Bundesnetzagentur spricht von “Anzeigenflut“ empörter Bürger

Hamburg/Bonn. Die Anruferin meldete sich mit dem klangvollen Namen Lara Stern. Sie versprach ihrem arglosen Opfer einen Gewinn von 45 000 Euro. Voraussetzung: Der Angerufene sollte sich unter einer teuren 0900-Nummer zurückmelden. Einen Gewinn gab es da nicht zu holen - stattdessen aber eine saftige Telefonrechnung von teils mehreren Hundert Euro.

Diese Nummer hat die Bundesnetzagentur mittlerweile abgestellt, das Problem aber nicht. Ganz im Gegenteil: Die Bonner Aufsichtsbehörde werde wegen unlauterer Geschäftspraktiken am Telefon inzwischen von einer "Anzeigenflut" empörter Bürger überschwemmt, wie die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf einen Bericht der Netzagentur berichtete. Die Behörde kritisierte Polizei und Justiz, die selbst bei großen Betrugsfällen nicht durchgriffen. Viele Ermittlungsverfahren würden "sanktionslos" eingestellt - eine "untragbare Situation". Dem Bericht zufolge gingen bei ihr von Januar bis April 2010 mehr als 66 000 Beschwerden wegen Telefonbetrügereien ein. Das sei ein neuer Rekord: In den ersten vier Monaten des Vorjahres gab es demnach nur 14 000 Eingaben.

In Hamburg beschwerten sich seit Mai mehr als 1000 Menschen

Fast die Hälfte der aktuellen Beschwerden bezog sich auf Betrügereien mit 0900-Nummern. Die übrigen Anzeigen beträfen Firmen, die Bürger anriefen, um etwa Gewinnspiele zu verkaufen. Solche Werbeanrufe sind illegal, sofern die Verbraucher nicht ausdrücklich ihre Erlaubnis erteilt haben.

Das wachsende Problem mit den Sprachrobotern, die zu Rückrufen unter teuren Nummern auffordern, registrierte auch die Hamburger Verbraucherzentrale. Mehr als 1000 Menschen hätten sich seit Mai über missbräuchliche Anrufe beschwert, sagte Günter Hörmann, Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Hamburg, dem Abendblatt. Er fordert deshalb strengere Regeln bei der Vergabe jener Mehrwertdienstnummern: "So könnten schon im Vorfeld Anrufe, in denen Verbraucher am Telefon aufgefordert werden, eine kostenpflichtige Nummer anzurufen, unterbunden werden."

Die Vollstreckung von Bußgeldern läuft regelmäßig ins Leere

Wie die Bundesnetzagentur berichtet, agieren die hinter diesen Betrügereien steckenden Firmen "mit erheblicher krimineller Energie". An die mutmaßlichen Täter kommt die Netzagentur dem Bericht zufolge meist gar nicht heran. Viele Hintermänner säßen im Ausland, wo sie Scheinfirmen gegründet hätten. Versuche, Bußgelder zu vollstrecken, liefen regelmäßig "ins Leere".

Deshalb fordert die Behörde die Einrichtung einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft, die bundesweit gegen den Telefonbetrug vorgehen soll. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser- Schnarrenberger (FDP) kündigte an, Telefonbetrügern das Handwerk zu legen. Falsche Gewinnversprechen von Betrügern am Telefon seien "ganz klar" strafbar, sagte sie der "Süddeutschen Zeitung". Sie forderte rasche Aufklärung, warum die Täter bislang kaum zur Rechenschaft gezogen werden.