Bis 2030 ist eine Billion Euro für den Ausbau des Stromnetzes nötig. Emissionshaus Lloyd Fonds legt Segment für Privatanleger auf.

Hamburg. Die Branche der Kapitalsammler entdeckt den Energiemarkt neu, speziell die erneuerbaren Energien Windkraft und Solarstrom. Das Hamburger Emissionshaus Lloyd Fonds will im zweiten Quartal einen neuen geschlossenen Fonds auflegen. Er soll neben Wind- auch Solarstromprojekte finanzieren. "Die Energiewirtschaft ist einer der stabilsten Wirtschaftszweige. Und in der EU werden für den Ausbau und die Renovierung allein der Stromversorgung bis 2030 rund 1000 Milliarden Euro Kapital benötigt", sagte Torsten Teichert, Vorstandsvorsitzender von Lloyd Fonds, gestern.

Die Ankündigung zeigt, dass sich die Finanzierung des europäischen Strommarktes in den kommenden Jahren deutlich verschieben könnte. Seit dem Aufbau der Stromversorgung im späten 19. Jahrhundert spielte die öffentliche Hand als Investor und Eigentümer von Stromunternehmen in Deutschland und in vielen anderen europäischen Ländern die zentrale Rolle. Mit der Liberalisierung der europäischen Strommärkte zum Ende der 1990er-Jahre übernahmen privatwirtschaftliche Konzerne und institutionelle Investoren aus der Finanzwirtschaft die Regie. Der Kapitalbedarf für den Neubau von Kraftwerken und Übertragungsnetzen ist aber so hoch, dass nun auch Privatinvestoren verstärkt in den Fokus der Finanzbranche rücken.

"Die öffentlichen Kassen für den Ausbau von Infrastrukturen sind vielerorts leer", sagte Christian Schulz, seit Jahresbeginn Leiter der Sparte Energie bei Lloyd Fonds. "Zugleich bieten Stromnetze oder Windparks dauerhaft stabile Renditen für Anleger." Lloyd Fonds finanziert mit seinen geschlossenen Fonds bislang hauptsächlich Projekte in der Transportwirtschaft - hier vor allem Schiffe - sowie Immobilien. "Wir wollen neue Fonds für erneuerbare Energien auch deshalb platzieren, weil wir glauben, dass die Energiepreise in den kommenden Jahren stark steigen werden", sagte Teichert.

Lloyd Fonds war bereits zu Beginn des vergangenen Jahrzehnts mit zwei geschlossenen Fonds für Windkraftanlagen am Markt tätig, verfolgte dieses Engagement aber nach dem Fall des Steuerprivilegs nicht weiter. Im Geschäft mit erneuerbaren Energien sind Fondsgesellschaften, darunter auch das Hamburger Unternehmen Nordcapital, derzeit nur sehr eingeschränkt aktiv.

Das allerdings könnte sich ändern, je näher die erneuerbaren Energien der Marktreife kommen und dann keine Subventionen mehr benötigen. Das deutsche System der Einspeisevergütungen wurde von vielen europäischen Ländern in ähnlicher oder abgewandelter Form übernommen. Betreiber von Wind-, Wasser- oder Solarkraftwerken können ihren Strom zu bestimmten gesetzlich festgelegten Vergütungen ins Netz einspeisen. Die Netzbetreiber legen die Mehrkosten auf alle Stromkunden in ihrem Einzugsgebiet um. Vor allem die Fotovoltaik, die Umwandlung von Sonnenlicht in Strom, war wegen der hohen Kosten in Deutschland zuletzt in die Kritik geraten. Die Vergütungen wurden in einem außerregulären Schritt kürzlich gesenkt.

Windkraftwerke wiederum sind an vielen Standorten in Europa mittlerweile nahezu konkurrenzfähig mit der Stromproduktion in konventionellen Großkraftwerken, denn die Erzeugungskosten der Windturbinen sinken. Das gilt vor allem für Windparks rund um die britischen Inseln und in Irland sowie in Skandinavien. In Deutschland steht der Aufbau von Windparks in Nordsee und Ostsee noch am Beginn.

"Die Produktion von Windenergie hat sich in den vergangenen zehn Jahren erheblich professionalisiert", sagte Christian Schulz von Lloyd Fonds. "Fonds für erneuerbare Energien können nur dann ein gängiges Modell werden, wenn das Kapital in marktfähige Projekte investiert wird. Denn die Investition darf nicht von politischen Diskussionen zum Beispiel über Einspeisevergütungen überschattet werden."