Benex-Chef: “Kampf auf dem Rücken der Bahnfahrer“. Noch ist aber keine kurzfristige Arbeitsniederlegung im Zugverkehr absehbar.

Hamburg. Bahnkunden bleiben zumindest am Mittwoch voraussichtlich von einem Lokführerstreik verschont. Die Lokführergewerkschaft GDL kündigte bis Dienstagabend 21.30 Uhr keinen Streik an. GDL-Chef Claus Weselsky versicherte auf dapd-Anfrage, seine Gewerkschaft bleibe dabei, Lokführerstreiks zwölf Stunden vor Beginn anzukündigen

Worum geht es?

Die deutschen Privatbahnen sperren sich gegen die Forderung der Lokführer nach einem Flächentarifvertrag. Zu ihnen zählt auch die Benex, in der die Hamburger Hochbahn ihre Beteiligungen an fünf Schienenunternehmen gebündelt hat.

Hamburger Abendblatt: Den Bahnkunden stehen massive Streiks ins Haus. Sind diese aus Ihrer Sicht noch zu verhindern?

Wolfgang Dirksen: Die Lage ist leider ziemlich verworren. Es gibt verschiedene Parteien, die mit der Gewerkschaft der Lokführer (GDL) reden müssen. Ich denke aber, dass der Deutschen Bahn aufgrund ihrer Größe jetzt eine Schlüsselposition zukommt.

Aber es sind doch die Privatbahnen wie Benex, die sich gegen einen einheitlichen Flächentarifvertrag auf Basis des Lohnniveaus bei der Deutschen Bahn sperren und so eine Einigung blockieren.

Dirksen: Wir haben nichts gegen einen Branchentarifvertrag, aber dieser muss für uns akzeptabel sein. Die Löhne der Deutschen Bahn können wir nicht eins zu eins zahlen, weil wir in verschiedener Hinsicht gegenüber dem Marktführer benachteiligt sind. So bekommt die Deutsche Bahn über ihre eigene Tochter Strom fünf Prozent günstiger als wir. Mit der Konkurrenzgewerkschaft der GDL, der EVG, haben wir bereits einen Tarifvertrag abgeschlossen, der bis auf strukturelle Unterscheide bei den Zulagen und einigen Sozialleistungen dem Entgeltniveau der Deutschen Bahn - und übrigens der GDL-Forderung - entspricht. Man muss vor allem sehen, dass unsere Mitarbeiter im Nahverkehr tätig sind und deshalb abends zu Hause sind. Das ist im Fern- oder Güterverkehr der Deutschen Bahn anders.

Zu Benex zählt auch die Ostdeutsche Eisenbahngesellschaft, wo Lokführer 400 Euro weniger verdienen als bei der Deutschen Bahn. Halten Sie das für fair?

Dirksen: Wir haben mit der Gewerkschaft EVG einen Tarifvertrag abgeschlossen, der genau dieses ändern wird. Künftig gibt es keinen Unterschied mehr im Lohnniveau zwischen Ost und West.

Die GDL fordert auch, dass Lokführer finanziell abgesichert werden, wenn sie aufgrund von Unfällen ihren Job nicht mehr ausüben können.

Dirksen: Hier will die Gewerkschaft Dinge festschreiben, die in allen Privatunternehmen selbstverständlich sind. Traumatisierte Lokführer erhalten bereits heute jede Unterstützung.

Wie soll es jetzt in den Verhandlungen weitergehen?

Dirksen: Wir warten darauf, dass die GDL auf uns zukommt. Einen besonderen Druck zu einer Einigung verspüren wir aber nicht, weil wir ja schon einen Tarifvertrag mit der Gewerkschaft EVG haben. Bedauerlich ist aber, dass hier auf dem Rücken der Bahnfahrer ein Konkurrenzkampf zwischen zwei Gewerkschaften ausgetragen wird.