Börsengang der Reederei wird forciert. Erlöse sollen ins Reisegeschäft fließen

Hannover. Zum Ende seiner Amtszeit will TUI-Chef Michael Frenzel noch einmal richtig Gas geben, obwohl der 63 Jahre alte Unternehmenslenker während der Bilanzpressekonferenz keine großen Worte darüber verliert. "Man muss sehen, wie es weitergeht", sagt Frenzel, dessen Vertrag noch bis März 2012 läuft, über seine Pläne. Dabei hat er mit Europas größtem Reisekonzern noch einiges vor. Die Weichen dafür sind bereits gestellt.

Verkauf von Hapag-Lloyd füllt Firmenkasse für neue Strategie

Vorrangig wird der Börsengang der Reederei Hapag-Lloyd vorangetrieben (Abendblatt berichtete). An dem Hamburger Unternehmen hält TUI vom Jahreswechsel 2010/11 an fast 50 Prozent. Die übrigen Anteile liegen beim Hamburger Konsortium Albert Ballin, in dem wiederum die Stadt Hamburg mit durchgerechnet 23 Prozent an der Reederei größter Anteilseigner ist.

"Ein Börsengang wäre der Königsweg, um die unterschiedlichen Interessen und auch die Frage, wer mit welchem Anteil im Konsortium bleibt, zu lösen", sagte Frenzel gestern in Hannover. Noch sei unklar, welche Mitglieder des Konsortiums im Rahmen eines Verkaufs ebenfalls aussteigen, ihre Anteile halten oder aufstocken. Allerdings soll die Reederei weiter aus Hamburg gesteuert werden. Ob der Börsengang noch im ersten Halbjahr 2011 erfolgen soll, blieb offen.

Zudem suchen die TUI und das Konsortium einen Investor für Hapag-Lloyd, der weitere Anteile übernehmen soll. "Wir sind da völlig offen, ob es sich um einen Finanzinvestor oder um einen strategischen Investor aus der Schifffahrt handelt", sagt ein TUI-Sprecher dem Abendblatt. "Aber wir werden eine solche Lösung gemeinsam mit dem Konsortium finden." Experten halten aus dem Verkauf der Hapag-Beteiligung Einnahmen von bis zu zwei Milliarden Euro für möglich. Außerdem muss die Reederei noch Kredite in Höhe von 530 Millionen Euro an TUI zurückführen.

Gehen die Pläne 2011 auf, ist Frenzel ein glänzender Ausstieg gelungen. Erst hat die Beteiligung geholfen, zweimal nacheinander die Bilanz zu retten, und schließlich füllt der Börsengang die Firmenkasse auf. Nur eine Gewinnbeteiligung der Hamburger Reedereitochter von 150 Millionen Euro verhalf dem Reisekonzern über die Schwelle ins Plus. Schon im vergangenen Jahr hatte TUI seine Bilanz mit dem Verkauf von etwa der Hälfte von Hapag-Lloyd in die schwarzen Zahlen gerettet. Unterm Strich lag der Nettogewinn von TUI bei 113,6 Millionen Euro, rund 45 Prozent weniger als im Vorjahr. Der Reiseveranstalter TUI Travel verbuchte wegen der Aschewolke Restrukturierungskosten und eines Bilanzierungsfehlers Verluste. "Die Zahlen waren keine große Überraschung, aber sie sind in Ordnung", sagte Christian Obst, Analyst der UniCredit Group. Positiv sei, dass der Hotelbereich besser als erwartet gelaufen sei. Die Bank bewertet die Aktie mit "Halten". Obwohl es keine Dividende gibt, legte die TUI-Aktie gestern um fünf Prozent zu. Frenzel gab einen positiven Ausblick für das Geschäftsjahr 2010/11. Die Buchungen für die aktuelle Wintersaison lägen für alle europäischen Märkte teils deutlich im Plus.

Das wichtigste Ziel für das Unternehmen sieht Experte Obst jetzt im Schuldenabbau. Die Nettoverschuldung des Reisekonzerns beträgt 2,3 Milliarden Euro. "Deshalb ist es sinnvoll, sich von der Beteiligung an Hapag-Lloyd zu trennen und diese Mittel für den Schuldenabbau zu nutzen", sagte er.

TUI-Lenker Frenzel hat in seinem letzten Jahr viele Optionen

Frenzel indes hat auch andere Pläne. Denn es gibt Länder, in denen das Reisegeschäft erst am Anfang steht. Während der globale Markt um sieben Prozent wächst, weisen Länder wie China, Brasilien oder Russland zweistellige Wachstumsraten auf. In China will TUI über ein Gemeinschaftsunternehmen wachsen, während sich der Konzern im russischen und brasilianischen Markt nach Zukäufen umsieht.

Doch auch größere Schritte sind möglich: Etwa eine Aufstockung der an der Londoner Börse notierten TUI Travel, an der der deutsche Konzern bereits 55 Prozent hält. Für einen Aufkauf müsste TUI rund 1,3 Milliarden Euro investieren. Mit einem solchen Schritt könnte das Touristikgeschäft in Hannover konzentriert und das Hotelgeschäft stärker mit den Veranstalterreisen kombiniert werden. Außerdem ließen sich Reibungsverluste zwischen TUI Travel in London und der Konzernzentrale in Niedersachsen verringern. Aber auch das Kreuzfahrtgeschäft ist ausbaubar. Im Mai sticht "Mein Schiff 2" in See. Welche Optionen Frenzel ziehen will, lässt er noch offen. "Wir verfügen nun über Mittel und Optionen, die wir vor einem Jahr kaum für möglich gehalten haben", sagte er.