Börsianer feiern den Verkauf der US-Mobilfunktochter für 28 Milliarden Euro.Um bis zu 16 Prozent schoss der Kurs der T-Aktie zeitweilig in die Höhe.

Hamburg. Eine so gute Nachricht hatte die Deutsche Telekom schon seit langer Zeit nicht mehr für ihre leidgeprüften Anleger: Der Bonner Konzern ist eine große Sorge losgeworden und erhält dafür auch noch 39 Milliarden Dollar (28 Milliarden Euro). "Wir haben die beste Lösung für unser Unternehmen, unsere Kunden und unsere Aktionäre gefunden", sagte Telekom-Chef René Obermann zum Verkauf der US-Mobilfunktochter an den dortigen Konkurrenten AT&T.

So erstaunt es nicht, dass die Börsianer den Coup mit einem Kursfeuerwerk feierten. Um bis zu 16 Prozent auf 11,15 Euro schoss der Kurs der T-Aktie gestern zeitweilig in die Höhe, damit wuchs der Wert des Konzerns um fast sieben Milliarden Euro. Gleichzeitig verbuchte das Papier das größte Tagesplus seit dem Börsengang im Jahr 1996 und schloss bei 10,67 Euro.

Angesichts der Dimension des Geschäfts sind solche Börsenreaktionen nicht erstaunlich. "Wir verkaufen ein Viertel des Unternehmens und bekommen 70 Prozent des Unternehmenswertes der Telekom", erklärte Finanzchef Tim Höttges. Doch nicht nur diese Zahlen demonstrieren, dass die Transaktion ein radikaler Einschnitt ist. Die Telekom zieht damit einen Schlussstrich unter die ehrgeizige Überseestrategie ihres einstigen Chefs Ron Sommer. Im Einklang mit seiner Vision, den Ex-Monopolisten in einen international führenden Branchenriesen zu verwandeln, hatte er für den US-Mobilfunkanbieter Voicestream im Jahr 2000 - auf dem Höhepunkt des Börsenbooms - nicht weniger als 40 Milliarden Euro gezahlt und damit die Verschuldung des Konzerns drastisch in die Höhe getrieben. Zwar hat die neue Tochter zwischenzeitlich ordentliche Erträge abgeliefert. Doch zuletzt lief es immer schlechter. T-Mobile USA geriet in die Zange der Wettbewerber: Kleinere Anbieter gewannen mit Discountpreisen neue Kunden, Marktführer AT&T dagegen kann das begehrte iPhone von Apple exklusiv anbieten. Außerdem klagten viele Nutzer über die unzureichende Netzabdeckung und wanderten zu den größeren Konkurrenten ab.

"In den USA war die Telekom nur die Nummer vier im Mobilfunkbereich und man hätte relativ viel Geld in die Hand nehmen müssen, um weiter voranzukommen", sagte Jan Christian Göhmann, Branchenexperte bei der Nord/LB, dem Abendblatt. Zudem hätten die Margen deutlich unterhalb denen des Deutschland-Geschäfts gelegen. "Insgesamt ist das US-Investment der Telekom keine Erfolgsgeschichte gewesen", urteilt der Analyst. "Ich bezweifle, dass sich der Schritt dorthin unter dem Strich gelohnt hat."

Auch andere Experten begrüßten den Schritt. "Das ist das bestmögliche Szenario", sagte Commerzbank-Analystin Heike Pauls. Ein gewichtiger Unsicherheitsfaktor falle weg. Vor diesem Hintergrund setzte Pauls das Kursziel der T-Aktie von 10,00 Euro auf 13,00 Euro hoch. Bei der LBBW erhöhte Branchenexperte Stefan Borscheid das Kursziel von 10,50 auf 12,00 Euro. Der Verkauf sei für den Aktienkurs auf kurze wie auch mittlere Sicht die beste aller denkbaren Möglichkeiten, da T-Mobile USA schon seit Längerem ein Sorgenkind gewesen sei.

Allerdings geht die Telekom damit einen anderen Weg als große Konkurrenten - der Bonner Konzern ist jetzt nur noch in Europa tätig. "Die spanische Telefonica ist in Lateinamerika präsent, France Télécom in Afrika - das sind Märkte mit sehr viel stärkerem Wachstum", sagte Göhmann. "Die Telekom ist zwar auch noch in Ost- und Südosteuropa vertreten, aber so weit liegen diese Märkte nicht hinter den westeuropäischen zurück." Zu den Zeiten von Ron Sommer hielt das Unternehmen noch Beteiligungen in Indonesien, Malaysia und auf den Philippinen, doch sie wurden schon vor etlichen Jahren verkauft, um Schulden abzubauen.

Auch ein großer Teil der für die US-Tochter erlösten Milliarden soll dem weiteren Abbau der Verbindlichkeiten dienen. Daneben will man in das bestehende Geschäft investieren. "Die Telekom kann und muss sich jetzt viel stärker auf ihren Heimatmarkt konzentrieren", meint Göhmann. "Man gewinnt den Spielraum, neue Möglichkeiten zum Beispiel in der Entwicklung ,intelligenter Stromnetze' zu nutzen."

Für das Unternehmen und seine Aktionäre hat der Verkauf des US-Mobilfunkers künftig aber sogar noch eine angenehme Nachwirkung: Weil die Telekom nun eine Beteiligung von acht Prozent an der hoch profitablen AT&T erhält, kann man vom nächsten Jahr an auf attraktive Dividendenzahlungen aus den USA rechnen.