50.000 Gewerkschafter protestieren gegen Sparpläne der Europäischen Union. Die Finanzminister sehen keine Gefahr für Spanien.

Hamburg. Zehntausende von Gewerkschaftern haben den EU-Finanzministern eindrücklich in Erinnerung gerufen, dass ihre Politik zur Euro-Rettung längst nicht einhellig begrüßt wird: Etwa 50 000 Menschen aus 21 Staaten demonstrierten in Ungarns Hauptstadt Budapest, während die Minister im 30 Kilometer entfernten Gödöllö tagten. Zu der Kundgebung gegen die Sparprogramme in mehreren Euro-Ländern hatte der europäische Gewerkschaftsverband ETUC aufgerufen. Dessen Generalsekretär John Monks sagte, die Banken hätten die Krise verursacht und müssten stärker belastet werden, nicht die Arbeitnehmer. Ungarns rechtsnationale Regierung begrüßte den Protest und wünschte den Demonstranten "viel Erfolg beim mutigen Eintreten gegen die Sparpolitik".

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ließ zwar Verständnis für den Unmut der Gewerkschafter erkennen, wies aber in der Sache die Kritik zurück: "Was wir machen, ist, Rahmenbedingungen für nachhaltiges Wachstum zu schaffen." Diejenigen, die nicht zum frühzeitigen Gegensteuern in der Haushaltpolitik in der Lage gewesen seien, "kommen nun um den Prozess schmerzhafter Anpassungen nicht herum". Ähnlich äußerte sich der luxemburgische Finanzminister Luc Frieden: "Die Leute müssen verstehen, dass wir nicht sparen, um sie zu ärgern, sondern um in Zukunft Investitionen in Sozialpolitik finanzieren zu können."

Auf dem zweitägigen Treffen hatten die Minister die Verhandlungen über das Hilfspaket für Portugal eingeleitet. Voraussichtlich über einen Zeitraum von drei Jahren wird Portugal rund 80 Milliarden Euro an Krediten erhalten, muss sich aber im Gegenzug zu einem strikten Spar- und Reformprogramm verpflichten. Portugal ist nach Irland und Griechenland das dritte Land der Euro-Zone, das mit Hilfskrediten seiner Partnerländer und des Internationalen Währungsfonds (IWF) vor der Pleite bewahrt werden muss.

Portugals Staatspräsident Aníbal Cavaco Silva äußerte sich optimistisch zu den Chancen eines sinkenden Staatsdefizits in seinem Land. Die drei größten Parteien seines Landes wollten alles dafür tun, das Defizit zu senken, sagte er in Budapest bei einem Treffen mit acht EU-Amtskollegen. Die Regierung in Lissabon war zuvor mit ihren Sparplänen am Widerstand der Opposition gescheitert, trat daraufhin zurück und ist nur noch kommissarisch im Amt.

Nach der Flucht Portugals unter den Rettungsschirm wird die Schuldenkrise nach Ansicht der Minister nicht auch noch auf das Nachbarland Spanien übergreifen. "Ich sehe jetzt überhaupt keine Ansteckungsgefahr, ich glaube, wir sind vollkommen außen vor", sagte die spanische Wirtschaftsministerin Elena Salgado. Spanien sei in guter Verfassung, das werde auch an den Finanzmärkten erkannt, bestätigte Schäuble.

Teilnehmer des Krisentreffens in Gödöllö bemühten sich am Wochenende, Gerüchten über einen womöglich bevorstehenden Schuldenschnitt Griechenlands entgegenzutreten. Zahlreiche Experten glauben, dass die dortige Regierung trotz des 110 Milliarden Euro schweren Hilfspakets die Staatsverschuldung von 150 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht bewältigen kann und um einen solchen Schritt nicht herumkommen wird.

Laut einem Bericht des Magazins "Spiegel" erwägen mehrere Finanzminister der Währungsunion eine Restrukturierung der Athener Schulden. Dies werde aber vom Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, abgeblockt. Er fürchte, dass Banken mit griechischen Staatspapieren dann in die Schieflage geraten könnten. EU-Finanzkommissar Olli Rehn sagte dazu in Gödöllö, er schließe eine Umschuldung Griechenlands aus.

Währenddessen widersetzen sich nicht nur Gewerkschafter der aktuellen Euro-Rettungs-Politik: Der Berliner Finanzwissenschaftler Markus Kerber will die milliardenschweren Finanzhilfen für Portugal mittels einer einstweiligen Anordnung durch das Bundesverfassungsgericht stoppen lassen. Die Richter sollen der Bundesregierung verbieten, in der EU den Hilfen für Portugal zuzustimmen, berichtet "Der Spiegel". Kerber hatte bereits im vorigen Jahr mit etwa 50 Unterstützern Verfassungsbeschwerde gegen den Euro-Rettungsschirm eingelegt.