Reisekonzern setzt auf China und das Geld durch den Verkauf von Hapag-Lloyd-Anteilen. Hamburger Reederei weist Nettoverlust aus

Hannover. TUI-Chef Michael Frenzel will nach dem Teilausstieg bei Deutschlands größter Reederei Hapag-Lloyd das Tourismusgeschäft forcieren. Vor den Aktionären kündigte er gestern den Ausbau des Reisegeschäfts in Schwellenländern wie China, Russland und Brasilien an - allesamt Länder, in denen eine wachsende Mittelschicht über Geld verfügt, um in den Urlaub zu fahren. Die ersten Reisegruppen aus dem Reich der Mitte sollen bereits im Sommer nach Europa kommen. Dafür baut die Reisetochter TUI Travel derzeit ein Netzwerk an Reiseleitern auf.

Für die im Congress Centrum in Hannover versammelten Kleinaktionäre ist dies noch Zukunftsmusik. Einige hören genauer hin, als Frenzel sagt, dass das Reisegeschäft im ersten Geschäftsquartal von Oktober bis Dezember wegen der Unruhen in Nordafrika tiefer in die roten Zahlen gerutscht ist und die Aktionäre auch für das vergangene Geschäftsjahr 2010/2011 keine Dividende erhalten sollen. Frenzel verspricht, dass sich dies möglichst schnell ändern soll.

Im Auftaktquartal verbuchte TUI einen Verlust von 137 Millionen Euro nach einem Minus von 94 Millionen im Vorjahreszeitraum. Rote Zahlen sind im Winter für Tourismusunternehmen nicht ungewöhnlich, weil Vorleistungen für die wichtige Sommersaison gezahlt werden. Der Umsatz kletterte von Oktober bis Dezember um fünf Prozent auf 3,5 Milliarden Euro. Schuldenfrei will die TUI nach jahrelangem Umbau schon in diesem Jahr werden. Mit dem Verkauf von weiteren 17,4 Prozent an Hapag-Lloyd an das Hamburger Albert-Ballin-Konsortium rückt die Entschuldung zum Geschäftsjahresende im September in greifbare Nähe. Bereits im vergangenen Jahr schraubte der Konzern seinen Schuldenstand um 1,5 Milliarden auf gut 800 Millionen Euro herunter. Abzüglich der 700 Millionen, die demnächst aus dem Aktienverkauf und nach der Auflösung von Teilen des Hybridkapitals von Hapag-Lloyd nach Hannover fließen, bleiben rechnerisch 100 Millionen Miese in den Büchern. Kritikern unter den Aktionären, die einen klaren Schnitt bei Hapag-Lloyd erwartet hatten, hält Frenzel entgegen, dass TUI ab Sommer das Recht hat, die restlichen 22 Prozent jederzeit an die Börse zu bringen.

Hapag-Lloyd hat gestern für 2011 einen Gewinn vor Steuern und Zinsen von 101 Millionen Euro ausgewiesen, nach rund 550 Millionen ein Jahr zuvor. Der Umsatz fiel um rund 100 Millionen auf 6,1 Milliarden Euro. Beim Nettoergebnis dürfte Hapag-Lloyd einen Verlust von rund 46 Millionen Euro ausweisen. Für die ersten neun Monate 2011 hatte die Reederei 23 Millionen Euro Verlust gemeldet. In einem gestern veröffentlichten Zwischenbericht des Hapag-Lloyd-Großaktionärs TUI, der bislang noch 38,4 Prozent der Anteile hält, wird ein anteiliger Verlust bei Hapag-Lloyd für das vierte Quartal 2011 von 8,7 Millionen Euro ausgewiesen. Auf dieser Basis läge der gesamte Quartalsverlust der Reederei bei rund 23 Millionen Euro.