Der Bezirk Küste entscheidet über die Lohnforderung für die Tarifrunde. 6,5 Prozent gelten als sicher. Arbeitgeber sehen keinen Nachholbedarf.

Hamburg. Die IG Metall Küste bereitet sich auf eine schwierige Tarifrunde vor. "Wir rechnen mit Warnstreiks nach dem Ablauf der Friedenspflicht zum 28. April", sagte Meinhard Geiken, der Bezirksleiter der IG Metall Küste, gestern in Hamburg. Schon zuvor will die Gewerkschaft während der Verhandlungen, die am 15. März in Hamburg beginnen sollen, in einer kleineren Stadt wie Neumünster, Flensburg oder Lübeck mit mehr als 1000 Mitgliedern für ihre Forderungen demonstrieren. Zudem soll am 1. März eine Delegation die Lohnforderung an die Arbeitgeberorganisation Nordmetall in der City Nord übergeben. Geiken geht dabei davon aus, dass das vom Gewerkschafts-Vorstand vorgeschlagene Plus von 6,5 Prozent heute von der Tarifkommission des IG-Metall-Bezirks beschlossen wird. "Für den Austausch von Argumenten und die Übergabe der Forderung ist uns die Delegation am 1. März willkommen", sagte Nordmetall-Sprecher Peter Haas dem Abendblatt.

+++ Metaller haben Zuschlag verdient +++

Bei den Kernpunkten der Tarifrunde, von der in den nördlichen Bundesländern 250 Betriebe mit 140 000 Beschäftigten betroffen sind, liegen beide Parteien jedoch weit auseinander. So fordert die IG Metall die grundsätzliche Übernahme aller Auszubildenden über das bisher vereinbarte erste Jahr hinaus. "Das wäre ein Werbeargument für die Branche und ein Zeichen, dass die Unternehmen ihre Zukunft positiv einschätzen", sagte Geiken. Klar sei dabei, dass die Regelung nur bei einer bestandenen Abschlussprüfung gelte. "Wir sind zudem bereit, Ausnahmeregelungen für Firmen in schwierigen wirtschaftlichen Situationen zuzulassen", so der Gewerkschaftschef.

Durchgesetzt werden soll bei den Verhandlungen auch, dass die Betriebsräte beim Einsatz von Leiharbeitern stärker mitreden können. "Dabei geht es uns darum, wie viele Stellen besetzt, welche Jobs ausgesucht werden und wie lange die jeweiligen Leiharbeiter in der Firma bleiben", sagte Geiken. Der von der Gewerkschaft errechnete Anteil der Leiharbeiter von zehn Prozent aller Beschäftigten ist der IG Metall in jedem Fall zu hoch. Mitbestimmungsregelungen gibt es derzeit bei Airbus und bei der Meyer Werft in Papenburg. Doch bei rund 100 der 112 Hamburger Elektro- und Metallbetriebe steht eine Regelung aus. Um auch die Löhne in der Zeitarbeit an die der Stammbelegschaft anzugleichen, startete die IG Metall gestern in Düsseldorf bundesweite Verhandlungen mit den Zeitarbeitsverbänden. Auch hier gilt das Beispiel von Airbus, wo Leiharbeiter vom vierten Monat an wie die Stammbelegschaft bezahlt werden, als Modell.

Bei den Arbeitgebern stoßen jedoch alle Forderungen der IG Metall aufWiderspruch. "Die unbefristete Einstellung von ausgebildeten jungen Mitarbeitern muss über das erste Jahr hinaus freiwillig bleiben", betonte gestern Nordmetall-Sprecher Haas. Eine Neuregelung würde leistungsbereite Lehrlinge demotivieren, weil den anderen dieselben Perspektiven geboten würden. Haas rechnet damit, dass bei einer Übernahmegarantie weniger ausgebildet werde und die Chancen für schwächere Jugendliche sänken. "In der Probezeit wird noch schärfer ausgewählt." Ohnehin würden derzeit 75 Prozentaller Lehrlinge unbefristet übernommen. Auch eine Mitbestimmung der Arbeitnehmer beim Zugriff auf Zeitarbeiter lehnt Nordmetall ab. Die Firmen sehen den Einsatz dieser Beschäftigten ebenso wie die Vergabe von Werkverträgen als notwendig an, um flexibel auf Auslastungsschwankungen reagieren zu können. Die Personalplanung gehöre aber zur Strategie des Managements, so Haas. Und dies gelte auch für Werkverträge, bei deren Vergabe die Gewerkschaft ebenfalls stärker mitreden will.

Im Gegensatz zur Gewerkschaft, die die Branche trotz Schulden- und Euro-Krise als gefestigt ansieht, verweist der Arbeitgeberverband auf die sich abschwächende Konjunktur. Nachdem die Löhne zwischen 2008 und 2011 nach Berechnungen von Nordmetall um knapp neun Prozent gestiegen seien, gebe es bei den Einkommen keinen Nachholbedarf mehr. "Eine Forderung von 6,5 Prozent passt nicht in die Zeit und wäre jenseits dessen, was die Betriebe verkraften können", so Haas. Das erste Angebot der Arbeitgeber erwartet Gewerkschafter Geiken, kurz bevor die Friedenspflicht ausläuft. Ob er richtig liegt, ließ Nordmetall gestern offen.