Der IWF hebt seine Konjunkturprognose an. Deutschland bleibt ein Lichtblick in Europa. Gute Aussichten für Hamburg

Hamburg. Die Weltwirtschaft überwindet die Folgen der Krise viel schneller als erwartet. Doch es ist eine Erholung der zwei Geschwindigkeiten: Die Schwellenländer lassen die etablierten Industriestaaten weit hinter sich. So erwartet der Internationale Währungsfonds (IWF) für dieses Jahr ein weltweites Wachstum von 4,4 Prozent, das sind 0,2 Prozentpunkte mehr als in der vorhergehenden Prognose vom Oktober. Im nächsten Jahr sollen es 4,5 Prozent sein.

Für die Euro-Zone sei hingegen nur ein Anstieg von 1,5 beziehungsweise 1,7 Prozent zu erwarten. Gründe dafür seien "andauernde Belastungen" durch krisengeschüttelte Euro-Länder wie Griechenland und Portugal, wie IWF-Chefökonom Olivier Blanchard bei der Präsentation des Berichts in Johannesburg erklärte. Deutschland jedoch kann sich nach Auffassung der IWF-Experten mit einem Wachstum von 2,2 Prozent in diesem und 2,0 Prozent im nächsten Jahr von den anderen europäischen Nationen absetzen. Dabei wurde die Erwartung für 2011 um 0,2 Prozentpunkte angehoben.

Allerdings gibt es Fachleute, die noch deutlich zuversichtlicher sind. So veranschlagt Carsten Klude, Chefvolkswirt des Hamburger Privatbankhauses M.M. Warburg & CO, die Wachstumsrate für Deutschland auf 3,1 Prozent. "Wir sind damit sehr, sehr optimistisch", räumt er ein - und erklärt diese Haltung nicht zuletzt mit den positiven Auswirkungen des Booms in den Schwellenländern auf die Wirtschaft im Inland: "Wir gehen von knapp zweistelligen Zuwächsen im Export aus, nicht viel weniger als 2010."

Fast schon euphorisch zeigen sich deutsche Firmenchefs, wenn es um die Geschäftsaussichten geht. Annähernd 80 Prozent der Vorstandsvorsitzenden rechnen auf Sicht der kommenden zwölf Monate fest mit Umsatzsteigerungen für ihr Unternehmen, wie eine im Rahmen des World Economic Forums in Davos vorgestellte Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers ergibt. Weltweit erwarten demnach 48 Prozent der Unternehmenschefs Umsatzzuwächse, in Westeuropa sind es nur 39 Prozent.

Innerhalb Deutschlands hat Hamburg nach Auffassung von Michael Bräuninger, Konjunkturchef des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI), gute Chancen, überdurchschnittlich stark von dem schon wieder auf Hochtouren laufenden Welthandel zu profitieren. Dabei dürfte das Geschäft für den Logistiksektor der Hansestadt im Jahresverlauf noch anziehen: "In der für Hamburg sehr bedeutenden Region Mittel- und Osteuropa hat sich die Wirtschaft zuletzt eher verhalten entwickelt", so Bräuninger. "Das sollte sich aber bereits in der zweiten Jahreshälfte ändern."

Auch wenn sich das Konjunkturbild offenbar immer stärker aufhellt, spiele sich all dies "vor dem Hintergrund großer Risiken ab", gibt Bräuninger zu bedenken. Das sieht auch der IWF so. Dort verweist man unter anderem auf mögliche Verspannungen und Ungleichgewichte wegen des weltweit sehr unterschiedlichen Tempos der Erholung.

Die neuen Märkte seien heute schon für 40 Prozent des weltweiten Verbrauchs und für mehr als zwei Drittel des globalen Wirtschaftswachstums verantwortlich, sagt Blanchard. Sollte es Probleme in diesen Ländern geben, hätte das gravierende Auswirkungen auf die Weltwirtschaft.

Der IWF warnt aber auch vor den ungewissen Folgen hoher Staatsschulden, besonders in den USA. Das dortige Etatdefizit werde für 2011 auf 10,75 Prozent geschätzt - mehr als doppelt so viel wie im Euro-Raum - und die Gesamtschulden-Quote werde voraussichtlich im Jahr 2016 bei 110 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen. Sollte keine klare Strategie für eine Haushaltskonsolidierung erkennbar werden, könne dies zu einem globalen "Störfaktor" werden.

Doch auch die Schuldenkrise in Europa birgt nach Einschätzung des IWF noch immer Gefahren. "Im Euro-Raum sind umfassende, schnelle und entschiedene politische Maßnahmen nötig, um Abwärtsrisiken entgegenzutreten", heißt es dazu in der gestern vorgestellten Analyse. So befürworten die IWF-Experten eine Erhöhung der "effektiven Größe" des Euro-Rettungsschirms und mehr Flexibilität für dieses Hilfeinstrument. Währendessen solle die Europäische Zentralbank (EZB) weiterhin Banken, die dies nötig haben, Liquidität zur Verfügung stellen und an den Märkten Anleihen aufkaufen.

Dennoch bleibe das Risiko bestehen, dass sich die Probleme von Ländern am Rande der Euro-Zone ins Zentrum des Währungsraums ausbreiten. Doch auch in dieser Hinsicht ist Carsten Klude zuversichtlicher. Er hält es für wahrscheinlich, dass die "Peripherieländer" mit ihrer Wirtschaftsentwicklung in diesem Jahr positiv überraschen. "Die Schuldenkrise verliert ihren Schrecken", glauben die Volkswirte bei M.M. Warburg.