Fritz Horst Melsheimer, seit 2002 Chef der HanseMerkur, ist für Hamburgs wichtigstes Ehrenamt in der Wirtschaft vorgesehen.

Hamburg. Vor genau zwei Wochen überraschte Frank Horch das Präsidium der Handelskammer mit seinem Rücktritt als Präses. Olaf Scholz, SPD-Spitzenkandidat für das Amt des Bürgermeisters, hatte Horch gebeten, im Falle eines Wahlsiegs der Sozialdemokraten bei den Bürgerschaftswahlen Wirtschaftssenator zu werden. Horch schlug - nach einigen Wochen Bedenkzeit - ein und legte das Präsesamt von einem auf den anderen Tag nieder. Unverzüglich bestimmte die Kammer Karl-Joachim Dreyer zum Übergangspräses. Die Aufgabe des früheren Haspa-Chefs: einen Nachfolger für Horch zu finden. Dreyer führte seitdem mehrere Gespräche mit Mitgliedern des Kammerpräsidiums. Wer hat Lust? Wer hat die Kompetenz? Und vor allem: Wer hat die Zeit? Denn nach den Regeln der Kammer muss der Präses neben dem Ehrenamt noch eine feste Anstellung in einem Unternehmen haben. Nach Abendblatt-Informationen aus Kammerkreisen ist Dreyer nun fündig geworden. Der langjährige Chef der Versicherung HanseMerkur, Fritz Horst Melsheimer, soll in den nächsten drei Jahren das Amt des Präses bekleiden.

In der kommenden Woche wird sich das Präsidium der Kammer mit der Personalie befassen. "Die Zustimmung gilt als sicher", so ein Beteiligter zum Abendblatt. Und auch Melsheimer selbst soll nach Informationen aus seinem direkten Umfeld Lust auf das Amt verspüren. Persönlich will sich der 60-Jährige nicht dazu äußern.

Ohnehin gehört Melsheimer nicht zu den Managern, die sich in die Öffentlichkeit drängen. Er scheue sich aber auch nicht, Verantwortung zu tragen, wenn er gebeten wird, eine wichtige Aufgabe zu übernehmen, heißt es über ihn. Bewiesen hat Melsheimer dies bereits. So ist er seit November 2010 Vorstandsvorsitzender des Vereins Finanzplatz Hamburg, der sich unter dem Dach der Handelskammer eine bessere Vernetzung zwischen dem Senat, den Unternehmen und der Wissenschaft bewirken soll.

Diesmal jedoch geht es um Hamburgs wichtigstes Ehrenamt in der Wirtschaft. Weil die damit verbundenen Verpflichtungen Einfluss auf seine Arbeit für die HanseMerkur hätten, müsste Melsheimer zuvor den Aufsichtsrat des Unternehmens um Zustimmung bitten. Das ist bislang noch nicht geschehen.

Allerdings gilt es als nicht sehr wahrscheinlich, dass das Gremium ablehnt - zumal Karl-Joachim Dreyer eines der Aufsichtsratsmitglieder ist. Zudem dürfte die Überlegung eine Rolle spielen, dass es dem Ansehen der HanseMerkur in der Stadt dienen könnte, wenn deren Chef die Unternehmen Hamburgs repräsentiert.

Vermutet wird aber, dass Melsheimer im Fall seiner Wahl zum Kammerpräses dem Amt einen etwas anderen Zuschnitt geben würde als Frank Horch. Gut vorstellbar wäre, dass Melsheimer bestimmte Aufgaben auf andere Mitglieder des Kammerpräsidiums, die dafür besondere Fachkompetenz besitzen, überträgt. Dies könnte etwa den Schifffahrtssektor betreffen.

Zwar ist Melsheimer, der aus einer Weinbauernfamilie an der Mosel stammt, seit 1978 in der Hamburger Versicherungswirtschaft tätig, zunächst bei der Albingia und der Hamburg-Mannheimer. Der passionierte Jäger ist aber kein extrovertierter Vertriebsmann, sondern Spezialist für die Kapitalanlage. Gleichwohl hat er keine Scheu vor deutlichen Worten, wenn es darum geht, zur Situation seiner Branche und der Finanzwirtschaft allgemein Stellung zu nehmen.

So beruhe der schleichende Niedergang des Versicherungsstandorts Hamburg "auf Fehlern, die vor 20 bis 25 Jahren gemacht wurden", sagte Melsheimer: "Es wurde versäumt, eine unternehmensfreundliche Standortpolitik zu betreiben." Während der Finanzkrise äußerte er sich kritisch über die hoch spekulativen Hedgefonds, "die ohnehin überhaupt keinen volkswirtschaftlichen Nutzen haben".

Neben der Finanzplatzinitiative leitet Melsheimer auch den Handelskammer-Arbeitskreis Gesundheitswirtschaft. Auf diesem Feld hat er sich - vielleicht auch beeinflusst durch seine Ehe mit einer Ärztin - stark engagiert. So gründete die HanseMerkur im vergangenen Jahr zusammen mit dem Universitätsklinikum und der Stadt ein Zentrum für traditionelle chinesische Medizin. (abendblatt.de)