Milliardenschwere Übernahme: Klinikonzern kauft sich beim Wettbewerber Rhön ein, den eigentlich Konkurrent Fresenius übernehmen will.

Hamburg. Die milliardenschwere Übernahme des Rhön-Klinikums durch den Gesundheitskonzern Fresenius droht am Hamburger Konkurrenten Asklepios zu scheitern. Der Klinikbetreiber aus der Hansestadt kaufte sich kurz vor Ablauf der Übernahmefrist überraschend mit gut fünf Prozent bei Rhön ein und macht Fresenius damit einen Strich durch die Rechnung. "Wir sind ein langfristig orientiertes Familienunternehmen, und wir wollen uns bei Rhön-Klinikum alle Gestaltungsmöglichkeiten offenhalten", sagte ein Asklepios-Sprecher gestern. An der Börse brachen die Aktien von Rhön-Klinikum so stark ein wie noch nie, auch die Fresenius-Titel gaben deutlich nach.

Fresenius wollte gestern bis Mitternacht mehr als 90 Prozent der Rhön-Aktien einsammeln, damit die 3,1 Milliarden Euro schwere Übernahme gelingt. Diese Hürde hat sich Fresenius-Chef Ulf Schneider gesetzt, weil diese Zustimmungsquote in der Rhön-Satzung für alle wichtigen Entscheidungen vorgesehen ist. Dass dieses Ziel nach dem Asklepios-Einstieg noch zu schaffen ist, ist nach Einschätzung von Experten nun sehr unwahrscheinlich.

+++ Hamburger Klinik-Konzern Asklepios bietet für Rhön +++

+++ Klinikbetreiber Asklepios büßt Gewinn ein +++

Asklepios, Rhön und die Fresenius-Tochter Helios sind die größten privaten Klinikbetreiber in Deutschland - durch einen Zusammenschluss von Rhön und Helios würde ein unangefochtener Marktführer mit einem Marktanteil von geschätzt acht Prozent entstehen. In der Krankenhausbranche wurde deshalb seit Langem spekuliert, ob die Rivalen Asklepios oder Sana die Übernahme verhindern, indem sie bei Rhön einsteigen. Wie viele Rhön-Aktionäre ihre Papiere verkauft haben und ob die Übernahme gelingt, wird frühestens am Freitag bekannt gegeben.

Fresenius will an seinem Übernahmeplan festhalten, sagte ein Fresenius-Sprecher: "Fresenius hat keine Information bezüglich einer konkurrierenden Offerte und ist nicht aufgefordert worden, den Angebotspreis zu erhöhen." Investoren gehen davon aus, dass die Übernahme scheitert. Die Rhön-Aktie brach nach der Mitteilung um rund zwölf Prozent auf 18,52 Euro ein. Fresenius hat 22,50 Euro je Aktie geboten. Auch Branchenexperten halten es für unwahrscheinlich, dass der Deal noch gelingt. "Asklepios hat die Aktien sicher nicht gekauft, um sie für 22,50 Euro an Fresenius weiterzuverkaufen", sagte ein Insider. Auch die Fresenius-Aktie verlor 2,7 Prozent.

Asklepios hat für den Einstieg bei Rhön-Klinikum Schätzungen zufolge etwa 150 Millionen Euro auf den Tisch gelegt - und durch den Kurseinbruch alleine gestern rund 20 Millionen Euro verloren. Dies sei für den Asklepios-Eigentümer Bernard Gr. Broermann jedoch vermutlich einfacher wegzustecken, als in den nächsten Jahren stets mit einem übermächtigen Rivalen Helios-Rhön konkurrieren zu müssen, sagte ein Branchenvertreter. Über die konkreten Absichten durch den Aktienkauf machte Asklepios keine Angaben.

Bernard Gr. Broermann ist Alleineigentümer der Asklepios-Gruppe, die er 1984 gegründet hat. Der Geschäftsmann aus Königstein gehört zu den reichen Deutschen. In der Forbes-Liste der Millionäre wird ihm 2012 ein Vermögen von 2,1 Milliarden Dollar zugeschrieben, womit er den 39. Platz der reichsten Deutschen - und den 601. Rang weltweit - einnimmt. Ihm gehört auch das Fünf-Sterne-Hotel Kempinski Falkenstein in Königstein im Taunus.

Die Asklepios-Gruppe betreibt in Deutschland mehr als 100 Gesundheitseinrichtungen mit rund 44 000 Mitarbeitern. Mehr als 1,7 Millionen Patienten wurden dort im vergangenen Jahr behandelt. Die Asklepios-Gruppe erzielte 2011 einen Umsatz von 2,5 Milliarden Euro und wies einen Gewinn von 34,5 Millionen Euro aus. In Hamburg wurde Asklepios im Zuge der Teilprivatisierung des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) vor allem durch die Übernahme der städtischen Krankenhäuser groß. Die Stadt Hamburg ist an den Hamburger Asklepios-Kliniken noch mit 25,1 Prozent beteiligt. In der Hansestadt betreibt die Gruppe sieben Kliniken, beschäftigt 13 000 Mitarbeiter und ist mit 1400 Auszubildenden der größte Ausbildungsbetrieb der Stadt.

Die Konkurrenz auf dem privaten Klinikmarkt ist hart. 2011 habe es zwischen allen vier großen Krankenhausbetreibern Gespräche über Zusammenschlüsse gegeben, sagen Insider. Ihrer Ansicht nach will Asklepios mit dem Vorstoß verhindern, dass Fresenius und Rhön voranschreiten und Nägel mit Köpfen machen. Der Vorstand vom Rhön-Klinikum hat seinen Aktionären eine Annahme des Fresenius-Angebots empfohlen und wurde vom Einstieg von Asklepios Unternehmenskreisen zufolge überrascht. Auch Fresenius erwischte das Familienunternehmen auf dem falschen Fuß. Bis Dienstag hätte der Konzern laut Angebotsunterlagen die Annahmequote von 90 Prozent als Bedingung für ein Gelingen der Übernahme senken können. Gestern war dies nicht mehr möglich. Wird die Schwelle von 90 Prozent verfehlt, ist die größte Übernahme am deutschen Klinikmarkt definitiv gescheitert.

Damit droht auch zahlreichen Hedgefonds eine empfindliche Schlappe. Bekannte Investoren wie John Paulson, der mit seinen Wetten gegen US-Ramschhypotheken Milliarden verdiente, waren zuletzt bei Rhön eingestiegen und wollten die Aktien mit einem kleinen Gewinn an Fresenius weiterreichen. Der Kurseinbruch gestern dürfte ihnen nun deutliche Verluste einbrocken.