Nur 3,2 Prozent der Top-Positionen in den 200 größten deutschen Konzernen werden von Managerinnen besetzt. Trotz großer Ankündigungen.

Hamburg. Wer in deutschen Großkonzernen Frauen in Führungspositionen treffen will, muss lange suchen - und wird selbst dann nur selten fündig. In den größten 200 Unternehmen dominieren die Herren das Geschehen. Nur 3,2 Prozent der insgesamt 906 Vorstandsposten sind mit Frauen besetzt, wie eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigt. Die Zahl der Frauen stieg damit im Vergleich zum Vorjahr um acht auf 29.

"Obwohl sich die Unternehmen schon 2001 für mehr Frauen in Führungspositionen ausgesprochen haben, bewegt sich fast kaum etwas. In den vergangenen fünf Jahren sind nur 18 Frauen in die Vorstände vorgerückt. Das ist schlicht zu wenig", bilanziert die DIW-Expertin Elke Holst die Ergebnisse des DIW-Managerinnen-Barometers.

In den größten börsennotierten Konzernen sieht die Lage noch düsterer aus. In den Vorstandsetagen der 30 DAX-Konzerne kann man die Damen an einer Hand abzählen. Nur vier Frauen haben es bisher in die Vorstände geschafft, davon drei erst seit Juli 2010: Brigitte Ederer und Barbara Kux bei Siemens, Angelika Dammann bei SAP und Regine Stachelhaus bei E.on. Angesichts der insgesamt 182 Vorstandspositionen sind damit 2,2 Prozent mit Frauen besetzt. Auch wenn im Mai der frühere Bahn-Personalvorstand Margret Suckale in den Vorstand von BASF aufsteigt, bleiben weibliche Führungskräfte in der DAX-Welt Exotinnen.

Vergleicht man den Frauenanteil in Vorständen mit anderen Ländern, rangiert Deutschland auf dem Niveau von Schwellenländern. Nur Indien leistet es sich, nur zwei Prozent der Top-Positionen mit Frauen zu besetzen. Selbst China und Brasilien sind weiter. Am fortschrittlichsten im Bereich der Frauenbeteiligung sind Schweden mit 17 Prozent sowie die USA und Großbritannien mit jeweils 14 Prozent (siehe Grafik).

Die Unternehmen vergeben mit der männlich dominierten Besetzung ihrer Vorstände auch wirtschaftlich große Chancen, ist Holst überzeugt. So agierten Firmen, die Frauen in ihren Führungsteams haben, auch wirtschaftlich erfolgreicher. Nach einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey erreichten Vorstände mit mehreren Frauen im Durchschnitt einen um 56 Prozent höheren Vorsteuergewinn und 41 Prozent mehr Eigenkapitalrendite, berichtet die Hamburger Personalberaterin Sylvia Tarves, die über ihr Unternehmen LeadingWomen Frauen in Führungspositionen vermittelt. Da Frauen zu wenig in den Vorständen vertreten seien, entgingen den Unternehmen alljährlich Gewinne in Milliardenhöhe. "Eine gemischte Führungskultur ist ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg", meint Tarves. "Hier geht es auch um die Sicherung des Wirtschaftsstandorts."

Warum aber schaffen es Frauen nicht ganz nach oben, obwohl sie an den Universitäten gleich stark vertreten sind und oft bessere Abschlüsse als ihre Kommilitonen hinlegen? "Die Frauen scheitern vor allem an den Vorurteilen, die ihnen entgegengebracht werden", sagt Sonja Bischoff, Wirtschaftsprofessorin an der Hamburger Universität. "Frauen wird noch zu wenig zugetraut." Auch Holst sieht darin das Schlüsselproblem: "Viele Männer in den Vorständen haben noch das traditionelle Rollenmodell in den Köpfen, das den Mann als Ernährer und die Frau am Herd sieht." Männer beherrschten die Vorstände und suchten - nicht selten über ihre männlich dominierten Netzwerke - Personen, die ihnen ähnlich seien, also wiederum Männer.

"Frauen stoßen somit immer wieder an eine gläserne Decke und schaffen es nicht nach oben." Zudem studierten Frauen nicht die richtigen Fächer, meint Bischoff. "Führungsposten der Industrie werden zu 80 Prozent mit Naturwissenschaftlern, Ingenieuren oder Wirtschaftswissenschaftlern besetzt. Diese Fächer werden aber nur von 36 Prozent der Frauen studiert. Wie sollen sie da massenhaft nach oben kommen?" Kinder seien dagegen nicht das größte Hindernis für die Karriere.

Einen Lichtblick gibt es in den Aufsichtsräten. In den Top-200-Unternehmen sind heute 10,6 Prozent der Aufsichtsratsposten in Frauenhand - und somit immerhin 243 Frauen gegenüber 2050 Männern. Drei von zehn der Unternehmen hat aber immer noch keine Aufsichtsrätin, während bei Henkel und der Würth-Gruppe der Aufsichtsrat von einer Frau geleitet wird. Doch der Schein trügt. Die vergleichsweise hohe Anwesenheit von Frauen liegt vornehmlich in den Mitbestimmungsregelungen begründet, erläutert Holst. "Mehr als 70 Prozent der Frauen sind Arbeitnehmervertreterinnen."

Auch Manuela Rousseau von Beiersdorf ist es über diesen Weg gelungen, vor zwölf Jahren in den Aufsichtsrat des Hamburger DAX-Konzerns einzuziehen. "Gemischte Teams sind das beste Spiegelbild der Gesellschaft. Sie ermöglichen einen ganzheitlichen Blick auf alle unternehmerischen Belange. Das tut jedem Aufsichtsrat gut", sagt die Leiterin für gesellschaftliche Verantwortung. Beiersdorf beurteilt dies wohl ähnlich. Der Konzern hat mittlerweile schon drei Frauen in seinem Aufsichtsrat und erfüllt damit eine geradezu vorbildliche Frauenquote von 25 Prozent.