Handelskammer-Chefvolkswirt Günther Klemm über sinkende Insolvenzanmeldungen und die Stärke der Hamburger Wirtschaft

Hamburg. Die Wirtschaft der Stadt steht in einem stabilen Aufschwung, begründet Günther Klemm, Chef-Volkswirt der Handelskammer Hamburg, die sinkende Anzahl der Insolvenzanmeldungen. Vor allem die Tatsache, dass die Firmen in der Stadt überwiegend mittelständisch strukturiert und breit aufgestellt seien, habe die Unternehmen vor größeren Schieflagen bewahrt.

Hamburger Abendblatt: Herr Klemm, in Hamburg sind die Firmeninsolvenzen 2010 um 8,3 Prozent zurückgegangen und damit weit mehr als im Bundesdurchschnitt mit 4,4 Prozent. Woran liegt das?

Günther Klemm: Die Wirtschaft der Stadt steht in einem stabilen Aufschwung. Die gegenwärtigen und die künftigen Aussichten der Unternehmen sind hervorragend. Das wirkt sich besonders positiv auf die Investitions- und die Personalplanung der Firmen aus und letztlich auch auf die Zahl der Insolvenzanmeldungen.

Wie wird sich das Wirtschaftswachstum in der Stadt in diesem Jahr entwickeln?

Klemm: 2010 dürften wir ein Plus von 3,5 Prozent gehabt haben. Für dieses Jahr rechne ich mit gut 2,5 Prozent. Damit würde die Hansestadt wieder besser als der Bund abschneiden.

Woran liegt es, dass die Hamburger Wirtschaft sich so gut entwickelt?

Klemm: Die Wirtschaft in unserer Stadt ist überwiegend mittelständisch strukturiert und breit aufgestellt. Das hat uns in den vergangenen Krisenzeiten vor größeren und den ganzen Standort betreffenden Schieflagen bewahrt. Hamburg verfügt damit über eine relativ stabile Grundlage.

Welche Branchen profitieren derzeit besonders vom Aufschwung?

Klemm: Eigentlich alle. Es gibt derzeit keine Branchen, die zu den Verlierern zählen. Besonders gut läuft es im Einzelhandel, der vom anziehenden Konsum profitiert, in den unternehmensnahen Dienstleistungen, aber auch in der Luftfahrt. Diese Erfolge werden erfreulicherweise vor allem auf dem Arbeitsmarkt immer spürbarer.

Wird der Aufschwung auch dazu führen, dass die Zahl der Firmeninsolvenzen weiter sinkt?

Klemm: Das will ich hoffen, aber für eine präzise Aussage ist es noch zu früh.

Welche Risiken drohen Hamburgs Aufschwung?

Klemm: Die Gefahren, die sich vor allem mittelfristig aus der übermäßigen Verschuldung europäischer Staaten und nicht zuletzt den USA ergeben könnten, darf man nicht beiseiteschieben. Zudem braucht die Stadt vernünftige Rahmenbedingungen. So muss unter anderem gewährleistet werden, dass die Fahrrinnenanpassung der Elbe 2011 in Angriff genommen wird. Aber dies alles sind Dinge, die man meistern kann.