Um bis zu fünf Prozent steigen die Tarife für Haftpflichtversicherungen. Kunden haben ein außerordentliches Kündigungsrecht.

Hamburg. Wer in den nächsten Wochen Post von seiner Versicherung bekommt, sollte genau hinschauen. Denn die jährliche Rechnung für die Haftpflichtversicherung kann eine Beitragserhöhung von bis zu fünf Prozent enthalten. "Unsere Empfehlung an die Mitgliedsunternehmen geht dahin, die Beiträge anzupassen, weil die durchschnittlichen Schadenaufwendungen gestiegen sind", sagt Katrin Rüter de Escobar vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Damit wird nach der Kfz-Versicherung eine weitere Sachversicherung für die Verbraucher in diesem Jahr teurer.

Eine Haftpflichtversicherung kommt für Schäden auf, die der Versicherte bei fremden Personen anrichtet, und wird von Verbraucherschützern dringend empfohlen. Führende Haftpflichtversicherer sind der Empfehlung ihres Spitzenverbandes gefolgt und haben die Beiträge zum 1. Juli erhöht, ergab eine Umfrage des Abendblatts. Die Kunden erfahren erst davon, wenn ihr Vertrag wieder fällig wird, also die in der Regel einjährige Laufzeit abgelaufen ist und eine automatische Verlängerung ansteht - sofern der Vertrag nicht vorher gekündigt wurde. So verlangt die Generali fünf Prozent mehr für ihre Haftpflichtversicherung. "Das gilt auch für Kunden, die ihren Vertrag bei der früheren Volksfürsorge abgeschlossen haben", sagt Generali-Sprecher Michael Segal. Auch die HUK bestätigt Beitragserhöhungen von fünf Prozent. "Betroffen sind die Verträge von HUK Allgemeine und des Direktversicherers HUK24", sagt Unternehmenssprecher Stefan Eichhorn. Beamte und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, die ihre Verträge bei der HUK Coburg abgeschlossen haben, kommen dagegen ungeschoren davon. Die Beiträge für die private Haftpflichtversicherung steigen auch um fünf Prozent bei der Gothaer, HDI-Gerling und bei der R + V Versicherung, wie die Unternehmen bestätigten. Bei der Axa sind von den Beitragserhöhungen nur Verträge betroffen, die vor 2005 abgeschlossen wurden. "Neuere Verträge enthalten eine entsprechende Klausel zur Beitragsanpassung nicht mehr und sind deshalb auch nicht betroffen", sagt Axa-Sprecherin Sabine Friedrich.


Für die meisten Versicherten gelten die Allgemeinen Haftpflichtversicherungsbedingungen (AHB). "Dort ist in Paragraf 8 geregelt, unter welchen Bedingungen die Prämien angehoben werden dürfen", sagt Bianka Bobell vom Bund der Versicherten. Jährlich wird von einem unabhängigen Treuhänder ermittelt, um welchen Prozentsatz sich der Durchschnitt der Schadenzahlungen gegenüber dem Vorjahr erhöht oder vermindert hat. Für die Branche wurde ein Wert von 4,4 Prozent ermittelt, wie aus einem Schreiben des Treuhänders Ernst & Young hervorgeht, das dem Abendblatt vorliegt. Nach einem komplizierten Berechnungssystem werden damit Beitragserhöhungen von bis zu fünf Prozent möglich. Branchenexperten gehen davon aus, dass die meisten Versicherer diesen Spielraum ausreizen werden, auch wenn die Schaden-Kosten-Quote, also das Verhältnis von Prämieneinnahmen und Ausgaben für Schäden, in der Haftpflichtversicherung bei 86 Prozent liegt. Erst eine Quote von mehr als 100 Prozent wie in der Autoversicherung zeigt, dass die Prämieneinnahmen nicht mehr ausreichen, um die Schäden zu begleichen.

Da der Schadenaufwand nur für die Branche allgemein und nicht bei jeder Assekuranz konkret erhoben wird, kann es Versicherer geben, deren Schadenaufwendungen nicht gestiegen sind. "Keine Versicherung ist gezwungen, die Beiträge zu erhöhen", sagt Bobell. So erhöhen die VHV Versicherungen ihre Prämien nicht. Das Gleiche hat die Continentale entschieden. "Aus kaufmännischer Sicht ist der Verzicht auf eine Anpassung in den Continentalen-Tarifen vertretbar", sagt Continentale-Vorstand Stefan Andersch.


Auf den Rechnungen müssen die Versicherer ihre Kunden auf die Beitragserhöhung hinweisen. "In diesem Fall haben die Kunden ein außerordentliches Kündigungsrecht", sagt Bobell. Spätestens einen Monat nach Mitteilung über die Erhöhung muss dem Versicherer die Kündigung zugehen. Auch ein geänderter Leistungsumfang kann ein Grund sein, sich nach einem neuen Anbieter oder Tarif umzusehen. "Die Deckungssumme sollte mindestens drei Millionen Euro betragen und Vermögensschäden von 100 000 Euro abgesichert sein", sagt Bobell. Für Familien spielt die Deliktunfähigkeit bei Kindern eine Rolle. Bis zum Alter von sieben Jahren können Kinder für Schäden nicht verantwortlich gemacht werden. Im Straßenverkehr gilt sogar eine Altersgrenze von zehn Jahren. "Dennoch ist es für die Eltern angenehmer, wenn von ihren Kindern verursachte Schäden von der Versicherung ersetzt werden, etwa wenn sie beim Nachbarn entstanden sind", sagt Bobell. "Deshalb sollte diese Leistung mindestens bis 20 000 Euro Schadensumme mit in der Haftpflichtversicherung enthalten sein."

Ein ausreichender Risikoschutz für eine Familie mit einer Deckungssumme von fünf Millionen Euro ist ab 54 Euro im Jahr erhältlich (siehe Tabelle). Daniel Friedheim vom Vergleichsportal Check24 rät dabei von einer Selbstbeteiligung ab. "Denn das führt nicht zu signifikanten Prämieneinsparungen." Trotz Prämienerhöhung sei der Wettbewerb stark, sodass sich für Wechsler viele attraktive Angebote finden.