Flugverkehr lahmgelegt. Ausstand kostet 280 Millionen Euro

Lissabon. Flughäfen verwaist, Müll auf den Straßen, Schulen und Geschäfte geschlossen, ebenso Banken, Gerichte und U-Bahn-Stationen: Der größte Generalstreik seit mehr als zwei Jahrzehnten hat Portugal gestern in weiten Teilen lahmgelegt. Mit dem eintägigen Ausstand protestierten Tausende in dem hoch verschuldeten Euro-Land gegen den Sparkurs der sozialistischen Minderheitsregierung. Das Land sei weitgehend paralysiert worden, berichtete der Fernsehsender SIC.

"Das ist der größte Streik in der Geschichte Portugals", jubelte der Generalsekretär der Allgemeinen Arbeiter-Union (UGT), João Proença. Den letzten gemeinsamen Ausstand hatten die UGT und der 750 000 Mitglieder starke Allgemeine Verband Portugiesischer Arbeiter (CGTP) 1988 organisiert. Die Streikbeteiligung liege bei 80 Prozent, teilten die Gewerkschaften mit. Auch die Regierung von Ministerpräsident José Sócrates räumte eine "bedeutende Beteiligung" ein.

Regierung will Gehälter im öffentlichen Dienst kürzen

Die Neuverschuldung Portugals erreichte im vergangenen Jahr den Rekord von rund 9,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Der Haushalt der Regierung sieht für 2011 nie da gewesene Spar- und Sanierungsmaßnahmen vor, mit denen das Defizit im nächsten Jahr auf 4,3 Prozent gedrückt werden soll. Unter anderem sollen die Ausgaben für Löhne und Gehälter im öffentlichen Dienst um fünf Prozent gekürzt werden. Die Mehrwertsteuer wird von 21 auf 23 Prozent angehoben. Sócrates versicherte, sein Land werde keine Finanzhilfe benötigen.

Nach Schätzung von Experten wird der Streik Portugal mindestens 280 Millionen Euro kosten. Die Bänder standen gestern auch in der Volkswagen-Fabrik Autoeuropa in Palmela südlich von Lissabon still, die über zwei Prozent des portugiesischen Bruttoinlandsprodukts und zehn Prozent der Exporte beisteuert. Der Ausstand traf auch zahlreiche Urlauber aus Deutschland und anderen Ländern. Die Luftfahrtbehörde ANA teilte mit, bis auf drei Ausnahmen seien alle Flüge ausgefallen. Der Lissabonner Flughafen war völlig verwaist. Zwischenfälle wurden von Streikposten der Staatspost CTT gemeldet. Die Polizei habe Streikende grundlos mit Pfefferspray angegriffen, hieß es.