Die Hamburger Feinfisch-Manufaktur Friedrichs geht neue Vertriebswege für ihre Spezialitäten. Und die Nachfrage für Friedrichs Produkte steigt stetig.

Hamburg. Martin Mischel könnte schon fast eine Doktorarbeit über Lachse schreiben, so tief hat er sich in das Leben und Laichen der schmackhaften Fische eingearbeitet. Dabei hat er gerade erst seit einem Jahr die Geschäftsleitung bei der Feinfisch-Manufaktur Friedrichs übernommen und verantwortet dort das Marketing.

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Ob Wildlachs, geangelt in Alaska, oder Farmlachs aus Aquakulturen in Norwegen: Mischel verfolgt das Aufwachsen der wichtigsten Rohware für die Friedrichs-Produkte offenbar so akribisch wie andere Leute die ersten Jahre ihrer eigenen Kinder. "Natürlich ist es ein Unterschied, ob sie in einer Aquakultur Putzerfische einsetzen oder Reinigungsmittel ins Wasser geben", berichtet der 49-Jährige über die Tricks der Fischfarmen. Die Tiere wachsen in Chile oder Norwegen unter unterschiedlichen Bedingungen auf, allein der Einsatz von Antibiotika oder die Menge der Tiere in den Becken führen zu großen Qualitätsunterschieden.

Womit Mischel bei seinem nächsten Lieblingsthema angekommen ist, der Qualität. Friedrichs konzentriere sich heute stärker als jemals zuvor auf Premiumprodukte. "Nur so können wir das Unternehmen für die nächsten 100 Jahre sichern", sagt Mischel mit Blick auf die bereits 1908 begonnene Tradition des Hamburger Fischanbieters, der heute vornehmlich Räucherlachs, aber auch Forelle, Kaviar und Matjes anbietet. Nebenprodukte wie Dorschleber oder Seelachs sind weggefallen, das Unternehmen beschränkt sich auf das Wesentliche.

Mischel ist ein sachlicher, unaufgeregter Manager. Der Diplomkaufmann hat vor seiner Zeit bei Friedrichs für Milram gearbeitet und kennt sich daher womöglich noch besser mit Milchprodukten aus als mit Fischen. Aber das Marketing in der Lebensmittelindustrie muss im Grunde stets mit denselben schwierigen Rahmenbedingungen leben: Der starke Handel in Deutschland diktiert die Preise, zudem ist das Kostenbewusstsein vieler Konsumenten recht ausgeprägt. Da kann für einen deutschen Anbieter mit hohem Qualitätsanspruch die Luft schnell dünnwerden.

Aus diesem Grund konzentriert sich Friedrichs noch deutlicher als bisher auf eine Nische: auf die Kunden nämlich, die für guten Fisch etwas mehr auszugeben bereit sind. Zum Vergleich: 100 Gramm Farmlachs von Friedrichs kosten im Supermarkt gut drei Euro, bei billigen Marken sind 200 Gramm schon für gut 2,60 Euro zu haben. Um den höheren Preis zu rechtfertigen, verwendet Mischel nicht nur Fische aus nachhaltiger Produktion. Er lässt seine Mitarbeiter die Gräten auch mit der Hand beim Wildlachs herausziehen. Zudem räuchert der Fisch in den Öfen bei Friedrichs zwölf Stunden lang statt wie bei Billiganbietern nur eine Stunde.

Und dafür fliegen die Lachsspezialisten des Hamburger Unternehmens mit Produktionschef Wolfgang Graudons einmal im Jahr bis nach Alaska, um die Fangbedingungen der Lachse, die von Angelbooten aus gefischt werden, zu kontrollieren. Schon seit 1926 unterhält Friedrichs dort auch ein Büro, da Alaska schon damals als Vorbild für nachhaltige Fischerei diente. Mit dieser Philosophie hat sich das Hamburger Unternehmen gut im Markt etabliert, macht einen Umsatz von 60 Millionen Euro im Jahr und plant, weiter mit dem Marktwachstum Schritt zu halten.

Und die Nachfrage steigt stetig, und zwar bundesweit. "Fisch ist gesund", sagt Mischel und freut sich, dass sich mehr und mehr Verbraucher bewusst ernähren. Jeder Bundesbürger verzehrt im Jahr knapp 16 Kilo Fisch, davon gut zwölf Prozent Lachs, der immer beliebter wird. Mischel weiß aber auch, dass er reagieren muss auf Trends, die das Verhalten der Verbraucher allmählich ändern. Außer-Haus-Verzehr wird gerade für jüngere Leute immer selbstverständlicher. "Kaum jemand packt sich zu Hause noch ein Butterbrot ein, warum sollten Tankstellen oder Bäckereien dann nicht auch vermehrt Lachsbrötchen zum Mitnehmen anbieten?", fragt Mischel und verrät damit eine Produktidee, eine Art praktisch abgepackter Fischscheiben, die Friedrichs für Großverbraucher in den nächsten Monaten auf den Markt bringen will.

Andere Produktinnovationen sollen die Verwendung von Friedrichs-Fischprodukten in der heimischen Küche erleichtern. Warum immer Scheiben und nicht Würfel, warum öligeFinger beim Auspacken? Der Manager weiß, dass die Konsumenten heute praktische Lebensmittel suchen - Stichwort: Convenience. "Außerdem geht das Wissen über die Zubereitung von Fisch bei jüngeren Leuten verloren", sagt Martin Mischel und dringt daher darauf, dass auf jeder Packung Lachs, Forelle oder Matjes ein Rezept abgedruckt ist.

Die Ideen zu solchen Produktneuheiten kommen bei Friedrichs nach wie vor aus Hamburg, aus der Zentrale in Allermöhe. Den alten Standort in Altona hat die Firma vor knapp zehn Jahren aufgegeben, zu viele Vorschriften und eine Fabrik aus der Gründerzeit machten die Produktion in dem einstigen Wohngebiet schwieriger und unwirtschaftlich. Heute beschäftigt Friedrichs in der neuen Hamburger Verwaltung in der Hansestadt noch rund 40 Mitarbeiter, die den Fisch verpacken und die Logistik organisieren. Produziert werden die Spezialitäten von gut 300 Beschäftigten in einer Fabrik in Waren an der Müritz (Lachs, Kaviar) und im polnischen Doble (Forelle, Aal).

Im Osten ist das Wissen über Räucherfisch traditionell hoch. Aus Polen kommt denn auch der weltweit größte Anbieter für Räucherlachs, die Morpol. Er spielt in einer ganz anderen Liga als Friedrichs, die sich noch immer gerne als Manufaktur bezeichnen. "Wir sind ein Familienunternehmen und kennen unsere Fischer größtenteils persönlich", sagt Mischel über das Unternehmen, das heute noch immer mehrheitlich der Familie Friedrichs gehört. Neuerdings fliegen die Friedrichs-Mitarbeiter aber nicht mehr nur zu den Flüssen Alaskas, sondern bis nach Kamtschatka, im äußersten Osten Russlands, und bauen neue Kontakte auf. Dort lockt das weltweit größte Vorkommen pazifischer Lachse.