Erneuerbare Energien sollen bei dem Institut eine wachsende Rolle spielen. Nordbanker Jürgen Lange sieht Chancen in Südeuropa und Nordafrika.

Hamburg. Man hatte in den vergangenen Jahren nicht viel zu feiern am Gerhart-Hauptmann-Platz nahe der Mönckebergstraße. In der Zentrale der HSH Nordbank war man seit der Weltwirtschaftskrise vor allem mit Abwicklung beschäftigt, so jedenfalls wirkte es nach außen. Die Bilanzsumme wird von 200 auf 100 Milliarden Euro halbiert, der Vorstandsvorsitzende Dirk Jens Nonnenmacher , 47, arbeitet auf Abruf. Als ein Nachfolgekandidat des umstrittenen Bankchefs gilt dem Vernehmen nach Vorstandsmitglied Constantin von Oesterreich, 57. Aufsichtsratschef Hilmar Kopper sucht nach Abendblatt-Informationen aber weiterhin nach einem externen Manager als Ersatz für Nonnenmacher. Der einst gute Ruf des Hauses ist durch Misswirtschaft und Affären schwer beschädigt.

Sonnenkraftwerke in der Wüste sind ein bedeutendes Zukunftsgeschäft

Doch die Nordbanker machen in diesen düsteren Zeiten nicht nur Geschäfte zur Aufarbeitung der Vergangenheit. Die Energiewirtschaft steht neben Luft- und Schifffahrt im Fokus der Landesbank für Hamburg und Schleswig-Holstein. Besonderes Augenmerk will die HSH Nordbank künftig den erneuerbaren Energien widmen. "Wir wollen unser Geschäft mit erneuerbaren Energien von derzeit rund drei auf sechs Milliarden Euro Kreditvolumen in den nächsten Jahren ausbauen", sagte Jürgen Lange, Leiter des Unternehmensbereichs Erneuerbare Energie, dem Abendblatt.

Die erneuerbaren Energien - Wind- und Wasserkraft, Sonnenlicht und Sonnenwärme, Erdwärme und Biomasse - sind einer wichtigsten und größten Zukunftsmärkte. Allerdings wissen das auch alle anderen Banken und Investmentfonds, die sich in den vergangenen Jahren mit dem Thema beschäftigt haben. Wo könnten in diesem Umfeld die Wachstumschancen für die HSH Nordbank liegen?

Eines der großen Wachstumsfelder sieht Lange in Südeuropa und Nordafrika. Solarthermische Kraftwerke können dort in riesigen Spiegelanlagen die Wärme der Sonne einfangen und diese Energie über Wärmetauscher und Turbinen in Strom umwandeln. Es gibt beim Aufbau solcher Kraftwerke - die ersten stehen bereits in Südspanien - noch viele Unwägbarkeiten. Doch um an diesem Geschäft frühzeitig teilhaben zu können, hat sich die HSH Nordbank 2009 an der Gründung der Desertec Industrie Initiative (DII) beteiligt. Die Initiative, der unter anderem auch Großunternehmen wie Siemens oder die Energiekonzerne E.on und RWE angehören, will Machbarkeitsstudien erstellen, damit die Sonnenenergie Nordafrikas mit solarthermischen Kraftwerken erschlossen werden kann.

Marokko hat, unabhängig von Desertec, bereits mit Planungen für ein solarthermisches Kraftwerk begonnen: "Das erste solarthermische Kraftwerk in Marokko mit einer Leistung von 500 Megawatt - also etwa der Leistung eines halben Atomkraftwerks - ist ausgeschrieben", sagte Lange. "Bis 2020 sollen im Land vier solcher Anlagen am Netz sein. Ich schätze, dass der Bau der ersten Anlage 2013 beginnt." In erster Linie sollen die nordafrikanischen Länder selbst von diesen Kraftwerken profitieren und Strom zur Entwicklung ihrer oft noch rückständigen Wirtschaft beziehen. Aber auch für die Versorgung Europas ergeben sich an der südlichen Mittelmeerküste neue Perspektiven. "Wenn Europa speicherfähigen und damit grundlastfähigen solarthermisch erzeugten Strom aus Nordafrika beziehen will, dann muss Europa dabei die ersten Kraftwerke mit Anschubunterstützung mitfinanzieren. Sonst wird es nicht funktionieren", sagte Lange - ein Thema auch für Banken.

Bei der Windkraft ist das Potenzial in Deutschland längst nicht erschlossen

Auch die Windkraft, die speziell in Nordeuropa stark wächst, ist aus Langes Sicht längst nicht ausgereizt. Allerdings blickt er dabei weniger auf die Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee, bei deren Aufbau die Fortschritte vor den deutschen Küsten eher mäßig sind. Großes Potenzial sieht Lange vielmehr im Inland: "Der Ausbau der Windkraft an Land stößt in Deutschland noch lange nicht an seine Grenzen", sagte er. "Das große Potenzial in West- und Süddeutschland, das - in entsprechenden Höhen - nicht wesentlich geringer ist als das im Norden, ist bislang noch kaum erschlossen. Durch die fortgeschrittene Technologie und insbesondere den Bau von Windturbinen auf hohen Masten wird das jetzt möglich." Das wäre ein neuer lukrativer Markt - allerdings auch ein Feld für Windkraftgegner und Bürgerinitiativen jeder Art.