Elmshorner Lebensmittelhersteller will auf die Frühstückstische Asiens. Teurer Hafer belastet das Geschäft

Elmshorn. Nach Feierabend lässt sich Otto Fubel am liebsten den holsteinischen Wind um die Nase wehen. Mit seinem Rennrad fährt er dann bei Kollmar über den Elbdeich "Schiffe gucken", schwärmt der Manager. Die "Queen Mary" bestaunen, aber auch die Containerriesen, die sich hier an Deich und Schafen entlangschieben. Dabei birgt so manches Schiff auch Ladung für sein Unternehmen. Hafer aus Skandinavien. Die Fracht wird immer wertvoller, die Getreidepreise haben sich verdoppelt. Die Zeiten sind nicht leicht für Fubels Arbeitgeber, den Haferflockenspezialisten Kölln.

Der Bedarf des Elmshorner Lebensmittelproduzenten an Hafer liegt bei 35 000 Tonnen im Jahr. Fubel checkt die tagesaktuellen Preise auf seinem Rechner und schüttelt den Kopf. "2005 kostete die Tonne Hafer noch 141 Euro, heute müssen wir dafür 270 Euro bezahlen", sagt der Geschäftsführer. Der 60-Jährige arbeitet seit mehr als 40 Jahren bei Kölln, mit dem süßlichen Duft in der verschachtelten Backsteinfabrik hat er sein gesamtes Berufsleben verbracht. In der Produktion hat sich wenig geändert, der Hafer wird bei Kölln gereinigt, in einem Fliehkraftschäler von der Schale befreit, nach Größe sortiert und schließlich zu den verschiedenen Kölln-Flocken gepresst.

Doch ein derartiges Hoch bei den Rohstoffpreisen hat Fubel noch nie erlebt. "Mit diesem Preisniveau müssen wir jetzt wohl leben." Die starke Teuerung ist ein weltweites Problem. Immer mehr Bauern pflanzten statt Hafer Raps für Biosprit. Zudem wachse die Weltbevölkerung. Und auch der Hunger der reicher werdenden Menschen in den Schwellenländern nach Fleisch erhöhe durch den steigenden Futtermittelbedarf die Nachfrage nach Getreide. Keine leichte Situation für ein sehr "flockengetriebenes Unternehmen", wie es Marketing-Manager Jörg Büttner formuliert. "Und erklären Sie dem Handel mal, dass Sie die Preise erhöhen wollen", sagt Fubel. Kölln stehe bei seinen Abnehmern im deutschen Einzelhandel einem mächtigen Oligopol gegenüber. Und konkurriere als Mittelständler mit 265 Mitarbeitern zugleich mit Weltkonzernen wie Kellogg's oder Dr. Oetker. 2010 erzielte Kölln nach Jahren in roten Zahlen erstmals wieder einen Gewinn von 1,5 Millionen Euro. Der Erlös lag wie schon im Vorjahr bei 82 Millionen Euro.

Der Druck zwingt zur Veränderung: Vor einigen Jahren hatten sich bei Kölln-Mitinhaber Hans Heinrich Driftmann beim Wort "Discounter" noch die Nackenhaare aufgestellt, sein Qualitätsversprechen vertrage sich nicht mit der aggressiven Preispolitik von Aldi & Co. Inzwischen hat Kölln aber eingelenkt und steht bei Ketten wie Lidl und Penny in den Regalen. "Wer dies nicht beachtet, geht an der Realität in der Handelslandschaft und am Verbraucherverhalten vorbei", sagt Fubel, der Driftmann derzeit häufiger als "Außenminister" der Firma vertritt, solange dieser als Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) nicht täglich in seiner Heimat Elmshorn arbeitet.

Im ständigen Preiskampf mit dem Einzelhandel - Fubel beschreibt die jährlichen, zähen Verhandlungen als "schwierigen Seiltanz" - gebe es nur eine Chance für die Lebensmittelhersteller: Innovationen. Auf Produkte, die einzigartig sind und beim Kunden ankommen, ist der Handel zwingend angewiesen, um sich gegen Wettbewerber abzusetzen. Und dabei sitzt dann ausnahmsweise der Erfinder, also die Industrie, am längeren Hebel.

Auch bei Kölln arbeitet die Forschungsabteilung mit sieben Mitarbeiterinnen an immer neuen Haferflockenkreationen. So investierte das Unternehmen vor einigen Monaten 1,5 Millionen Euro in eine neue Backstraße. In der modernsten Anlage der Fabrik, die sonst zum Teil noch auf alten Speicherböden produziert, backt ein Haferflockenteig zu knackigen Haferflakes für Knuspermüsli. "Und dort können wir auch bestens mit neuen Produkten in diesem wachsenden Markt experimentieren", sagt Fubel. Mit Erfolg: Für das Kölln Müsli Knusper Pflaume und das Karamell-Knusper-Müsli hat Kölln 2009 und 2011 Preise für die erfolgreichsten Produktneuheiten im Handel gewonnen. Außerdem wagte sich Kölln mit "Smelk" erstmals in den Markt für Getränke. Smelk ist eine Art Hafer zum Trinken und bietet sich als Milchalternative ähnlich wie Sojadrinks etwa für Menschen mit Laktoseintoleranz an. "Der Absatz liegt über unseren Erwartungen", freut sich Fubel.

Auf unbekanntes Terrain wagt sich die Firma, die bisher 95 Prozent ihrer Produkte in Deutschland absetzt, neuerdings im Fernen Osten. "Singapur, Malaysia und auch China sind für uns interessant, wir sondieren die Märkte und suchen Importeure", sagt Fubel, der sich das Schälchen Müsli auf dem Frühstücktisch auch bestens bei den sonst eher an Reismahlzeiten gewöhnten Chinesen vorstellen kann. "Bei einem Geschäftsessen hat mich ein asiatischer Manager kürzlich zu Pommes und Burger eingeladen", schmunzelt der Vater von zwei Kindern, der auch privat gerne reist. "Westliches Essen ist eben schick in Asien." Möglicherweise bald auch Haferflocken aus Elmshorn.