Standort Hamburg gut positioniert - doch zunehmender Wettbewerb aus dem Ausland bedroht kleine Zulieferer

Hamburg. Die mehr als 40 000 Airbus-Beschäftigten in Hamburg und dem Umland, bei den Flugzeugzulieferern und am Flughafen haben offenbar hervorragende Jobperspektiven. Die Metropolregion sei im Luftfahrtsektor hervorragend positioniert und habe beste Aussichten, vom Wachstum der Branche weiter zu profitieren. Zu diesem Ergebnis kommt eine gemeinsame Untersuchung der HSH Nordbank und des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI).

In den nächsten 20 Jahren werden bis zu 31 000 neue Flugzeuge benötigt

"Für die nächsten zehn bis 15 Jahre erwarten wir eine Zunahme des weltweiten Passagieraufkommens um sechs Prozent pro Jahr", sagte Michael Bräuninger, Konjunkturchef des HWWI. "Das führt zu einem erheblichen Bedarf an neuen Flugzeugen." Den Prognosen von Airbus und Boeing zufolge liegt die Nachfrage in den nächsten 20 Jahren bei 25 000 bis 31 000 Maschinen.

Zwar unterliegt der Luftfahrtmarkt starken Schwankungen, wie sich in der Vergangenheit immer wieder gezeigt hat. "Die Branche hat aber wesentlich dazu beigetragen, Hamburgs Wirtschaft in der jüngsten Krise zu stabilisieren", so Bräuninger. Während der Umsatz im verarbeitenden Gewerbe der Metropolregion im Jahr 2009 um 30 Prozent einbrach, steigerte die Luft- und Raumfahrt ihre Erlöse um rund ein Fünftel auf knapp sieben Milliarden Euro. Wegen der langen Vorlaufzeiten zwischen Bestellung und Produktion konnte Airbus die Zahl der Auslieferungen in der Krise sogar ausweiten.

Auch auf längere Sicht kann die Luftfahrt eine sehr positive Bilanz vorweisen: Vom Jahr 2000 bis Ende 2009 kletterte die Mitarbeiterzahl in der Flugzeugindustrie der Metropolregion um 41 Prozent auf gut 20 000 Personen, im gleichen Zeitraum sank die Beschäftigung in der gesamten Industrie des Raumes um 15 000 auf gut 80 000 Arbeitnehmer ab. Der Anteil der Luftfahrt am Umsatz des verarbeitenden Gewerbes hat sich in diesen Jahren von sechs auf 13 Prozent mehr als verdoppelt.

Aktuell gehört Hamburg zu den fünf wichtigsten Luftfahrtstandorten der Welt; neben der Hansestadt und dem Airbus-Hauptsitz Toulouse sind dies Seattle (USA, Boeing), Montréal (Kanada, Bombardier) und Sao José dos Campos (Brasilien, Embraer).

Zulieferer im Norden werden ihre Kräfte stärker bündeln müssen

"Bisher ist die Hamburger Luftfahrtindustrie auch aufgrund ihrer praxisbezogenen Forschungs- und Innovationsaktivitäten sehr gut gerüstet, um im internationalen Wettbewerb weiter bestehen zu können", sagte Dirk Gojny, Leiter Research der HSH Nordbank.

Doch es gibt auch Herausforderungen: Nahezu alle der rund 300 Zulieferer am Standort Hamburg sind kleinere Firmen. Zwar zeichnen sie sich laut Bräuninger durch hohe Flexibilität und Innovationskraft aus, aber es werde von ihnen zunehmend verlangt, neue Entwicklungen selbst vorzufinanzieren - ähnlich wie schon in der Automobilindustrie. Gleichzeitig nehme die Konkurrenz durch finanzstarke ausländische Zulieferer zu. "Für viele der kleinen Firmen könnte es schwierig werden, eigenständig im globalen Wettbewerb zu bestehen", so Bräuninger. Nötig sei eine stärkere Kooperation, außerdem werde es voraussichtlich mehr Zusammenschlüsse geben.

Eine Herausforderung für den Standort Hamburg stellen auch die neuen Passagierflugzeugprojekte aus China, Japan und Russland dar - aber erst auf längere Sicht. "Es dürfte noch mehr als zehn Jahre dauern, bis solche Jets auf dem internationalen Markt größere Bedeutung gewinnen", erwartet der HWWI-Experte. "Die etablierten Hersteller haben weltumspannende Wartungsnetze, neue Anbieter müssten solche Netze erst einmal aufbauen", erklärte Angela Behrend-Görnemann, Leiterin des Flugzeugfinanzierungsgeschäfts der HSH Nordbank.

Sparsamere Jets sorgen langfristig für stabile Flugpreise

Trotz der Belastungen durch die neue Flugticketsteuer und Zusatzkosten für den CO2-Emissionshandel werden aber dank immer sparsamerer Jets die Flugpreise im langfristigen Trend nicht steigen, sondern stabil bleiben - so enthält die Studie auch noch eine gute Nachricht für die Passagiere.