Gericht verurteilt Ex-Banker für größten Spekulationsverlust

Paris. Jérome Kerviel wirkt im Gerichtssaal ein wenig, als sei er auf einer Beerdigung: schwarzer Anzug, schwarze Krawatte, die Arme vor dem Oberkörper verschränkt. Als der Richter das Urteil verkündet, schließt der 33-Jährige einen Moment lang die Augen. Ein Raunen geht durch den Pariser Gerichtssaal. Fünf Jahre Haft, davon zwei auf Bewährung. Das ist die Strafe für den Verursacher des größten Spekulationsverlustes aller Zeiten. Vor allem aber soll Kerviel Schadenersatz an seinen ehemaligen Arbeitgeber, die Großbank Société Générale, zahlen: die astronomische Summe von 4,9 Milliarden Euro. Eine eher symbolische Strafe, denn bei Kerviels letztem Monatsgehalt von 2300 Euro als Berater für ein Informatikunternehmen müsste er knapp 180 000 Jahre dafür arbeiten.

Richter wirft Kerviel die Gefährdung der Weltfinanzordnung vor

Der Vorsitzende Richter Dominique Pauthe befand Kerviel in allen drei Anklagepunkten für schuldig: Vertrauensmissbrauch, Fälschung und die betrügerische Eingabe von Daten in das Computersystem. "Jérome Kerviel war der Erfinder eines kohärenten Betrugssystem", sagte der Richter. Die zweitgrößte französische Bank habe "die betrügerischen Handlungen" von Kerviel nicht gekannt. Der Ex-Banker habe seine Kompetenzen überschritten, indem er ohne Wissen der Bank Spekulationen "gigantischen Ausmaßes" vorgenommen habe. Kerviel habe die Weltfinanzordnung in Gefahr gebracht. Obwohl sein Limit bei 125 Millionen Euro lag, hatte Kerviel mit bis zu 50 Milliarden Euro spekuliert und die Bank damit an den Rand des Ruins gebracht.

Der Angeklagte hatte in dem Prozess, der im Juni zu Ende ging, "Irrtümer" eingeräumt, aber das Geldhaus für seine Spekulationen verantwortlich gemacht. Seine Vorgesetzten hätten nicht nur von seinen Geschäften gewusst, sondern ihn auch dazu ermutigt. Es sei ihm nur darum gegangen, "Geld für die Bank zu verdienen". Sein Anwalt kündigte Berufung an und sprach von einem "völlig übertriebenen Strafmaß".

Kerviel sei sich seines Vergehens durchaus bewusst gewesen, meinte hingegen der Richter. Er verwies auf einen Chat zwischen Kerviel und einem Kollegen, der ihm damals empfahl, er solle dringend mal Urlaub machen. "Im Knast", schrieb Kerviel mit einer Portion Sarkasmus zurück. Dies dürfte sich nun bewahrheiten.