Lutz Paare und Steffen Breidbach bringen mit ihrer Agentur Patent People Erfindungen wie die Thermoskanne als Matroschka an den Markt.

Hamburg. Siamkater Charly stolziert durch die prachtvolle Jugendstilwohnung an der Außenalster, vorbei an Skizzen, Modellen und Prototypen. Vorbei an einer gegen Büroklau gesicherten Tasse, die nur mit einem Stöpsel nutzbar ist. An einem Zahnputzbecher, der nach dreiminütiger Bürstennutzung klingelt. Und an einer als Matroschka verkleideten Thermoskanne, die es auch in Miniaturversion für die Handtasche gibt. Mit katzentypischer Arroganz ignoriert Charly all diese Innovationen, die bei der Käuferschaft Ausrufe wie "Guck mal, wie witzig!" oder "Was für eine originelle Idee!" hervorrufen sollen. Dabei verdient sein Herrchen mit diesen Produkten das Geld für Charlys Katzenfutter.

Das ist zumindest der Plan, den der Unternehmer Lutz Paare, 36, gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Steffen Breidbach ausgetüftelt hat. Vor genau einem Jahr haben die Hamburger ihre Agentur Patent People gegründet - eine Art ausgelagerte Innovationsabteilung, die ausgefallene Produktideen entwickelt, vermarktet, vertreibt und beim Patentamt schützen lässt.

Ideen zur Marktreife zu bringen kann Jahre dauern

Seitdem ist die Jugendstilwohnung in St. Georg Arbeitsplatz für die beiden Gründer und Geschäftsführer sowie drei Angestellte. "Es gibt so viele fantastische Ideen da draußen - die müssen nur richtig vermarktet werden", sagt Steffen Breidbach, 39. Als ausgebildeter Industriekaufmann hat er in Hamburg Modedesign studiert und jahrelang Kleidung und Möbel für sein eigenes Label entworfen - und weiß daher, wie schwer es für selbstständige Designer sein kann, eine Idee zur Marktreife zu bringen und in manchmal jahrelangen Verfahren schützen und lizenzieren zu lassen. Verweist doch selbst das Deutsche Patent- und Markenamt auf seiner Website darauf, dass "das Patentwesen ein sehr umfangreiches und nicht unkompliziertes Rechtsgebiet darstellt" und entsprechende Profiberatung "vorteilhaft" sei.

Das Kölner Institut für Wirtschaft geht davon aus, dass nur 13 Prozent der Neuheiten über das Stadium des Prototyps hinauskommen. Nach Branchenschätzungen liegen 100 000 ungenutzte Patente in den Schubladen, deutschen Unternehmen entgehen deshalb Milliarden. Diese Marktlücke wollen Paare und Breidbach mit Patent People schließen. Ihr Geschäftsmodell basiert auf der jahrelangen Berufserfahrung, die beide mit Design, Schutzrecht und Vertrieb gesammelt haben. So konnte der Marketingkommunikationswirt Paare bereits patentierte Produkte bei Branchengrößen wie Tchibo platzieren: die Jubelkugel etwa, ein Ball im Fußball-Look mit einem Lichtsensor, der beim Öffnen der Kühlschranktür "Tor, Tor, Deutschland ist Weltmeister!" grölt. Ein Verkaufshit, der während der Fußball-Weltmeisterschaften 2006 und 2010 zu Hunderttausenden über den Ladentisch ging. Ähnlich erfolgreich war der Milchkochalarm: ein Kuhkopf auf einem Stab für den Kochtopf, der bei 55 Grad laut muht.

250 freie Erfinder und Designer liefern die Ideen für die Hamburger

Weitere originelle Haushaltswaren oder Geschenkartikel wollen die Designvermarkter nun gemeinsam auf den Markt bringen. "Unsere etwa 250 freien Erfinder und Designer liefern die Ideen, wir bieten das Netzwerk und die Dienstleistungen, um sie zu lizenzieren und zu verkaufen", erklärt Breidbach das Konzept. Knapp 30 Artikel sind in Planung, werden gerade in Asien produziert oder liegen schon zur Schutzrechtanmeldung beim Patentamt. Den angestrebten Mindestumsatz von 1,8 Millionen Euro in diesem Jahr wollen die beiden Firmengründer durch eine Erlösbeteiligung aus den Verkäufen erzielen. "Wir gehen ebenso auf mittelständische Firmen zu wie auf Handelsgrößen wie Aldi", geben sich Paare und Breidbach selbstbewusst. Dabei wollen sie einen Artikel erst produzieren lassen, wenn sie ihn als Trendprodukt oder langfristigen Saisonartikel eingestuft und einen Vertriebspartner gefunden haben.

Große Hoffnungen setzen die Gründer von Patent People dabei auf Blickfänger wie den Rauchmelder in organischer Sonnenform, dessen Rauchsensoren in die Strahlen eingearbeitet sind. "Dieses Patent ist ein Schatz", sagt Paare. Denn: Ab 2011 muss jeder Hamburger in seiner Wohnung Rauchmelder installiert haben, in vielen Bundesländern ist das bereits Pflicht. Bislang gibt es hierzulande aber nur wenige Geräte, die optisch als Wohnaccessoire etwas hermachen. Den Designern schweben weitere Formen wie Marienkäfer oder Schildkröten vor - alle Entwürfe und Ideen zum Thema Rauchmelder als Wohnaccessoire sind längst beim Patentamt geschützt. So kann sich Charly darauf verlassen, dass sich sein Herrchen auch weiterhin das Katzenfutter für ihn leisten kann.