Die Reederei E.R. Schiffahrt flaggt Containerfrachter auf Deutschland um. Rund 500.000 Euro Mehrkosten entstehen dadurch pro Jahr.

Hamburg. Es hat schon etwas, ein Großcontainerschiff im Hamburger Hafen bei strahlendem Sonnenschein von Liberia auf Deutschland umzuflaggen - und aus dem Heimathafen Monrovia Hamburg zu machen. Die Zeremonie an Bord der "Cosco Germany" gestern Vormittag war allerdings kein Vorgriff auf den Hafengeburtstag Anfang Mai, sondern in erster Linie eine politische Demonstration. Im Jahr 2006 hatten die Bundesregierung und der Verband Deutscher Reeder (VDR) vereinbart, dass 600 Seeschiffe bis Ende 2010 unter deutsche Flagge gestellt werden sollten. Doch 2007 begann die Weltfinanz- und Wirtschaftskrise.

Über den Höchststand von 513 Seeschiffen unter Schwarz-Rot-Gold kam die deutsche Reederschaft nicht hinaus, derzeit sind es insgesamt nur 445. Die Bundesregierung wiederum halbierte die Zuschüsse für Personalkosten und Ausbildung für Schiffe unter deutscher Flagge auf in diesem Jahr 30 Millionen Euro. "Das ist ein Sparbeitrag, den unser Ministerium im Rahmen der Haushaltskonsolidierung erbringen muss", sagte gestern an Bord der "Cosco Germany" Achim Wehrmann, Leiter der Abteilung Schifffahrt im Bundesverkehrsministerium.

So streiten die Schifffahrtsbranche und die Regierung seit Monaten darüber, wer wem gegenüber in der Bringschuld sei. "Uns ist es wichtig, die Zusagen im Rahmen des Maritimen Bündnisses zu erfüllen und zu zeigen, dass wir zu diesem Bündnis stehen", sagte Albert Schumacher, Chef von E.R. Schiffahrt, bei der Zeremonie auf der Schiffsbrücke. Die Umflaggung von liberianischer auf deutsche Flagge werfe für die Reederei bei einem Schiff wie der "Cosco Germany" Mehrkosten von rund 500 000 Euro im Jahr auf. Sie resultierten aus höheren Heuern und Sozialabgaben für die leitenden Mitglieder der Besatzung. Der Kapitän und seine Führungsmannschaft müssen auf deutsch geflaggten Schiffen aus Deutschland oder der Europäischen Union stammen. Die "Cosco Germany" ist das fünfte Schiff, das E.R. Schiffahrt in diesem Jahr unter deutsche Flagge stellt. "Wir erfüllen damit die seinerzeit mit dem VDR vereinbarte Quote von 20 Prozent an unserer gesamten Flotte", sagte Schumacher.

Ralf Nagel, Hauptgeschäftsführer des Reederverbandes VDR, forderte von der Bundesregierung, die Kürzungen zurückzunehmen. Ende Mai trifft sich die Schifffahrtsbranche zur 7. Nationalen Maritimen Konferenz in Wilhelmshaven. "Dort müssen von der Bundesregierung feste und rechenbare Zusagen kommen, damit die deutschen Reedereien weitere Schiffe unter deutsche Flagge stellen können", sagte Nagel. Der Branche entstünden durch die deutsche Flagge derzeit insgesamt 150 Millionen Euro Mehrkosten im Jahr.

"Die Wirtschaftskrise ist vor allem für viele kleinere und mittelgroße Reedereien noch nicht endgültig überstanden. Speziell für diese Unternehmen sind die Mehrkosten eine echte Belastung", sagte Nagel. Die Branche wolle die zugesagten 600 Schiffe unter deutscher Flagge erreichen: "Aber dann muss auch die Bundesregierung ihren Teil beitragen. Es ist ein völlig falsches Signal, in den Ausläufern einer Wirtschaftskrise eine Entlastung zurückzunehmen, die in etlichen anderen für die Schifffahrt relevanten Staaten in dieser oder ähnlicher Form gang und gäbe ist."

Die Tonnagesteuer hingegen soll laut Achim Wehrmann vom Verkehrsministerium erhalten bleiben. Diese Pauschalsteuer auf Schiffsgewinne, die sich an der Schiffsgröße orientiert, ist internationaler Standard. Sie war in Deutschland Ende der 90er-Jahre eingeführt worden, um die Ausflaggung deutscher Schiffe zu stoppen.