Ein Jahr nach der Gründung entsteht das erste Projekt des städtischen Unternehmens für 20 Millionen Euro in der HafenCity-Ost.

Hamburg. Ein Jahr nach seiner Gründung startet der städtische Versorger Hamburg Energie durch. Neben Investitionen in die Windkraft und Fotovoltaik will das Unternehmen künftig auch Blockheizkraftwerke bauen, wie Michael Beckereit, Geschäftsführer des Versorgers, dem Abendblatt sagte. Die erste, rund 20 Millionen Euro teure Anlage soll in der neuen HafenCity-Ost entstehen. "Wir wollen bis zum Jahr 2020 mehr als 30 Anlagen betreiben und damit einen Marktanteil von zehn Prozent am Hamburger Wärmemarkt haben."

Abendblatt:

Herr Beckereit, wenn man Ihnen vor zwei Jahren erzählt hätte, dass Sie neben Hamburg Wasser künftig auch einen Energiekonzern leiten, hätten Sie mit dem Kopf geschüttelt. Im Auftrag der Stadt haben Sie dann Hamburg Energie aufgebaut. Nach nur einem Jahr wollen Sie jetzt Blockheizkraftwerke mit Kraftwärmekopplung bauen. Geht das nicht ein bisschen zu schnell?

Michael Beckereit:

Nein, wir sind mit Hamburg Energie im Plan. Als wir vor einem Jahr an den Markt gingen, haben viele gedacht, dass wir nur ein Energiehändler wären. Doch inzwischen haben wir schon mehrere Tochterunternehmen. Wir betreiben ein Windrad in Georgswerder und bauen zurzeit zwei weitere auf der Dradenau auf, die regenerativen Strom erzeugen. Zudem wissen Sie, dass wir ein Bürgersolarkraftwerk aufbauen, indem wir Dächer der Stadt mit Fotovoltaik ausrüsten. Die Hamburger können sich daran beteiligen. Sie sehen, wir setzen unseren Auftrag, eine ökologische, technisch zukunftsweisende und sich rechnende Energieversorgung zu schaffen, um.

Jetzt planen Sie bis 2020 mehr als 30 Blockheizkraftwerke. Wie will Hamburg Energie das finanzieren? Der Versorger macht ja noch nicht einmal Gewinne.

Beckereit:

Das kann nach einem Jahr auch keiner erwarten. Aber wir werden unserem Ziel, nach drei Jahren erstmals Gewinne zu schreiben, erreichen.

Wie das denn? Sie sind ja noch nicht einmal unter den fünf größten Stromversorgern in Hamburg.

Beckereit:

Wir haben immerhin schon 15 000 Strom- und 1500 Gaskunden. Da wir inzwischen jeden Monat nicht nur - wie erwartet - 1000 neue Kunden gewinnen, sondern 1200 bis 1400, werden wir zum Jahresende bereits 20 000 Strom- und 2000 Gasbezieher in unserer Kartei haben. Der Verlust für dieses Jahr wird übrigens geringer ausfallen, als wir gedacht haben. Der Umsatz wird bei 31 Millionen Euro liegen.

Vor einem Jahr haben Sie das ambitionierte Ziel verkündet, beim Strom nach Vattenfall noch vor LichtBlick die Nummer zwei in Hamburg zu werden. Davon sind Sie immer noch weit entfernt.

Beckereit:

Nicht so weit, wie Sie denken. Wir peilen für 2013 rund 80 000 bis 90 000 Kunden an. Dann hätten wir dieses Ziel erreicht.

In Hamburg kommt man derzeit kaum an Hamburg Energie vorbei. Sie schalten Anzeigen und Radiospots, haben auf Plakaten geworben. Wie viel investieren Sie jedes Jahr ins Marketing?

Beckereit:

Eine Million Euro. Wir müssen unser noch relativ junges Unternehmen bekannt machen. Schließlich ist Hamburg neben Berlin der am meisten umkämpfte Energiemarkt. Natürlich freuen wir uns, dass inzwischen zwei von zehn Hamburgern Hamburg Energie kennen, aber wir wollen auf das Verhältnis acht zu zehn kommen. Hamburg Energie soll der Versorger für die Hamburger werden.

Bei Blockheizkraftwerken ist Hamburg Energie ein Neuling und hat keinerlei Erfahrung.

Beckereit:

Das hatten wir auch nicht beim Thema Solarenergie. Doch unsere neue Tochter Hamburg Solar hat sich mit dem Unternehmen Interstrom zusammengetan, das die Expertise liefert. Im Bereich der Blockheizkraftwerke haben wir mit der Veolia-Tochter Dalkia ein Gemeinschaftsunternehmen gegründet, an dem wir 51 Prozent halten. Dalkia ist auf Blockheizkraftwerke spezialisiert. Wir warten jetzt noch auf die Zustimmung des Bundeskartellamts.

Wo soll in Hamburg noch Platz für Blockheizkraftwerke sein?

Beckereit:

Zum Beispiel in Neubaugebieten. Unser Partner Dalkia hat gerade in der HafenCity-Ost die Ausschreibung für die Wärmeversorgung gewonnen. Dort bauen wir gemeinsam ein Blockheizkraftwerk mit 32 Megawatt Leistung. Die ergäbe Wärme für 8000 Haushalte. Wir werden auch Büros und Gewerbebetriebe beliefern. Natürlich sprechen wir auch mit Wohnungsbaugesellschaften und Industriebetrieben über Blockheizkraftwerke, da gibt es noch genug Potenzial.

Warum sollten die angepeilten Kunden ihrem jetzigen Versorger kündigen und zu Ihnen wechseln?

Beckereit:

Die Wirtschaft und auch die Wohnungsgesellschaften wissen, dass sie den CO2-Ausstoß künftig senken müssen. Und Blockheizkraftwerke sind ökologisch viel sinnvoller als eine zentrale Versorgung über Großkraftwerke. Mit Kraftwärmekopplung kann man den bei der Wärmeproduktion entstehenden Strom auffangen und ins Stromnetz einspeisen. Bei Anlagen ohne diese Technik wird dieser Strom nicht genutzt. Das bedeutet eine riesige Energieverschwendung. Wenn wir die Wärmeversorgung der Stadt ausschließlich über Blockheizkraftwerke regeln könnten, würde der entstehende Strom ausreichen, um mehr als die Hälfte des Bedarfs von ganz Hamburg zu decken. So kämen wir dem Ziel der Stadt näher, bis 2050 den CO2-Ausstoß um rund 95 Prozent zu verringern.

Aber nur, wenn die neuen Anlagen mit regenerativer Energie betrieben werden. Können Sie das garantieren?

Beckereit:

Ja, denn unter Berücksichtigung der Klimaziele muss die Wärmeerzeugung auf alternativen Komponenten bestehen. Die Anlage in der HafenCity wird beispielsweise mit einer Brennstoffzelle und Wasserstoff angetrieben. Bei höherem Wärmebedarf werden Holzschnitzel verbrannt.

Künftig ist ja auch geplant, Biogas in Blockheizkraftwerken einzusetzen. Haben Sie keine Furcht davor, dass Biogas wegen der hohen Nachfrage immer knapper und teurer wird?

Beckereit:

Nein, denn wir stellen unser Biogas selbst her. Dazu bauen wir auf dem Gelände unseres Klärwerks Köhlbrandhöft für drei Millionen Euro eine Anlage, die Klärgas in netztaugliches Biogas umwandelt. Damit beliefern wir künftig auch unsere Kunden. Je nach Tarif werden wir ein oder zehn Prozent Biogas beimischen. Damit brauchen wir uns nicht zu verstecken.