Beteiligungskapital ist wieder gefragt. 33 Milliarden Euro suchen aktuell eine Anlage

Hamburg. Die Hamburger Szene der Kapitalbeteiligungsunternehmen kommt in diesem Jahr mächtig in Bewegung. Das zeigen nicht nur zwei Neugründungen durch prominente Köpfe in den vergangenen Wochen: Xing-Gründer Lars Hinrichs hob den Frühphaseninvestor HackFwd aus der Taufe, ein Team um den langjährigen Gruner+Jahr-Chef Bernd Kundrun und den früheren "Stern"-Chefredakteur und Bertelsmann-Topmanager Rolf Schmidt-Holtz ging mit der Internetholding Hanse Ventures an den Start.

Banken zeigen sich bei der Vergabe von Krediten noch zurückhaltend

Doch auch die etablierten Anbieter weiten ihre Aktivitäten aus. So legt die Haspa BGM in der nächsten Woche einen neuen Eigenkapitalfonds für den Mittelstand auf und will außerdem das klassische Geschäft mit den individuellen Beteiligungen stark ausbauen. Aktuell hält die Haspa-Tochter Anteile und stille Beteiligungen an 15 Firmen, darunter sind der Outdoorausrüster Globetrotter und der Schiffsruderspezialist Becker Marine Systems. "Mit zwei weiteren Unternehmen verhandeln wir gerade, in drei Jahren sollen es mindestens 30 sein", sagt Carsten Röhrs, Geschäftsführer der Haspa BGM, im Gespräch mit dem Abendblatt.

"Nach der Bankenkrise gibt es mehr Mittelständler als zuvor, die uns brauchen." Denn manche Geldhäuser halten sich im Firmenkreditgeschäft sehr zurück, außerdem wird es für die Betriebe auf Basis der oftmals schlechten Bilanzen des Jahres 2009 nicht einfacher, an Darlehen zu kommen. Mit einer Eigenkapitalspritze versehen, fällt es dagegen sehr viel leichter, von der Erholung der Wirtschaft profitieren zu können - zum Beispiel durch die Übernahme eines geschwächten Konkurrenten.

"In der Krise ist das Eigenkapital weggeschmolzen wie das Eis in der Sonne", sagte Axel Nawrath, Vorstand der Förderbank KfW, die mit der Commerzbank gerade einen neuen Eigenkapitalfonds für Mittelständler aufgelegt hat. Noch ein weiterer Faktor kommt der Branche entgegen. "Der Zeitpunkt für neue Investments könnte kaum besser sein, weil die Unternehmensbewertungen derzeit sehr niedrig sind", erklärt Matthias Grychta, Geschäftsführender Gesellschafter bei Neuhaus Partners in Hamburg. Nur sei es nicht einfacher geworden, das dafür erforderliche Geld von Investoren aufzubringen. Dieser Engpass werde überwunden, sobald man auch wieder lukrative Ausstiege aus Beteiligungen vorweisen könne.

Nach einer Umfrage des Branchenverbands BVK stehen aktuell knapp 33 Milliarden Euro für Investitionen in deutsche mittelständische und große Unternehmen bereit. Im ersten Quartal 2010 stieg die Summe der Investitionen bereits wieder auf 1,28 Milliarden Euro, das ist fast viermal so viel wie im Vorjahresquartal (siehe Grafik).

Die Haspa BGM hat nach den Worten ihres Geschäftsführers kein Problem, Geld für attraktive Engagements von der Muttergesellschaft zu erhalten. Auch in anderer Hinsicht sei es hilfreich, eine Sparkasse im Rücken zu haben: "Bei uns denkt man nicht an angelsächsische Methoden." Tatsächlich setzen sich die Hamburger Beteiligungsexperten in vielerlei Hinsicht von den viel geschmähten "Heuschrecken" ab. "Wir steigen mit einem längeren Zeithorizont von sieben bis zehn Jahren ein, wir werden nicht in Sanierungsfällen tätig, und wir übernehmen nur im Ausnahmefall die Anteilsmehrheit", sagt Röhrs. Zudem werde der Einstieg zu höchstens 50 Prozent mit Fremdkapital finanziert, um den Firmen keine hohen Schuldenlasten aufzubürden.

Für fast jede Firma gibt es einen passenden Anbieter

Zielgruppe der Haspa BGM sind Unternehmen mit Umsätzen von fünf Millionen bis 250 Millionen Euro Umsatz und Aktivitäten in Norddeutschland. Investiert werden in der Regel 0,5 bis fünf Millionen Euro. Auf kleinere Beträge hat sich die BTG Beteiligungsgesellschaft Hamburg spezialisiert, bei deutlich größeren Summen kommen die klassischen Private-Equity-Häuser wie Apax, Permira, Carlyle, 3i oder BC Partners ins Spiel. Daneben gibt es die Venture-Capital-Gesellschaften, also Wagniskapitalgeber wie Neuhaus Partners, Capital Stage oder Earlybird in Hamburg, die sich auf Firmen in den frühen Phasen nach der Gründung und auf bestimmte Wirtschaftszweige konzentrieren.

Mit einer angepeilten Eigenkapitalrendite von zwölf bis 15 Prozent liegt die Messlatte der Haspa BGM zwar niedriger als bei den Wagniskapitalanbietern, aber auch eine solche Rendite dürfte manchem Mittelständler im Vergleich zu den Zinsen von Bankkrediten recht hoch erscheinen.

Bei bis zu jedem dritten Investment geht das Geld verloren

"Eigenkapital verlangt eine höhere Rendite als Fremdkapital, schon weil das Risiko höher ist", sagt Röhrs. Nach Schätzungen aus der Branche scheitern rund fünf Prozent der Mittelstandsbeteiligungen, bei den neu gegründeten Firmen ist sogar in 20 bis 30 Prozent der Fälle das Geld verloren. Außerdem werden in schlechten Jahren die Renditeanforderungen zurückgeschraubt, anders als es bei Kreditzinsen üblich ist.

Mit rund 25 Millionen Euro investiertem Kapital und aktuell zehn Mitarbeitern - die Zahl soll auf bis zu 15 wachsen - gehört die Haspa BGM nicht zu den größten der 30 Beteiligungsunternehmen, die nach Angaben der Handelskammer von Hamburg aus tätig sind. So spielt Earlybird mit einem Investmentvolumen von rund 450 Millionen Euro in einer anderen Liga.

Zwar seien die Investitionsmöglichkeiten "besser als je zuvor, auch weil die Qualität der Konzepte von Gründern zugenommen hat", sagt Christian Nagel, Geschäftsführender Gesellschafter von Earlybird. "Aber wir haben zu wenig Wagniskapitalgeber in Deutschland." Als Hindernisse bei der Geldeinwerbung sieht er unter anderem den Mangel an Pensionsfonds und die sehr restriktiven Anlagevorschriften für Versicherungen, aber auch ungünstige steuerliche Rahmenbedingungen. "Unsere wichtigsten Investoren sind ein Pensionsfonds aus Japan und ein Großanleger aus dem mittleren Osten", so Nagel. "In Deutschland sehen wir da noch Verbesserungsbedarf."