Nach dem Unfalltod des Vaters begann Kevin Schütts Laufbahn als Unternehmer. Der Sohn musste Verantwortung für 60 Mitarbeiter übernehmen.

An einem Morgen Mitte Mai 2004 kam die Polizei zu Kevin Schütt in das Optikfachgeschäft seines Vaters in der Innenstadt. Die Beamten sagten dem jungen Mann, dass sein Vater in der Nacht bei einem Autounfall tödlich verunglückt sei. In diesem Moment begann Kevin Schütts Laufbahn als Unternehmer. Mit einer familiären Tragödie.

Schütt, 35, steht in seiner Filiale am Großen Grasbrook in der HafenCity. Alles hier ist Neubeginn, das Ladenlokal und der gesamte Stadtteil drumherum, der Tag für Tag weiterwächst. Mittendrin Schütts Geschäft - das erste, das er unter seiner eigenen Marke Sehkunst wenige Wochen zuvor eröffnet hat.

Die neue Filiale erfüllt ihn mit Stolz. Dass er sie aufbauen konnte, war der Lohn eines jahrelangen unternehmerischen Kampfes. "Ich hatte nach dem Unfall meines Vaters keine Zeit zu trauern", sagt Schütt. "Für mich war es ein Schockzustand." Abrupt musste der damals 29-Jährige die Verantwortung für 60 Mitarbeiter in Hamburg, Köln und Düsseldorf übernehmen. "Damals kam alles zusammen: der Unfall meines Vaters, die Gesundheitsreform mit deutlichen Kürzungen auch für Sehhilfen und die Wirtschaftskrise. Wir hatten große Sorgen, zeitweise drohte die Insolvenz", sagt Schütt. Seine Belegschaft musste er auf 30 Mitarbeiter halbieren. Damit begann das Ringen um das unternehmerische Erbe des Vaters. "Ich habe drei Jahre lang nur noch für die Firma gelebt", sagt er.

Holger Schütt hatte sich 1983 als Optiker selbstständig gemacht und das Geschäft langsam ausgebaut. Kevin Schütt studierte Informatik. Erst spät näherte er sich dem Unternehmen des Vaters. Neben der Uni arbeitete er als Assistent der Geschäftsführung. Einen Plan für einen Übergang gab es nicht.

Schütt konnte das Unternehmen retten. Sein jüngerer Bruder arbeitet mittlerweile ebenfalls für die Familienfirma und kümmert sich vor allem um die Filialen in Köln und Düsseldorf. Kevin Schütt will nun die Früchte der vergangenen Jahre ernten, die neue Filiale in der HafenCity ist der Auftakt. "Jetzt möchte ich mehr als bisher meine eigenen unternehmerischen Ideen umsetzen ", sagt er mit Blick auf die Straße. Auch da draußen herrscht Aufbruch.