Hamburger Nivea-Hersteller verdient fast 20 Prozent weniger. Tochter Tesa überdurchschnittlich erfolgreich. Experten uneins über die Zukunft

Hamburg. Thomas-B. Quaas sprach gestern in New York beim "German Investment Seminar" zu Finanzinvestoren und Analysten. Die Botschaft des Beiersdorf-Chefs war weit weniger euphorisch als zum gleichen Anlass in den Vorjahren. Denn der erfolgsverwöhnte Hamburger Nivea-Hersteller musste 2010 herbe Einbußen beim Ertrag hinnehmen. Zwar stieg der Umsatz um 7,7 Prozent erstmals auf mehr als sechs Milliarden Euro, aber der Konzerngewinn sank von 380 auf 308 Millionen Euro. Grund für diesen Ergebniseinbruch ist ein Sanierungskurs, der allein 2010 rund 120 Millionen Euro gekostet hat. Insgesamt will das Unternehmen 270 Millionen Euro investieren, um wieder in der Ersten Liga der weltweiten Kosmetikhersteller mitspielen zu können. "In einer Übergangsphase belasten die Auswirkungen der Maßnahmen zwar unser Ergebnis, sie werden uns aber konsequent wieder zur früheren Dynamik zurückbringen", versprach Quaas gestern.

Die Voraussetzungen für künftige Erfolge sind gut. Immerhin sind Beiersdorf-Produkte trotz der Krise gut 140-mal in verschiedenen Ländern der Welt Marktführer, auch die Erlöse haben zugelegt - aber mit geringerer Dynamik als bei den Konkurrenten. Allerdings sind sich Experten uneinig, wie schnell die Sanierung gelingt. "Mit dem Anspruch von Beiersdorf, dem Wettbewerb zuverlässig einen Schritt vorauszueilen, ist es einstweilen vorbei", sagte Carsten Mainitz, Analyst bei SRH AlsterResearch in Hamburg, dem Abendblatt. Das Unternehmen leide unter dem zunehmenden Erfolg der preiswerteren Handelsmarken. Zudem habe sich Beiersdorf in jüngster Vergangenheit mit zu vielen Produkten verzettelt und Abschreibungen auf das China-Geschäft vornehmen müssen. Mainitz hat deshalb das Kursziel von 50 auf 45 Euro reduziert, hält aber an der Empfehlung "Kaufen" fest. Analyst Michael Gorny von der WestLB nannte nach dem Bekanntwerden der Zahlen hingegen ein Kursziel von 47 Euro und hob seine Einstufung der Aktie von "Neutral" auf "Add", also "Beimischen" an.

"Die notwendige Neuausrichtung in den Kernmärkten setzt ein", begrüßt Mainitz den Plan von Beiersdorf, sich künftig auf die beiden Bereiche Haut- und Haarpflege zu fokussieren und gleichzeitig verstärkt auf internationale Marken und Innovationen zu setzen. So hat das Unternehmen bereits lokale Produkte wie die Creme Juvena und den Haarpflegebereich Marlies Möller verkauft. Zudem wurden einige Artikel aus dem Sortiment genommen, genau wie der gesamte Kosmetikbereich von Nivea Beauté (Lippenstifte, Make-up).

Im Gegenzug kamen Neuheiten in die Regale. So hat Beiersdorf im Januar 2011 eine neue Pflegelinie Nivea Pure & Natural mit neun Produkten eingeführt, darunter Gesichts-, Körper- und Hautpflege. Die Creme enthält vorwiegend natürliche Inhaltsstoffe. Weitere Innovationen sollen folgen.

Guillaume Delmas, Analyst von Nomura, erwartet, dass sich wegen der Neustrukturierung die Lage bei Hamburgs einzigem DAX-Konzern in den kommenden zwölf Monaten kontinuierlich verbessern dürfte. Schon 2010 habe das Unternehmen etwas besser abgeschnitten als erwartet. Mainitz ist etwas vorsichtiger und verweist auf weitere 150 Millionen Euro Restrukturierungskosten, die auch das Ergebnis 2011 belasten würden. Im vergangenen Jahr lag die Ebit-Marge (vor Zinsen und Steuern) mit 697 Millionen Euro bei neun Prozent, früher waren es 13.

Vor allem der Unternehmensbereich Tesa hat zum Umsatzplus von Beiersdorf beigetragen. Die Erlöse des Klebebandherstellers lagen mit 872 (Vorjahr: 737) Millionen Euro sogar über dem Umsatz des Vorkrisenjahres 2008. Das vorläufige Ebit erhöhte sich hier von 29 auf etwa 97 Millionen Euro.

Nicht so gut schnitt der Unternehmensbereich Consumer ab, zu dem etwa die Cremes von Nivea, La Prairie oder auch die Marke Eucerin gehören. Quaas zeigte sich trotz klarer Erfolge in einzelnen Regionen "nicht zufrieden". Der Umsatz erhöhte sich von fünf auf 5,32 Milliarden Euro, das Ebit von 558 auf rund 600 Millionen Euro. In Großbritannien und Russland lief das Geschäft sehr positiv, während die Entwicklung in den anderen Ländern Europas durchwachsen war. Vor allem in den USA konnte das der Hamburger Kaffeefamilie Herz gehörende Unternehmen den Trend umkehren. Nach Phasen der Schwäche legte der Umsatz zu - vielleicht auch, weil Beiersdorf seit drei Jahren die Silvesterfeier auf dem Times Square in New York sponsert.