Die Finanzspritze von 600 Milionen Euro für die Norddeutsche Landesbank, die Niedersachsens Finanzminister forderte, ist genehmigt.

Hannover. Die Rettung kommt in allerletzter Minute. Mit 600 Millionen Euro Steuergeld wird das Land Niedersachsen versuchen, die Norddeutsche Landesbank (NordLB) für den anstehenden europaweiten Banken-Stresstest fit zu machen. Geradezu überfallartig präsentierte Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) gestern dem Landtag seine Forderung, die noch am gleichen Tag mit den Stimmen von CDU, SPD, FDP und Linksfraktion gebilligt wurde. Zudem wandelt das Land rund 1,1 Milliarden Euro Stille Einlagen in echtes Eigenkapital um. Damit erhöht sich das Eigenkapital der Bank um 1,67 Milliarden Euro.

Diese Maßnahme zeigt, wie bedrohlich der Stresstest für die Bank ist. Für Stille Einlagen hat das Land bislang garantierte hohe Zinszahlungen erhalten, echtes Kapital aber amortisiert sich nur, wenn die Geschäfte gut gehen und Dividenden fließen. In Bankenkreisen hatte es immer wieder Kopfschütteln darüber gegeben, dass Finanzminister Möllring als Aufsichtsratsvorsitzender zögerte, diese Kapitalspritze frühzeitiger zu organisieren. Schließlich hat die NordLB schon den ersten Stresstest vor Jahresfrist nur knapp geschafft, und es ist schon länger klar, dass die neue Europäische Bankenaufsicht (EBA) in London nun im zweiten Anlauf stille Beteiligungen nicht mehr als Teil der Kernkapitalquote anerkennen will. Das Kernkapital aber setzt den Rahmen für das Geschäftsvolumen der Banken und muss künftig so groß sein, dass die Bank mehr Ausfälle ertragen kann als früher.

Noch vor zwei Tagen hatte NordLB-Vorstandschef Gunter Dunkel abgewiegelt, die Bank sei "auf alles vorbereitet" also auch auf ein Durchfallen beim Stresstest: "Die Märkte sind ruhig, die Konditionen bewegen sich nicht". Als Finanzminister Möllring gestern vom Landtag dann völlig überraschend 600 Millionen Euro forderte, begründete er dies genau umgekehrt, und zwar mit der Erwartungshaltung der internationalen Finanzmärkte: "Wenn jetzt keine Maßnahmen getroffen werden, besteht die NordLB den Stresstest nicht". Im Klartext: Fällt die Landesbank durch, gibt es die konkrete Gefahr, dass die internationalen Rating-Agenturen die Nord/LB herunterstufen und sie ihrerseits künftig Geld nur zu schlechteren Bedingungen leihen könnte. Möllring ging sogar noch weiter vor dem Landtag: "Alle Risikovorstände von Banken im Ausland hätten dann die Nord/LB aus ihrer Kundenliste genommen".

Möllring attackierte gestern im Landtag nicht nur die Europäische Bankenaufsicht für ihre aus seiner Sicht unfairen Bedingungen, er kritisierte auch die von der eigenen CDU geführte Bundesregierung scharf: "Es ist ein Unding, dass die Bundesregierung die Souveränität Deutschlands in der Bankenaufsicht aufgegeben hat."

Gestern glühten die sprichwörtlichen Drähte in Norddeutschland, denn mit der Kapitalerhöhung wird das Land Niedersachsen zum Mehrheitsaktionär aufsteigen mit 60 Prozent. Zurzeit ist das Land mit 41,75 Prozent beteiligt, die niedersächsischen Sparkassen mit 37,25 Prozent, die restlichen Anteile halten das Land Sachsen-Anhalt sowie die Sparkassen in Sachen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. Offen ist derzeit, ob Bremen ebenfalls Stille Einlagen umwandelt und die Sparkassen doch noch Geld aufbringen, um ihren Anteil wieder zu erhöhen.

Wie drängend das Problem der Kapitalerhöhung war, zeigte sich im Landtag. Die FDP plädierte ursprünglich für einen Ausstieg des Landes aus der Nord/LB und die Privatisierung. Doch auch ihr Fraktionschef Christian Dürr sprach sich gestern für die Rettungsaktion aus, zumal es auch um die Kreditlinien Tausender Mittelständler in Niedersachsen gehe, die ihre Konten bei der Bank hätten: "Wenn die Heizung kaputt ist, reißt man schließlich auch nicht das Haus ab, sondern repariert die Heizung", so der Freidemokrat.

Ein Grund für die drohende Schräglage der Bank ist aber auch, dass sie sich nicht abgesichert hat durch eine Finanzspritze aus dem zum Ende des vergangenen Jahres geschlossenen Bankenrettungsfonds des Bundes. Stattdessen rieb Möllring gerne anderen Landesbanken die vergleichsweise günstige Situation seiner Landesbank unter die Nase, bremste die von Bundesebene gewünschte Neuordnung der Landesbanken. Im vergangenen Jahr ist Möllring zudem mit dem Versuch gescheitert, einen Nachfolger für den amtierenden Vorstandschef Dunkel zu finden und zu installieren.

Zudem war vor wenigen Wochen Möllrings Plan gescheitert, durch eine Neuordnung der öffentlichen Versicherungen in Niedersachsen 350 Millionen Euro zu erlösen - Geld, mit dem er die jetzt blitzartig erfolgende Kapitalerhöhung weitgehend hätte finanzieren können - ohne neue Schulden.