Verkehrsführung wird optimiert. Problemzone bleibt der Burchardkai mit langen Staus. Die HHLA kritisiert die Spediteure.

Hamburg. Bei einem Seehafenkongress im Frühjahr 2008 hielt der Hamburger Logistikunternehmer Hans Stapelfeldt einen Vortrag zum Thema "Wege aus dem Stau". Der drohende Verkehrsinfarkt im Hamburger Hafen war das beherrschende Thema der gut besuchten Konferenz. Bald darauf begann die Weltwirtschaftskrise.

Knapp drei Jahre später ist die Krise überwunden, der Hafen holt die zurückliegenden Mengenverluste wieder auf, der Güterumschlag steigt. Und die Akteure der Logistikwirtschaft haben die Zeit genutzt, um Straßen und Schienen besser für das erhoffte Wachstum in den kommenden Jahren zu präparieren. "Die Hafenverwaltung Port Authority, der Zoll, der Terminalbetreiber Eurogate, alle bekommen von uns gute Noten", sagt Stapelfeld, der als Vorstandsvorsitzender des Verbandes Straßengüterverkehr und Logistik seine Branche vertritt. "Sorgen macht uns derzeit allerdings der Terminal Burchardkai der HHLA, der größte Umschlagplatz für Container in Hamburg. Da ist offenbar zu wenig Personal im Einsatz. Die Wartezeiten für Lastwagen betragen zum Teil zwei bis drei Stunden."

Eine überwiegend positive Bilanz für die Verkehrsströme im Hafen hat man von der Logistikwirtschaft lange nicht gehört. In den Jahren nach 2000 war vor allem der Containerumschlag rasant gestiegen. 2007 erreichte er fast zehn Millionen Einheiten (TEU), 2009 allerdings drückte die Krise den Durchsatz auf sieben Millionen TEU. Nun geht es wieder aufwärts.

Wichtige Engpässe im größten deutschen Seehafen haben die Stadt und der Bund fixiert und arbeiten an ihrer Beseitigung. Neue Brücken wurden und werden im Hafen gebaut. Am Veddeler Wasserkreuz erleichtern neue Übergänge vom Kleinen Grasbrook Richtung Müggenburger Zollhafen den Verkehr. Die neue Retheklappbrücke, an der vom Frühjahr an gebaut wird, soll die alte Hubbrücke aus dem Jahr 1932 ersetzen. Ein weiterer Engpass soll mit dem Bau der neuen Kattwykbrücke beseitigt werden.

Auch das Nadelöhr am Waltershofer Kreuz am westlichen Ausgang der Köhlbrandbrücke ist Vergangenheit. Bereits vor zwei Jahren ging eine neue Abbiegerspur für Pkw in Betrieb, die mehr Kapazität für den Lastwagenverkehr schafft. Und die alte Zollstation fällt mit dem Ende der Freihafenzone bis zum Jahr 2013 weg.

Der Neubau und die Sanierung von Straßen- und Schienenwegen allein wird allerdings nicht genügen, um die erwartete starke Zunahme der Verkehrsströme in den kommenden Jahren zu bewältigen. "Wir können und wollen Straßen, Schienen und Wasserwege nicht unbegrenzt ausbauen", sagt Jens Meier, Geschäftsführer der Port Authority und oberster Hafenmanager. "Damit stehen wir vor der Herausforderung, die Effizienz auf den vorhandenen Strecken zu erhöhen, Wartezeiten zu verkürzen und Staus zu verhindern." Die Port Authority arbeite an einem integrierten Informations- und Leitsystem für den Straßen-, Bahn- und Schiffsverkehr. Als erster Schritt dazu geht im Frühjahr in der Speicherstadt das neue "Port Road Management Center" in Betrieb, das über die aktuelle Verkehrslage im Hafen informiert.

Optimierte Abläufe im Hafen sind auch aus Sicht des in Hamburg führenden Umschlagunternehmens HHLA unabdingbar. "Wir leisten uns zurzeit noch die Verschwendung, die Kapazität der Straße nicht 24 Stunden lang zu nutzen, die Transportkette nicht voll auszulasten", sagt Heinrich Goller, Geschäftsführer der HHLA-Containerterminals. "Wir öffnen unsere Terminals 24 Stunden täglich - aber das wird längst nicht ausreichend nachgefragt." Ein Lkw-Fahrer könne einen Container eben nicht abholen oder anliefern, wenn der Abnehmer oder Absender morgens oder abends geschlossen habe.

Kritik an langen Wartezeiten beim Terminal Burchardkai weist Goller zurück. Auch die Spediteure müssten mehr Vorarbeit leisten: "Nützlich für uns wären zum Beispiel bessere Vorlaufdaten für Lastwagen. Mit einer zeitlichen Vorplanung und Verabredungen für die Abfertigung kann der Rundlauf von Lastwagen durch das Terminal zum Nutzen aller verkürzt werden."

Im zurückliegenden Jahr ist der Containerumschlag nach den vorläufigen Schätzungen der Hafenwirtschaft wieder auf rund acht Millionen TEU gestiegen. Längst diskutiert man in der Branche und in der städtischen Hafenverwaltung wieder Containerumschlagzahlen von 20 Millionen TEU jährlich und mehr, die irgendwann in der Mitte des kommenden Jahrzehnts erreicht werden könnten - die alten Fantasien aus der Zeit vor der Weltwirtschaftskrise leben wieder auf. Die nötigen Flächen und Reserven zur Erweiterung sind dafür nach Einschätzungen aus der Wirtschaft vorhanden, die nötigen Verkehrswege allerdings nicht.

Dringend gebraucht würde für den Megacontainerumschlag in Hamburg vor allem die sogenannte Hafenquerspange, eine zusätzliche Hafenquerung, die den Weg über die Köhlbrandbrücke ergänzen würde. Wann dieses Projekt realisiert wird, weiß allerdings niemand. "Das früheste Dokument mit dem Begriff Hafenquerspange, das ich kenne", sagt eine Hafenexpertin ironisch, "stammt aus dem Jahr 1943."