Eine bundesweite Kooperation mit Hamburger Händler Karabag soll den Markt ankurbeln. 120 Anlaufstellen in der Metropolregion.

Hamburg. Zwei Hamburger Unternehmen gehen gemeinsam einen wichtigen Schritt am Markt für Elektromobilität in Deutschland. Still, einer der weltweit führenden Hersteller von Staplerfahrzeugen mit Elektroantrieb, öffnet sein deutsches Servicenetz exklusiv dem Hamburger Fahrzeughändler Karabag. Diesem stehen nun bundesweit 800 Stationen für die Wartung von Elektroautos zur Verfügung, davon 120 in der Metropolregion Hamburg. "Das hier ist eine perfekte Symbiose zweier Unternehmen", sagte Still-Chef Bert-Jan Knoef gestern in der Unternehmenszentrale in Billstedt. Still gehört wie die ebenfalls deutsche Staplermarke Linde und andere Hersteller zur Kion-Gruppe. Eine enge Geschäftsbeziehung zwischen dem Unternehmer Sirri Karabag und Kion gibt es bereits. Karabag rüstet seit 2011 vor allem Fiat-Serienfahrzeuge mit Elektroantrieben und Steuertechnik von Kion aus.

Still hat eine lange Tradition an diesem Markt. 1920 wurde das Unternehmen in Hamburg gegründet, um Elektromotoren zu warten. Daraus ging eine Staplerfertigung von Weltgeltung hervor. Schon zu Beginn der 1950er-Jahre baute Still neben elektrisch betriebenen Hubfahrzeugen auch kleine Lieferwagen mit Elektroantrieben. Wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Benzinpreise in Deutschland exorbitant hoch. Die Fertigung wurde jedoch schon 1952 wieder eingestellt. "Still war damals zu früh am Markt mit Elektrofahrzeugen", sagte Knoef.

+++ Hamburger Firmen schaffen Servicenetz für Elektroautos +++

Mittlerweile haben sich die Bedingungen grundlegend verändert. Bis zum Jahr 2020 sollen nach der Rahmenplanung der Bundesregierung eine Million Elektrofahrzeuge in Deutschland zugelassen sein, bislang sind es nur wenige Tausend. Bund und Länder fördern die Entwicklung und Markteinführung der E-Mobile und Kleinlieferwagen. In Hamburg sollen bis zum Jahr 2015 nach der Perspektive des Senats 15 000 Elektroautos zugelassen sein.

Viele führende Automobilhersteller bereiten die Einführung von Elektroautos vor. Doch deren Entwicklung zur Serienreife braucht Zeit. Opel geht mit dem Ampera als einer der ersten etablierten Hersteller mit einem überwiegend elektrisch betriebenen Fahrzeug an den Start. Der Ampera ist allerdings kein reines Elektroauto, sondern ein sogenanntes Hybridfahrzeug, das bei Bedarf von einem benzingetriebenen Generator unterstützt wird.

+++ Auftakt zu einer neuen Mobilität +++

Unternehmer Karabag verfolgt ein anderes Konzept. Er rüstet den Fiat 500 und andere Modelle bis hin zum Lieferwagen Ducato mit Kion-Antrieben zu reinen Elektrofahrzeugen um. Der New 500 E hat eine Reichweite von 100 Kilometern und erreicht eine Spitzengeschwindigkeit von rund 100 Kilometern pro Stunde. Die Fahrzeuge sind vor allem für den Alltagsbetrieb in der Stadt und auf Kurzstrecken ausgelegt.

Durch die Kooperation mit Still bei den Servicestationen erhofft sich Karabag einen wichtigen Schub für das Geschäft. "Gestützt auf dieses Servicenetz können wir in den Privatkundenmarkt einsteigen", sagte Karabag gestern bei der Übergabe von 16 Firmenfahrzeugen des Typs New 500 E an Still dem Abendblatt. "Andere Hersteller können das nicht, weil sie kein vergleichbares Netz von Servicestationen für Elektrofahrzeuge haben." Karabag selbst war bei dem Versuch an Grenzen gestoßen, in Kooperation mit Fiat-Werkstätten ein Servicenetz für Elektroautos aufzubauen. "Aus einem Kfz-Mechatroniker für konventionelle Autos kann man nicht so einfach einen Kfz-Elektriker machen", sagte Karabag. "Dafür braucht man eine andere Ausbildung, die zum Beispiel Kenntnisse in der elektrischen Hochspannung miteinschließt."

Der Markt für Elektroautos in Deutschland ist bislang noch winzig. 2011 verkaufte Karabag nach eigenen Angaben 500 E-Mobile. Damit reklamiert er für sich einen Marktanteil von 40 Prozent. Kunden sind bislang Unternehmen oder auch öffentliche Einrichtungen, die Elektroautos auch zu Demonstrationszwecken fahren und die über eigene Servicestationen verfügen.

Privatkunden spielen in dem Geschäft noch fast keine Rolle. Zwar kostet eine Stromladung für 100 Kilometer nur rund 2,50 Euro. Aber ein New 500 E bei Karabag ist mit 29 900 Euro plus Mehrwertsteuer auch deutlich teuer als ein Auto mit Verbrennungsmotor. In der Leasingvariante kann man das Elektroauto für 299 Euro im Monat fahren.

Mit den Neuentwicklungen der großen Hersteller dürfte der Markt in den kommenden Jahren erheblich wachsen. Karabag allerdings ist vor der zunehmenden Konkurrenz nicht bange: "Die Serienhersteller werden in den kommenden zehn Jahren nicht ernsthaft mit Elektrofahrzeugen an den Markt gehen, weil sie dazu strukturell noch nicht in der Lage sind." Seinen Vorsprung will er nutzen, um über den Firmenmarkt hinaus auch ein Geschäft mit Privatkunden aufzubauen. Das Servicenetz von Still schaffe dazu die Voraussetzung, sagte er. Und Still-Chef Knoef ergänzte mit Blick auf Elektrostapler: "Wir betreuen heute schon mehr als 80 000 Elektrofahrzeuge."