Fielmann-Akademie bildet im Schloss Plön jährlich mehr als 6000 Optiker aus. Nachfrage für Meisterkurse steigt. Auch die Stadt profitiert davon.

Plön. Wasser, nichts als Wasser, mitten in Schleswig-Holstein. Beim Blick aus dem Fenster schaut man entweder auf den großen oder den kleinen Plöner See. 30 Jugendliche feilen und bohren im sogenannten Maschinenhaus neben dem Schloss der Stadt. Sie lassen sich von der malerischen Umgebung nicht ablenken. Sie wollen in der gemeinnützigen Fielmann Akademie Schloss Plön von Deutschlands größtem Brillenhändler Günther Fielmann lernen und nach Ende ihrer Ausbildung vielleicht sogar als Bester in ihrem Handwerk gekürt werden.

Dann würde ihre Auszeichnungsurkunde in der langen sogenannten Hall of Fame im Schloss aufgehängt werden, wo bereits Hunderte Urkunden von Fielmann-Mitarbeitern die Wände schmücken. Die Hamburger Optikerkette stellt inzwischen fast jedes Jahr mehrere Bundessieger in der Branche. Mindestens zwei Wochen während ihrer Lehrzeit besuchen die derzeit 2700 angehenden Augenoptiker bei Fielmann die Akademie, die auch für andere Betriebe der Branche offen steht - mit wachsender Nachfrage. Sie lernen unter anderem, Brillengläser selbst zu schleifen oder Löcher für die Schrauben ins Glas zu bohren, ohne dabei die Sehhilfe zu beschädigen.

Beides sind Tätigkeiten, die immer mehr Optiker nicht mehr selbst erledigen, sondern den Herstellern überlassen. "Wir bringen den Auszubildenden bewusst die traditionellen Produktionstechniken bei, weil wir ihnen ein Gefühl für die Materialien geben wollen, mit denen sie arbeiten. Sie sollen spüren und fühlen, was es heißt, den Beruf des Optikers auszuüben", sagt Lars Hellberg. Der Augenoptikermeister ist Geschäftsführer der Fielmann Akademie Schloss Plön, die 2006 von dem Unternehmer eröffnet wurde. Mehr als 6000 Lehrlinge, Augenoptikergesellen und Inhaber von Optikergeschäften, die ihren Horizont erweitern wollen, sowie Meisterschüler besuchen jedes Jahr die Akademie.

Die Zahl der Anmeldungen klettert munter weiter in die Höhe. "Wegen des großen Andrangs gibt es für die meisten Kurse eine mehrwöchige Vorlaufzeit", so Hellberg, der davon ausgeht, dass die Zahl der Buchungen auch im kommenden Jahr weiter zunehmen wird. Die Schüler und Seminarteilnehmer kommen aus allen Teilen Deutschlands, Österreich und der Schweiz.

Zum Beispiel Annika Schmidt. "Ich habe zuerst eine Lehre in einer Augenarztpraxis gemacht", sagt die 22-Jährige aus Göttingen. Jetzt lernt sie Optikerin, "weil dieser Beruf viel interessanter ist". Später will sie die Meisterschule im Plöner Schloss absolvieren. Über dieses Engagement freut sich ihr Dozent Christian Schellhorn, der erst Lehrling bei Fielmann war und dann die Meisterprüfung absolvierte. Dass er zudem 2001 Bundessieger der Optikerauszubildenden war, verschweigt Schellhorn diskret und schaut Hanna Nielsen über die Schulter. Die Auszubildende aus Hamburg befestigt gerade einen Bügel an einer randlosen Brille. Zuvor hat sie ein Loch in das Brillenglas gebohrt. "Ich lerne viel Neues hier", sagt die 19-Jährige. Im Meisterkurs stehen Augenprüfung und die Anpassung von Kontaktlinsen auf dem Programm. Auch die Ausbilder Alexander Ritsche und Sylvia Wulf können jeden Tag an ihrer Siegerurkunde in der Hall of Fame vorbeistolzieren. "Wir haben bereits rund 100 erfolgreiche Absolventen des Meisterkurses", sagt Wulf. 18 Monate dauert die Fortbildung. Der Kurs kostet 10 000 Euro, wobei eine staatliche Förderung über das Meister-BAföG möglich ist. Die Akademie, die rund 80 Mitarbeiter beschäftigt, davon mehr als 30 Dozenten, finanziert sich ausschließlich aus den Seminargebühren. Ein Auszubildender kostet rund 100 Euro am Tag. Doch diese Summe schreckt Wettbewerber von Fielmann, die ihre Auszubildenden zu den Seminaren schicken, nicht ab.

