Springer, in dem auch das Hamburger Abendblatt erscheint, beteiligt seine Mitarbeiter bereits am Jahresgewinn. 2011 gab es zudem erneut ein Aktienbeteiligungsprogramm. Fielmann, Deutschlands Marktführer bei Brillen, führte bereits 1985 die Mitarbeiterbeteiligung ein. Mehr als 80 Prozent aller Beschäftigten sind am Unternehmen beteiligt. Das Unternehmen hat über Tantiemen und Aktienprogrammen einen zweistelligen Millionenbetrag für Kundenzufriedenheit an seine Mitarbeiter ausgeschüttet. "Das motiviert", sagt Unternehmensgründer Günter Fielmann.