Europäische Zentralbank rät Ländern zur Aufstockung des Rettungsschirms

Frankfurt. Nach EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hat nun auch die Europäische Zentralbank (EZB) dringend eine Ausweitung des 750 Milliarden schweren Euro-Rettungsschirms gefordert. Eine Verbesserung des Schirms sei "quantitativ und qualitativ notwendig", sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet gestern nach der ersten Sitzung des EZB-Rates in diesem Jahr. "Alles ist dringlich im Augenblick", sagte Trichet. "Wir fordern die Verantwortlichen ganz allgemein auf, ihre Verantwortung zu schultern." Frankreich und Deutschland hatten am Vortag eine Aufstockung abgelehnt. Bislang hat Irland die Hilfsgelder aus dem Fonds in Anspruch genommen.

In ihrer Zinspolitik bleiben die Notenbanker unterdessen auf Kurs. Die EZB belässt angesichts der Schuldenkrise den Leitzins im Euro-Raum auf seinem Rekordtief von 1,0 Prozent. Der wichtigste Zins zur Versorgung der Banken im Euro-Raum mit Zentralbankgeld verharrt damit seit Mai 2009 auf diesem niedrigen Niveau. Volkswirte rechnen frühestens Ende 2011 mit einer Zinsänderung, obgleich die Inflation im Euro-Gebiet im Dezember 2010 über die wichtige Marke von 2,0 Prozent auf 2,2 Prozent geklettert war. Höhere Zinsen würden Kredite verteuern und könnten daher Gift für die Erholung der Konjunktur sein.

Positive Nachrichten gab es auch von den Euro-Sorgenkindern: Nach Portugal besorgten sich gestern auch Spanien und Italien erfolgreich frisches Geld am Kapitalmarkt, wenngleich zu höheren Zinssätzen. Spanien nahm drei Milliarden Euro auf, Italien sechs Milliarden Euro. Die Märkte reagierten wohlwollend. Der Euro sprang über die Marke von 1,33 US-Dollar auf 1,3339 Dollar. Am frühen Nachmittag hatte die EZB den Referenzkurs noch auf 1,3199 Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,7576 Euro.

Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy bewertet den Wechselkurs des Euro gegenüber dem Dollar allerdings als zu hoch. Dies schade der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen im Euro-Raum, sagte Sarkozy. Frankreich wolle sich während seiner G20-Präsidentschaft 2011 für einen konkurrenzfähigen Wechselkurs einsetzen.

Eine Ausweitung des Rettungsschirms stößt unterdessen weiterhin nicht auf Gegenliebe. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) hält das bestehende "Konstrukt für hinreichend". Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) ist gegen eine Ausweitung. Bereits jetzt stünden für die Spekulanten "750 Milliarden Euro bereit zum Abkassieren", sagte DGB-Chef Michael Sommer. "Was bringt es, den Finanzschirm zu erweitern?" Die Politik unterbinde die Spekulation nicht, sondern begünstige sie.