Daniel Warenberg, 27, aus Gotha und David Stresow, 25, aus Mühlhausen gehören zu einer Gruppe von zwölf Meisterschülern, die Ritsche und Wulf unterrichten. Beide schauen sich abwechselnd tief in die Augen, testen, ob die Hornhaut in Ordnung ist. "Wir haben die modernsten Geräte", sagt Ritsche. Die Industrie stellt der Akademie neue Apparate zur Verfügung. Damit kann die Bildungsstätte traditionelles Handwerk mit Hightech verbinden.

Stefan Bogdol schaut kurz rein. Der 54 Jahre alte Optikermeister leitet in Hildesheim eine Fielmann-Filiale mit 34 Mitarbeitern. "Ich nehme jedes Jahr an Schulungen der Akademie teil. Man muss auf dem Laufenden bleiben", sagt er. Im Moment macht er sich im kaufmännischen Bereich fitter.

Die Gästezimmer der Fielmann-Akademie sind schnell ausgebucht. Die derzeit 50 Meisterschüler, die sich insgesamt 18 Monate in der Akademie aufhalten, bedienen sich sogar schon auf dem Plöner Wohnungsmarkt. Doch wer es in eines der Zimmer ins Schloss geschafft hat, lebt dort komfortabel. Die Räume sind größtenteils mit Antiquitäten bestückt und können durchaus mit Luxushotels mithalten. Die Verpflegung für die Gäste stammt aus der nachhaltigen Landwirtschaft von Fielmanns Hof in Lütjensee. "Wir backen selbst Brot und Kuchen und kochen selbst", sagt Betriebsleiter Arne Zierow. "Alles ist frisch und bio."

Für die Stadt Plön ist die Akademie ein Glücksfall. "Ohne Herrn Fielmanns Engagement würde das Schloss heute nicht so schön aussehen", sagt Bürgermeister Jens Paustian. Seine gut 12 000 Einwohner zählende Gemeinde lebt vorwiegend vom Tourismus. Da kommen dem Einzelhandel und der Gastronomie natürlich die zusätzlichen Gäste durch die Akademie sehr gelegen. "Eine Cocktailbar in Plön hat sogar ihre Öffnungszeiten nach dem Seminarplan ausgerichtet", so Paustian. Zudem freut er sich über Busladungen von Tagestouristen, die Fielmanns Angebot nutzen, und an den kostenlosen Schlossführungen teilnehmen. Und natürlich über die Kolloquien, die die Akademie regelmäßig veranstaltet. Dann kommen Optiker aus ganz Deutschland nach Plön. Die kleine Kreisstadt mausert sich zum Zentrum der Brillenbranche.

Auch das Land Schleswig-Holstein dürfte sich über die Initiative freuen. Im Jahr 2001 trug die damalige Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) dem Unternehmer das Schloss an, das in der Vergangenheit als Internat diente. Die Gebäude waren in einem sehr schlechten Zustand, Fielmann investierte rund 40 Millionen Euro, wovon das Land Schleswig-Holstein rund zehn Millionen übernahm.

"Danach erwarb er mehrere Tausend Möbel- und Kunststücke, um die Akademie auszustatten", sagt Kunsthistorikerin Anette Froesch. Daneben haben verschiedene Museen der Region Leihgaben zur Ausstattung des Schlosses gegeben. Unter anderem befindet sich ein historischer Kachelofen als Leihgabe des Hamburger Museums für Kunst und Gewerbe in dem Plöner Schloss.

Modern sind in der Akademie eigentlich nur die Technik für die Optikerausbildung, die großzügigen Gästezimmer - und die Küche. "Die Kursteilnehmer müssen sich hier um nichts kümmern. Sie sollen sich ganz auf ihre Weiterbildung konzentrieren", sagt Hellberg.