Förderung für Solarenergie wird gekappt. Bis zu 30 Prozent weniger Einspeisevergütung für Investoren. Branche rechnet mit massivem Stellenabbau.

Hamburg. Die wegen Milliardenkosten umstrittene Förderung von Solarenergie wird gekappt. Für neu an das Netz gehende Anlagen greift bereits ab 9. März eine Kürzung der Einspeisevergütung um bis zu 30 Prozent, kündigte Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) gestern an. Bundestag und Bundesrat müssen den neuen Regelungen noch zustimmen. Die Solarwirtschaft ist wegen der drastischen Kürzung entsetzt. "Das ist ein Solar-Ausstiegsgesetz", sagt der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft, Carsten Körnig.

Mit der Regelung reagiert die Regierung auf den Bau neuer Anlagen. Allein in den Jahren 2010 und 2011 gingen jeweils 7500 Megawatt an das Netz. Insgesamt sind 25 000 Megawatt an Fotovoltaikanlagen in Deutschland installiert. Die Regierung will mit den neuen Regelungen den Ausbau auf 2500 bis 3500 Megawatt pro Jahr bis 2013 begrenzen. Ab 2014 soll dieser Ausbaukorridor um jährlich 400 Megawatt weiter abgesenkt werden.

Den Betreibern der Solarstromanlagen wird die Einspeisevergütung für 20 Jahre garantiert. Kritiker werfen der Branche vor, zu stark Subventionen zu beanspruchen. Während die Solarenergie am Ökostrommix nur einen Anteil von 20 Prozent hat, beansprucht sie die Hälfte der Ökoförderkosten, die sich insgesamt auf zwölf Milliarden Euro für 2011 beliefen. Die Subventionen bringt der Stromkunde durch eine Umlage auf, die in den Endpreis der Kilowattstunde eingerechnet ist.

Koalition glaubt an die Solar-Kostenbremse

Nach Einschätzung von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) setzt das bisherige System Fehlanreize. "Die Zuschüsse sind für die Anlagenbetreiber süßes Gift", sagte der Minister. Bis Ende des Jahres wird die Einspeisevergütung für Dachanlagen bis zehn Kilowatt Leistung um rund 26 Prozent abgesenkt. Für größere Anlagen fällt die Kürzung noch höher aus. Bereits ab 9. März soll es nur noch 19,5 Cent pro eingespeister Kilowattstunde geben. Danach folgen weitere Absenkungen pro Monat, sodass ab 1.1. 2013 noch 18,15 Cent gezahlt werden. Bisher erhalten Betreiber 24,43 Cent pro Kilowattstunde. Außerdem werden bei kleinen Anlagen nur noch 85 Prozent des eingespeisten Stroms vergütet. Der Rest des produzierten Stroms muss dann selbst verbraucht oder kann nur noch zu Marktpreisen an der Strombörse verkauft werden.

+++ Hintergrund: Die Solarförderung in Deutschland +++

+++ Solarenergie: Regierung stellt Kürzungspläne vor +++

+++ Solarstreit beigelegt: Röttgen und Rösler einigen sich auf Zukunft +++

Bisher gab es noch einen Bonus für den Eigenverbrauch des Stroms. Auch dieser Bonus wird gestrichen. "Dennoch wird die Stromerzeugung für den eigenen Haushalt an Bedeutung gewinnen", sagt Jörg Sahr von der Stiftung Warentest. "Wenn der Strom vom Energieversorger 24 Cent pro Kilowattstunde kostet, die Vergütung aber nur noch 19,5 Cent beträgt, macht es Sinn, die selbst produzierte Energie auch selbst zu nutzen. Allerdings ist es schwierig, mehr als 30 Prozent des Stroms vom Dach selbst zu verbrauchen, und es fehlt an Speichertechniken."

Nach Sahrs Einschätzung müssen die Preise für Solaranlagen auf Einfamilienhäusern jetzt noch deutlich sinken, um künftig eine angemessene Rendite von wenigstens fünf Prozent zu erreichen. Nach der bisherigen Vergütung kann in Hamburg mit Solarstromerzeugung auf dem Dach des Einfamilienhauses noch eine Rendite von bis zu 8,6 Prozent erreicht werden. Die neuen Regelungen gelten nicht für bestehende Anlagen. Sie können weiterhin von der bisherigen Förderung profitieren.

Die Einschnitte treffen die Solarwirtschaft hart. "Die extreme Kurzfristigkeit, mit der die Regelung in Kraft treten soll, ist für die unternehmerische Planung völlig unangemessen" sagt Antje Stephan, Unternehmenssprecherin des Hamburger Solarunternehmens Conergy. Zudem könnten auch die jetzt vorgegebenen Rahmenbedingungen jederzeit geändert werden. "Die deutsche Solarwirtschaft wird unverhältnismäßig hart getroffen", sagt Stephan. "Eine Kürzung der Solarförderung ist dem Klimaschutz nicht dienlich und gefährdet Tausende von Arbeitsplätzen", sagt Josef Katzer, Präsident der Hamburger Handwerkskammer.

Greenpeace-Energieexperte Sven Teske sieht 130.000 Arbeitsplätze in über 10.000 mittelständischen Betrieben durch die Kürzungen gefährdet. Bereits jetzt stehen viele Solarfirmen unter Druck und schreiben rote Zahlen. Ende des vergangenen Jahres mussten bereits Solon und Solar Millennium Insolvenz anmelden.