Christoph Franz wird zum 1. Januar Nachfolger von Wolfgang Mayrhuber als Lufthansa-Chef. Milliarden für neue Jets

Hamburg. Ruhig und gesittet geht der Führungswechsel über die Bühne. Das ist in dieser Zeit nicht bei jedem Konzern der Fall. Christoph Franz, 50, wird zum 1. Januar Nachfolger von Wolfgang Mayrhuber, 63, als Vorstandsvorsitzender der Lufthansa. Das entschied gestern in Hamburg der Lufthansa-Aufsichtsrat unter Vorsitz des früheren Konzernchefs Jürgen Weber. Franz leitet bislang den wichtigsten Geschäftsbereich Passage.

Auf den neuen Chef der Kranichlinie kommt viel Arbeit zu. Vor allem das defizitäre Europageschäft macht dem Luftfahrtkonzern derzeit Probleme. Für das erste Halbjahr 2010 war durch die Folgen der Weltwirtschaftskrise ein Verlust von 104 Millionen Euro aufgelaufen. Mittlerweile arbeitet das Unternehmen zwar wieder profitabel. Diesen Trend aber muss Franz stabilisieren. Er hat bereits angekündigt, dass die Lufthansa im Rahmen des Programms Climb 2011 die jährlichen Kosten um eine Milliarde Euro senken soll.

Wie seine Vorgänger kommt auch Franz aus den Reihen der Lufthansa

Franz hat bei der Lufthansa Karriere gemacht, ebenso wie seine Vorgänger Mayrhuber und Weber. "Das ist eine für die Lufthansa typische, konsensorientierte Nachfolgelösung", sagte der Hamburger Luftfahrtexperte Cord Schellenberg dem Abendblatt. Zu Beginn des vergangenen Jahrzehnts machte Franz einen Abstecher zur Deutschen Bahn, der ihm allerdings keinen Erfolg brachte. Nach schweren Querelen um die Einführung des neuen Preissystems musste er wieder gehen. Zurück bei der Lufthansa, empfahl er sich mit der Sanierung der übernommenen Fluggesellschaft Swiss für höhere Aufgaben. 2009 rückte Franz in den Konzernvorstand ein, nun übernimmt er die Führung. Seine Position als Chef des Geschäftsbereichs Passage besetzt Carsten Spohr, 43, bislang Chef der Frachtflugtochter Lufthansa Cargo. Er steigt zugleich in den Konzernvorstand auf. Viele Beobachter des Unternehmens halten ihn jetzt bereits für den möglichen Nachfolger von Franz.

Konzernchef Mayrhuber steht seit 2003 an der Spitze der Lufthansa. Er hat das Unternehmen mit ruhiger Hand durch schwere Krisen geführt. Rund um den Irak-Krieg im Jahr 2003 brach das Geschäft ein, nur eineinhalb Jahre nach den verheerenden Terroranschlägen in den USA am 11. September 2001. Dieses Ereignis hatte die gesamte Branche schwer belastet. Nach der Erholung des Luftfahrtgeschäfts zur Mitte des vergangenen Jahrzehnts traf die Weltwirtschaftskrise die Fluglinien von 2008 an erneut voll. Im vergangenen Jahr schloss die Lufthansa mit einem Verlust von 112 Millionen Euro ab.

Mayrhubers Amtszeit ist daneben vor allem durch Expansion geprägt. Er kaufte Fluggesellschaften wie Austrian Airlines, Swiss oder British Midland und bot den anderen großen europäischen Fluglinien British Airways und Air France-KLM damit Paroli. Allerdings muss vor allem die verlustträchtige österreichische Tochter Austrian Airlines noch saniert werden. "Mayrhubers Expansionsstrategie muss sich erst noch bewähren", sagte Schellenberg. Es sei durchaus denkbar, dass British Midland nach einiger Zeit wieder verkauft werde, weil nicht deutlich sei, wie das Unternehmen zur Lufthansa passe.

Im Fokus des neuen Konzernchefs dürfte aber zunächst die Senkung der Kosten und die Sanierung des Europageschäfts stehen. Vor allem die sogenannten dezentralen Flüge, die nicht die Lufthansa-Knotenpunkte München und Frankfurt berühren, gelten als defizitär. "In Mayrhubers Amtszeit wurde das durchaus erkannt", sagte Schellenberg, "aber noch nicht im erforderlichen Maß angegangen. Der Passagier hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verändert. Auf den Langstrecken will er nach wie vor Komfort und zahlt dafür auch einen guten Preis. Auf der Kurzstrecke aber geht es mehr denn je um das billige Ticket."

Billigflieger und Konkurrenten wie Emirates erhöhen den Konkurrenzdruck

Der künftige Konzernchef Franz hat dieses Problem bereits formuliert: "Unsere Organisation ist manchmal so komplex, dass wir den Wind des Wettbewerbs nicht mehr hören", sagte er kürzlich. Das wurde als klare Kritik auch an Mayrhuber verstanden.

Die traditionsreiche Lufthansa steht von zwei Seiten aus unter Druck: Billigflieger wie Ryanair, Air Berlin oder Easyjet setzen dem Unternehmen auf den Kurzstrecken in Europa zu. Interkontinental erhöhen aufstrebende Linien wie Emirates das Tempo des Wettbewerbs - mit stark wachsenden Flotten modernster Maschinen wie etwa dem Riesenjet Airbus A380. Die Lufthansa, sagt Schellenberg, habe die Herausforderung zwar angenommen. Aber die - nötige - Reduktion der Kosten allein reiche nicht aus, um das Ergebnis zu verbessern: "Die Lufthansa muss sicher verstärkt auch überlegen, welche Leistungen sie ihren Kunden zusätzlich verkaufen kann, die bislang billig oder gratis sind."

Als Aufbruchsignal für den Neuen bei Lufthansa kann gewertet werden, dass der Konzern gestern die Bestellung von 48 neuen Jets für einen Listenpreis von 3,5 Milliarden Euro bekannt gab.