Der US-Autobauer steht kurz vor dem Börsengang. Hohe Investitionen in Deutschland geplant. Geld-zurück-Garantie für Opel-Mitarbeiter.

Hamburg. Einer der weltweit größten Börsengänge rückt näher. Die amerikanische Opel-Mutter General Motors (GM) hat die notwendigen Unterlagen für eine Notierung der Aktien fertiggestellt und will sie nun bei der US-Börsenaufsicht einreichen. Der Autobauer, der im Zuge der Finanzkrise in die Insolvenz ging, könnte bei einem Börsengang bis zu 20 Milliarden Dollar (15,5 Milliarden Euro) für seinen Neuanfang einsammeln. Im Vorfeld hat das Unternehmen sich attraktiv gemacht und für das zweite Quartal einen Gewinn von 1,3 Milliarden Dollar ausgewiesen. Doch GM braucht mehr Geld, denn der Autobauer muss in neue Modelle investieren, um wieder weltweit Anschluss an den Markt zu finden.

Ein neuer Kleinwagen soll das Stadtflitzer-Segment aufmischen

Allein in Deutschland sollen bis einschließlich 2014 insgesamt elf Milliarden Euro ausgegeben werden, um 80 Prozent der Opel-Modellpalette zu modernisieren. GM plant unter anderem einen neuen Kleinwagen unterhalb der Corsa-Klasse, der das stark wachsende Segment der kleinen Stadtflitzer aufmischen soll. Bei der Tochter Opel ist das Unternehmen, das sich intern New GM (neue GM) nennt, einen ungewöhnlichen Weg gegangen. So hat sich der US-Konzern mit den Opel-Mitarbeitern auf ein Sanierungspaket geeinigt. Darin sagt die Belegschaft Einkommenseinbußen von jährlich 265 Millionen Euro zu. Anders als viele andere klamme Firmen hat GM versichert, dass das eingesparte Geld nicht in den laufenden Betrieb fließt, sondern tatsächlich für Neuentwicklungen ausgegeben wird. Innerhalb der nächsten fünf Jahre kommen so 1,1 Milliarden Euro zusammen. Das Geld liegt auf einem Treuhandkonto, und falls GM nicht investiert, fließt es an die Mitarbeiter zurück.

Bei Opel ist man offenbar von den Entscheidungen der US-Mutter begeistert. Der Autobauer hat bei der Neustrukturierung des Konzerns mehr unternehmerische Verantwortung erhalten. So gehören nun alle europäischen GM-Werke zum Bereich der Rüsselsheimer. "Auch die Forschung und die Entwicklung werden ausgebaut", sagte Opel-Sprecher Andreas Kroemer dem Abendblatt. "Wir haben gerade 250 neue Ingenieure dafür eingestellt." Dennoch gibt es auch negative Nachrichten für die Belegschaft. Im Werk Bochum sollen 1800 Stellen wegfallen. Das Unternehmen will den Mitarbeitern den Abschied mit Abfindungen versüßen. Ein 50-Jähriger mit 24 Jahren Berufserfahrung und 3000 Euro Monatsgehalt kann mit einer Abfindung von rund 100 000 Euro rechnen.

Der US-Autobauer, der im Juni 2009 Insolvenz anmelden musste, gehört heute zu 61 Prozent dem US-Staat. Damals brauchte GM 50 Milliarden Dollar, die Regierung sprang ein, GM stand plötzlich ohne Schulden da und hatte nach Werksschließungen Tausende Mitarbeiter weniger in den USA.

Nach langem Poker ging Opel nicht an Magna, sondern blieb bei GM

Danach kamen Monate mit peinlichem Poker um weitere Finanzhilfen . GM bot der Politik Jobgarantien bei Opel und der britischen Schwesterfirma Vauxhall an, um Hilfen zu bekommen. Doch die Bundesregierung und weitere europäische Staaten winkten schließlich ab, und GM entschloss sich, Opel an den kanadisch-österreichischen Autozulieferer Magna zu verkaufen. Damit sollte frisches Geld in die GM-Kasse gespült werden. Dann die überraschende Kehrtwende: Nachdem absehbar war, dass der weltweite Automarkt sich wieder leicht erholen würde, gaben die Amerikaner Magna einen Korb und beschlossen, die deutsche Tochter in Eigenregie zu sanieren. Europäische Marken wie Saab wurden verkauft, Werke in Europa geschlossen.

Das Ergebnis zeigte sich prompt, schon im Mai kündigte Chef Ed Whitacre an, er sehe eine "gute Chance", den ersten Gesamtjahresgewinn seit 2004 vorzulegen. Der 68-Jährige hat inzwischen seinen Rücktritt angekündigt. Sein Nachfolger soll Daniel Akerson, 61, werden. Doch genau in dieser Personalpolitik sehen Experten ein Risiko für den Neuanfang von GM.

Jüngeres Management und neue Modelle dringend benötigt

"GM wird seine Aktien beim Börsengang mit Sicherheit platzieren und auch das Staatsgeld zurückzahlen können", sagte der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. "Doch jetzt ist es wichtig, das neue Gebäude auf ein stabiles Fundament zu setzen, und dazu braucht es auch ein neues Management und keine Manager, die sowieso nur als Zwischenlösung gedacht waren wie Whitacre oder aus Altersgründen bald aufhören wie sein Nachfolger."

Auch auf die Qualität müsse geachtet werden. Erst gestern trübte ein Rückruf das gute Bild, das GM vor seiner Rückkehr an die Börse ablieferte. Der Autobauer ruft in den USA 243.000 Geländewagen in die Werkstätten, weil die Sicherheitsgurte auf der Rückbank zum Teil nicht schließen.