Bahn-Ausstand vor allem im Süden und Westen. Auch Verspätungen im Norden möglich

Hamburg. Schon am Wochenende wurde spekuliert, nun steht fest: Im bundesweiten Bahnverkehr wird es heute zu Warnstreiks kommen. Die Kunden müssen sich auf Verzögerungen und Zugausfälle einstellen. "Dabei sind erhebliche Störungen im Bahnverkehr zu erwarten", teilten die beiden Gewerkschaften GDBA und Transnet gestern mit. Schwerpunkt werden heute vor allem Bayern und Nordrhein-Westfalen sein. Aber auch in Hamburg kann es zu Verzögerungen und zu Verspätungen bei der S-Bahn und den Regionalzügen kommen.

"Wir werden vom frühen Morgen an, wenn die ersten Berufstätigen unterwegs sind, in Hamburg Flugblätter verteilen, um unsere Aktionen zu erklären", sagte GDBA-Bundesvorstand Uwe Matthias dem Abendblatt. Zudem werden Gewerkschaftsmitglieder mit Transparenten und Spruchbändern auf den Bahnhöfen unterwegs sein. "Auch Verspätungen im Norden sind deshalb nicht ausgeschlossen. Wir rufen aber für Hamburg, Schleswig-Holstein und den größten Teil Niedersachsens für Dienstag nicht zu Warnstreiks auf", sagte Matthias. Dies gelte jedoch nur für diesen Tag. "Die Streik-Organisation prüft jeden Tag neu, wie und wo die Aktionen weiter gehen werden. Auch Hamburg wird sicher nicht ohne Warnstreiks davon kommen."

Hintergrund für den Konflikt, der jetzt einen ersten Höhepunkt erreicht, sind die festgefahrenen Verhandlungen über Tariferhöhungen bei der Deutschen Bahn und einen Branchentarifvertrag, der auch für die privaten Eisenbahnunternehmen gelten soll. Grundsätzlich wollen die Gewerkschaften erreichen, dass in der Branche für gleiche Arbeit gleich viel Geld gezahlt wird. "Es kann und darf nicht sein, dass Kollegen für die gleiche Arbeit teilweise bis zu 20 Prozent weniger Lohn bekommen und insbesondere die Privatbahnen diese Form des Lohndumpings als Wettbewerbsvorteil nutzen", sagten Transnet-Chef Alexander Kirchner und GDBA-Chef Klaus-Dieter Hommel. Der Deutschen Bahn, deren Löhne zumeist über den Tarifen der privaten Gesellschaften liegen, werfen die Gewerkschafter vor, nicht auf den Einsatz von "Billigtöchtern" zu verzichten.

Fahrgastverband Pro Bahn hält Warnstreiks für falsches Mittel

Gleiche Entgelte innerhalb der Branche hält Karl-Peter Naumann, der Bundesvorsitzende des Fahrgastverbandes Pro Bahn, für durchaus vernünftig. "Neben einem einheitlichen Basistarif könnte es dann unterschiedliche Zusatzleistungen geben - so wie in anderen Branchen", sagte er dem Abendblatt. Kritisch sieht Naumann dagegen die Warnstreiks. "Es gibt sicher bessere Lösungen als wieder die Kunden als Geiseln zu nehmen. Schüler, Berufstätige und alle anderen Reisenden sind nicht schuld an dem Konflikt, werden jetzt aber bestraft."

Während für die Bahn mit dem 29. Oktober bereits ein neuer Verhandlungstermin vereinbart ist, herrscht zwischen Gewerkschaften und den privaten Unternehmen Funkstille. "Nachdem wir unser Angebot zwei Mal nachgebessert und eine Schlichtung angeboten haben, warten wir nun darauf, dass Transnet und GDBA wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren", sagte Hochbahn-Sprecher Christoph Kreienbaum. Die Hochbahntochter Benex zählt zu sechs Privatbahnen, die derzeit gemeinsam verhandeln.

Kreienbaum widersprach gestern zudem den Berechnungen der Gewerkschaften: "Unser Angebot liegt beim Monatsgehalt auf dem Niveau der Bahn, rechnet man die Bahn-Zuschläge ein, sind es noch 90 Prozent." Privatbahnen könnten aber schon allein wegen ihrer mittelständischen Struktur und ihrer regionalen Strecken nicht bundesweit geltende Gehälter zahlen. Auf Seiten der Bahn schlug gestern Personal-Vorstand Ulrich Weber ebenfalls eine Schlichtung vor.

Die Bahn will heute, um die negativen Folgen der Warnstreiks zu begrenzen, bundesweit zusätzliche Mitarbeiter einsetzen. "Auch in Hamburg stocken wir Personal auf", sagte der Hamburger Bahn-Sprecher Egbert Meyer-Lovis. Zudem wird die telefonische Reiseauskunft verstärkt. Die Bahn empfiehlt allen Reisenden, sich vor der Fahrt über die Auswirkungen des Streiks zu informieren. Dazu ist seit Montag unter 08000 99 66 33 eine kostenlose Servicenummer geschaltet. Für Kunden aus dem Ausland gibt es die gebührenpflichtige Nummer +49 1805 334444. Bei Zugausfällen oder massiven Verspätungen können Fahrgäste ihr Ticket in den Reisezentren der Deutschen Bahn kostenlos umtauschen oder sie bekommen den Preis erstattet. Alternativ können sie auch auf den nächsten und gegebenenfalls schnelleren Zug ausweichen.