Nord-Ostsee-Bahn beantragt einstweilige Verfügung. Minister fordern rasche Lösung

Berlin/Hamburg. Das Ultimatum an die Arbeitgeber ist noch gar nicht abgelaufen, da macht die Lokführergewerkschaft GDL bereits wieder Druck. GDL-Chef Claus Weselsky droht nun mit "schneller getakteten Streiks", wie er der "Welt am Sonntag" sagte. "Wir werden - falls nötig - im Güter- und Personenverkehr öfter hintereinander streiken", erläuterte er die Taktik. "Wir werden länger streiken als 2007. Aber es wird keine unbefristeten Streiks geben." Am Freitag hatte die GDL den Arbeitskampf zunächst bis Dienstag um Mitternacht ausgesetzt. Danach will sie ein neues Angebot der Arbeitgeber sehen. Es geht ihr vor allem um einheitliche Löhne für die 26 000 Lokführer aller Bahnfirmen. Sie sollen dem Bahnniveau entsprechen sowie zusätzlich um fünf Prozent steigen.

Nach den bisherigen Warnstreiks drängt nun allerdings die Bundesregierung auf eine schnelle Lösung des Konflikts. "Ich appelliere an die Tarifpartner, sich sofort an den Verhandlungstisch zu setzen und ernsthaft eine sachliche Lösung zu finden", sagte Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) der "Bild am Sonntag": "Diese Streiks schaden nicht nur der Bahnbranche, sondern dem ganzen Land." Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) mahnte beide Seiten, "auch die Belange der Kunden und der Volkswirtschaft als Ganzes" im Auge zu behalten.

Kritik an der Gewerkschaftstaktik kam am Wochenende erneut von der Deutschen Bahn. "Fast alle GDL-Forderungen haben wir erfüllt. Wir sind die einzige Bahn, die einen Flächentarifvertrag für alle Lokführer unterstützt", sagte Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber. Es sei "widersinnig", der Bahn mit Streiks zu drohen, wenn Druck auf Wettbewerber ausgeübt werden solle.

Die Nord-Ostsee-Bahn (NOB) wehrt sich inzwischen juristisch gegen die Forderungen der Lokführer. So soll voraussichtlich am Mittwoch das Arbeitsgericht Kiel über eine einstweilige Verfügung der NOB entscheiden. "Die GDL will uns zu Verhandlungen über einen bundeseinheitlichen Tarifvertrag drängen, obwohl wir als Unternehmen dazu nicht in der Lage sind", so NOB-Geschäftsführer Andreas Winter.

Trotz der Behinderungen und Verspätungen hegt aber die Mehrheit der Deutschen noch immer Sympathie für die Lokführer. In einer repräsentativen Emnid-Umfrage fanden 58 Prozent den Streik richtig, so "Bild am Sonntag". Sollte diese Stimmung jedoch kippen, könnte es für die GDL auch bei einem für sie erfolgreichen Abschluss eng werden. Denn Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften drängen bereits darauf, künftig in jedem Betrieb nur eine Gewerkschaft zuzulassen. Und gegenüber der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) vertritt die GDL deutlich weniger Mitglieder. Würde auch die Regierung infolge weiterer Streiks den Grundsatz "Ein Betrieb, ein Tarifvertrag" unterstützen, könnte die GDL an Durchsetzungskraft verlieren.

Derzeit lägen in Berlin drei Vorschläge auf dem Tisch, wie gegen eine Zersplitterung der Tariflandschaft vorgegangen werden kann, berichtet der "Spiegel". So sollen laut Arbeitsministerium in Betrieben mit konkurrierenden Tarifverträgen die Pläne der Gewerkschaft gelten, die in dem Unternehmen die meisten Beschäftigten vertritt. Das Wirtschaftsministerium wolle dagegen die Belegschaften abstimmen lassen. Das Justizministerium schlage vor, dass konkurrierende Tarifverträge dann gelten, wenn mindestens 25 Prozent der Beschäftigten in der jeweiligen Gewerkschaft organisiert seien. Über eine Lösung solle am 5. April im Koalitionsausschuss diskutiert werden.