Hamburg/London. Carl-Henric Svanberg holte inhaltlich weit aus: Die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko bringe BP an einen "Scheideweg", sagte der Aufsichtsratschef gestern angesichts des bevorstehenden Führungswechsels. BP werde weiterhin ein starker Konzern bleiben. "Aber es wird ein anderes Unternehmen mit einer neuen Führungskultur sein."

Der Neue an der Spitze steht in der Tat für eine Zäsur. Robert Dudley, 54, ist der erste Nicht-Brite in der 102-jährigen Geschichte von British Petroleum und dessen Vorgängerunternehmen. BP ist eine britische Institution, dessen Chef es - wie Dudleys Vor-Vorgänger John Browne - auch schon mal zum Lord im britischen Oberhaus bringt.

Britische Interessen und diejenigen von BP waren schon allzu oft deckungsgleich. So ist es auch jetzt. Aber in dieser Situation kann BP keinen besseren Kandidaten aufbringen als den US-Bürger Dudley, der in New York geboren wurde und im US-Südstaat Mississippi aufwuchs. "Bob hat tiefgehendes Verständnis und Verbundenheit mit der Golfküste", sagt Tony Hayward, der die Führung von BP zum 1. Oktober an Dudley übergeben soll.

Es wird Dudleys wichtigste Aufgabe sein, die US-Regierung und die Behörden vor Ort zu besänftigen, die Folgekosten für den Konzern in Grenzen zu halten und damit die Unabhängigkeit von BP zu sichern. Dafür ist er, der als besonnener Kommunikator gilt, die in vieler Hinsicht ideale Besetzung: Er kennt die USA, BP und die Ölindustrie in vielen Ländern der Welt. Seit 30 Jahren arbeitet Dudley in der Ölbranche. Zu BP kam er 1998, als der britische Konzern den US-Konkurrenten Amoco übernahm. Zu Beginn des vergangenen Jahrzehnts baute er das britisch-russische Gemeinschaftsunternehmen TNK-BP mit auf. Von 2003 bis 2008 hielt er sich als TNK-BP-Chef, bevor ihn die russischen Miteigner mithilfe des Kreml aus dem Amt drängten.

Über die Krise im Golf von Mexiko hinaus wird es aber auch darum gehen, wie BP in den kommenden Jahren ausgerichtet werden soll. Konzernchef Browne hatte BP seit dem Ende der 1990er-Jahre das Image eines fortschrittlichen Unternehmens verpasst, das den erneuerbaren Energien und dem Strukturwandel in der Energiewirtschaft aufgeschlossen gegenübersteht. "Beyond Petroleum", nach dem Erdöl, wurde neben einer stilisierten Sonne im Firmenemblem zur neuen Chiffre von British Petroleum. Hayward präsentierte sich hingegen als kerniger Ölmann. Wie sich Dudley positionieren will, hat er bislang nicht gesagt.