Lüneburger Firma eröffnet Resort auf den Philippinen. Hersteller von Outdoor-Möbeln wächst wieder kräftig und greift US-Markt an.

Lüneburg. Die Sonne scheint, das Meer rauscht, und der gestresste Manager streift barfuß durch den weißen Sandstrand. Den selbst gefangenen Fisch bereitet er entweder persönlich in der Küche zu oder schaut dem Koch über die Schulter. In kurzen Hosen statt im Anzug. Zwanglos, aber mit allem erdenklichen Komfort um ihn herum. Auf diesen Nenner könnte man das neue Projekt von Dedon bringen. Der Möbelhersteller aus Lüneburg eröffnet jetzt ein Hotel auf den Philippinen. "Für uns ist das ein Abenteuer", sagt Marketingdirektor Tom Wallmann. "Dedon Island ist der richtige Platz für Leute, die für ihr Geld nicht mehr als eine willkommene Einfachheit erwarten."

Das Resort liegt auf der Insel Siargao. "Bobbys Traum war es immer, eine Art luxuriöse Jugendherberge zu bauen, aber mit sauberen Toiletten", sagt Wallmann. Bobby ist Firmengründer Robert Dekeyser (siehe Beistück). Nach seinen Vorstellungen haben in den vergangenen Monaten lokale Handwerker neun Villen, Bars, ein Outdoor-Kino und einen Wellnessbereich gebaut. Auf Sterne lege man keinen Wert, sagt Wallmann, aber es sei vom Design und Komfort schon alles weltklasse. Entsprechend hoch ist der Preis. Rund 1000 Dollar kostet eine Übernachtung. Dafür sei alles inklusive. Massagen, das Ausleihen von Surfbrettern und eine breite Palette an Essen und Trinken. Kinder unter zwölf Jahren zahlen nichts, unter 18 die Hälfte. Auch die Buchung bleibt in den Händen des Konzerns. Ende 2011 ging die Reiseagentur Dedon Travel mit Sitz am Neuen Wall an den Start.

Für das Resort werden Obst und Gemüse auf der eigenen Farm gezüchtet, die eine einheimische Bauernfamilie betreibt. Entwicklungshilfe gibt es obendrauf. Die Firma schickte Experten in die Schulen, um Tipps für die Landwirtschaft zu erteilen. Jede Klasse habe einen Garten. Die Schüler sollen lernen, was man wie erfolgreich anbaut.

Das Projekt auf Siargao könnte Schule machen. Seit Kurzem gibt es mit Dedon Places eine weitere Tochter. Sie soll ähnliche Vorhaben wie auf der philippinischen Insel prüfen. Eine Skihütte in den Bergen, Iglus oder Baumhäuser sind denkbar. "Derzeit sprechen wir mit der Affenforscherin Jane Goodall über ein gemeinsames Projekt in Afrika", sagt Wallmann. Gewinn einzufahren sei dabei nicht das Ziel. Wallmann: "Dedon Places ist für uns ein Experiment. Wir wollen die Faszination des Lebens mit und in der Natur vermitteln." Generell verstehe sich das Unternehmen als Visionär und sei damit mehr als eine Möbelfirma.

+++ Früherer Fußballprofi gründete Dedon vor 22 Jahren +++

Als Hersteller hochwertiger Stühle, Sofas und Tische für Garten und Terrasse verdienen die Lüneburger ihr Geld. "Wir sind profitabel, derzeit investieren wir aber jeden Euro", sagt Wallmann. Neue Märkte gilt es zu erschließen. Brasilien, Mittelamerika, Asien sind im Visier - und vor allem die USA. Im Januar hat Gründer Dekeyser die Universitätsstadt Lüneburg verlassen und ist nach New York gezogen, um das Geschäft dort voranzutreiben. Innerhalb eines Jahres wurden 100 Mitarbeiter eingestellt und ein Zentrallager in Greensboro (North Carolina) errichtet. "Die USA sind der größte Outdoor-Markt der Welt", sagt Wallmann, "dort erzielen wir sehr hohe Wachstumsraten." Hollywoodstars wie Brad Pitt und Will Smith gehörten ebenso zu den Kunden wie Sängerin Madonna und große Hotelketten wie Marriott oder Hilton.

Der Konzern expandiert wieder - nach zuletzt schwierigen Jahren. 2006 verkaufte Dekeyser 49 Prozent des Unternehmens für einen dreistelligen Millionenbetrag an Investoren. In der Wirtschaftskrise bleiben die Aufträge aus, der Umsatz bricht ein. Die Investoren legen ein Sparprogramm auf, Mitarbeiter müssen gehen. Dekeyser reagiert und kauft die Anteile von den Teilhabern zurück. Statt Sparprogramm investiert er in neue Ideen. "Seit drei Jahren wachsen wir wieder", sagt Wallmann, "jedes Jahr um 20 bis 25 Prozent." Im Jahr 2009 wurden 84 000 Möbelstücke verkauft, im vergangenen Jahr waren es schon 108 000. Hinzu kommen noch Kissen und weitere Accessoires. Insgesamt liege der Umsatz nun deutlich über der 100-Millionen-Euro-Marke. Die Zahl der Beschäftigten sei wieder auf Vorkrisenniveau. Rund 3000 Mitarbeiter hat das Unternehmen, von denen knapp 100 in Lüneburg tätig sind.

Einer von ihnen ist Nils Kettering. Er arbeitet nur einen Raum neben Grafikern und Marketingleuten in der Fertigung. Als Bereichsleiter ist er für die Herstellung der Faser verantwortlich, der Basis des Firmenerfolgs. Eine computergesteuerte Dosieranlage sorgt an jeder der sieben Produktionslinien für das richtige Mischungsverhältnis der Materialien. Zu 95 Prozent besteht die Faser aus Polyethylen, hinzu kommen noch Farbrohstoffe und UV-Stabilisatoren. "Kunststoffe altern sofort, wir können den Prozess nur verlangsamen", sagt Kettering. Das UV-Licht breche zum Beispiel die Perlenstruktur des Kunststoffs, der Stabilisator verhindert das und ermöglicht der Faser trotz Sonne, Chlor- oder Salzwasser ein langes Leben. Fünf Jahre Garantie gewährt Dedon, hierzulande sollten die Möbel wegen der verhältnismäßig milden klimatischen Bedingungen aber deutlich länger halten.

Die Fertigstellung der Möbel ist Handarbeit. Seit 2000 gibt es eine eigene Fabrik auf den Philippinen. Auf der Insel Cebu schweißen die gut 2000 Angestellten zunächst die Aluminiumgestelle. Im Anschluss verflechten sie die aus Lüneburg per Schiff gelieferte Faser. Wallmann schwärmt von der Qualität seiner Arbeiter, denen die Firma höhere Löhne als die Konkurrenz zahle und für die eine Krankenversicherung abgeschlossen worden sei. Man habe es in Italien, China und Thailand probiert, aber "die Philippiner sind die besten Flechter der Welt. Sie haben dieses Handwerk in der DNA verankert." Es ist der Grund, warum Dedon auf die Philippinen ging - und jetzt Hotelier wird.