Die Zahl der Arbeitslosen bleibt nahezu konstant. Mehr als 1400 Ausbildungsplätze in der Hansestadt sind noch nicht besetzt.

Hamburg. Die Zeitarbeit wird immer mehr zur Lokomotive für den Aufschwung. Das gilt auch für die Hansestadt. So hat nach einem Plus von zwölf Prozent im Mai die Zahl der Zeitarbeiter im Juni im Jahresvergleich sogar um 17 Prozent zugelegt - der stärkste Zuwachs über alle Branchen in der Stadt. "Gesucht werden Beschäftigte aus allen Bereichen. Das reicht von Hilfskräften bis zu Fachleuten. Für die Hansestadt ist das der Renner", sagte der Chef der Hamburger Arbeitsagentur, Rolf Steil, gestern in Hamburg . Die Zeitarbeitsfirmen in der Hansestadt wollen ihre Belegschaften derzeit beispielsweise mit Malern, Elektroinstallateuren, Gabelstaplerfahrern oder Krankenpflegern aufstocken. Der Aufwärtstrend, ist Steil sich sicher, werde anhalten.

Noch stärker als in Hamburg boomt die Branche bundesweit. So liegt die Zahl der Zeitarbeiter um fast 33 Prozent höher als im Juni 2009. Nach dem Tiefstand von 580 000 Beschäftigten im April 2009 haben nach den Zahlen des Bundesverbandes wieder 826 000 Zeitarbeiter einen Job. "Damit wird der Stand von vor der Krise um 3000 übertroffen", so Verbandssprecher Michael Wehran. Folge der günstigeren Lage: Mit 3,188 Millionen Menschen waren bundesweit im August 283 000 Menschen weniger arbeitslos als im Vorjahr und 4000 weniger als im Juli.

Der Zuwachs bei den Leiharbeitsfirmen gilt als verlässliches Zeichen für anhaltendes Wachstum. "Wir erleben hier derzeit die größte Dynamik am Arbeitsmarkt. Sie zeigt, dass ein selbsttragender Aufschwung eingesetzt hat", urteilt Michael Bräuninger, der Konjunkturchef des Hamburgischen WeltwirtschaftsInstituts (HWWI). Die Chancen für Arbeitslose stehen so schlecht nicht. Allerdings bleibt nach einer Studie des zur Bundesarbeitsagentur zählenden Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung allenfalls jeder fünfte Zeitarbeiter nach einer Anstellung dauerhaft beschäftigt.

Insgesamt erwartet sowohl das HWWI als auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin - saisonbereinigt - in diesem Jahr keinen weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit. "Es gibt zwar noch die Risiken durch die schwache Konjunktur in den USA, die hohe Verschuldung auch in Europa und die auslaufenden Konjunkturprogramme. Das kann die deutsche Wirtschaft aber verkraften", ist HWWI-Experte Bräuninger sich sicher. Zum Hintergrund: Durch die steigende Beschäftigung und die sicheren Jobs würden die Menschen wieder mehr konsumieren, sagt DIW-Experte Christian Dreger voraus. Das Berliner Institut rechnet damit, dass die bundesweite Arbeitslosenquote für 2010 bei 7,7 Prozent und für 2011 bei 7,5 Prozent liegen wird. Im vergangenen Jahr hatte sie noch 8,2 Prozent betragen.

Schon im Herbst, glaubt Arbeitsagentur-Vorstand Heinrich Alt, könnten weniger als drei Millionen Menschen von Arbeitslosigkeit betroffen sein. Im August betrug die Quote unverändert 7,6 Prozent und liegt damit weiter unter den Niveau von Hamburg mit ebenfalls konstanten 8,1 Prozent.

In der Hansestadt waren im vergangenen Monat zwar 75 170 Menschen und damit 388 mehr als im Juli arbeitslos. Doch diese Entwicklung macht Agenturchef Steil vor allem an den gerade erst zu Ende gegangenen Sommerferien fest. In dieser Zeit werden üblicherweise nur wenige Einstellungen vorgenommen. Im Vergleich zum Vorjahr liegt die Zahl der Arbeitslosen um 5500 oder 6,8 Prozent niedriger. Gleichzeitig hat sich die Zahl der Kurzarbeiter auf 5000 bis 6000 vermindert, nachdem auf dem Höhepunkt der Krise noch 16 000 Beschäftigte mit dem geringeren Einkommen auskommen mussten.

"Die Hamburger Arbeitsmarktpolitik ist auf dem richtigen Weg", versichert Ian Karan, der neue Wirtschaftssenator der Hansestadt. So sei die Arbeitslosigkeit unter den Jugendlichen um knapp 18 Prozent zurückgegangen, und die Zahl der neuen Lehrverträge liege über dem Vorjahr. Die Chancen sind derweil nicht schlecht, im Herbst mit einer Lehre beginnen zu können. Denn den mehr als 1400 offenen Ausbildungsplätzen stehen 1200 noch nicht vermittelte Jugendliche gegenüber. "Auch Hauptschüler mit einem durchschnittlichen Zeugnis haben eine Chance", so der Arbeitsagentur-Chef.

Arbeitgeber würden oftmals auch über schlechtere Zensuren hinwegsehen, wenn der Bewerber auf ein Engagement bei Musik, Sport, im sozialen Bereich oder auch in der Familie hinweisen könne. "Es hat aber häufig wenig Sinn, nach der Hauptschule noch einen mittelmäßigen Realschulabschluss zu machen", sagte Steil. "Das erweise sich oft als "verschenkte Zeit".

Insgesamt zeigt sich der Chef der Arbeitsagentur inzwischen davon überzeugt, dass die Krise am Arbeitsmarkt überwunden ist. Die bessere Wirtschafts- und Beschäftigungslage hat für ihn jedoch auch einen Nachteil. So werden im kommenden Jahr die Ausgaben für die Arbeitsförderung niedriger ausfallen - eine Folge auch des Konsolidierungskurses der Regierung. Erste Eckdaten, um wie viel die für 2010 zur Verfügung gestellte Summe von 150 Millionen Euro sinken wird, erwartet Steil Ende September.