Interview mit Rüdiger Fuchs, Chef der Hamburger Sietas-Gruppe

Hamburg. Für die älteste deutsche Werft, Sietas in Neuenfelde, steuert er die Sanierung: Rüdiger Fuchs, der seit Anfang 2009 an der Spitze steht, war zuletzt im Topmanagement des europäischen Flugzeugherstellers Airbus. Dort verantwortete er die Konstruktion der Rümpfe und Kabinen aller Jets der europäischen Flugzeugbauer. Das Abendblatt sprach mit Fuchs über die Chancen für die Finanzierung von Schiffsneubauten, Strategien für die Zukunft der Branche und die Lage bei der Hamburger Werft, die jetzt vollkommen neue Schiffstypen baut.

Hamburger Abendblatt:

Herr Fuchs, seit Ihrem Antritt als neuer Chef der Sietas Werft Anfang März 2009 hat das Unternehmen acht Aufträge für vier neue Typen hereingeholt. Wie lautet das Geheimnis, mit dem Sie das in der Krise geschafft haben?

Rüdiger Fuchs:

Es gibt zwei Voraussetzungen dafür, und sie sind nicht geheim. Zum einen muss ein Reeder mit dem Schiff Erträge erzielen können. Zum anderen muss das Produkt zwar nicht das billigste, aber das konkurrenzfähigste sein - gegenüber allen anderen Wettbewerbern, die bei dem Projekt antreten. Beide Kriterien hat die Werft in der Hand.

Ohne Zweifel. Aber das gilt nicht für die Probleme bei der Finanzierung der Aufträge ...

Fuchs:

... zum Teil doch. Zum einen schauen die Banken auf die Auftraggeber und schätzen ein, wie verlässlich sie sind. Dann spielt der Schiffstyp eine Rolle. Bei Schiffen für den Aufbau von Windkraftanlagen auf See, wie wir sie anbieten, wirkt sich zum Beispiel der wachsende Markt positiv aus.

Es kommt von Ihnen keine Kritik an den Finanzinstituten?

Fuchs:

Es stimmt, dass sich die Banken nicht um die Risiken im Schiffbau reißen. Auf der anderen Seite kann die Branche nicht erwarten, dass wackelige Finanzierungen gestützt werden. Zudem haben die Banken zu oft schlechte Erfahrungen gemacht.

Wie hat sich die Lage der Sietas Werft inzwischen entwickelt?

Fuchs:

Wir haben noch sechs Schiffe zu bauen, das reicht grundsätzlich für unsere 1000 Mitarbeiter für die kommenden eineinhalb Jahre. Kurzarbeit wird es noch bis Ende März geben. Davon waren in der Spitze 200 Mitarbeiter betroffen. Seit dem Jahresbeginn wird es aber immer weniger, weil wir jetzt ein Schiff nach dem anderen beginnen. Die halbe Wegstrecke der Sanierung haben wir inzwischen bewältigt.

Bei anderen Werften sieht es deutlich schlechter aus als bei Sietas in Hamburg. Droht die Branche mit derzeit schon weniger als 20 000 Beschäftigten ohne eine gezielte Industriepolitik künftig in der industriellen Bedeutungslosigkeit zu versinken?

Fuchs:

So weit ist es noch nicht. Aber für eine Industriepolitik habe ich immer plädiert. Jetzt gilt immerhin, dass die Zuschüsse für Innovationen im Schiffbau nicht mehr zurückgezahlt werden müssen und die Regierung den Aufbau von Windparks fördert. Darin sollte auch der Bau von Errichtungs- und Versorgungsschiffen einbezogen werden. Natürlich sollten auch die Banken ihre reservierte Position zu den Werften überdenken. Sie dürfen nicht in Sippenhaft genommen werden. Der Schiffbau will sich aus der Krise herausarbeiten, aber man muss ihn auch aus dieser Situation herauslassen.

Wie schätzen Sie die Zukunft des deutschen Schiffbaus ein?

Fuchs:

Im Jahr 2010 sind Aufträge für ein halbe Jahresproduktion hereingekommen. Das ist ein Minimum. Aber die Werften haben die Lage angenommen und sind dabei, die Hausaufgaben zu machen. Doch es wird keinen Aufschwung XL geben. Dieser Kick fehlt.