Die Bauzinsen in Deutschland sinken auf ein Rekordtief. Für nur 750 Euro pro Monat im Schnitt bekommen Bauwillige 200.000 Euro von der Bank.

Hamburg. Noch nie war der Einzug in die eigenen vier Wände so günstig wie jetzt. "Baufinanzierungen sind auf einem absolut historischen Tief", sagt Helga Bender vom Verband Deutscher Pfandbriefbanken. So sind die Konditionen jetzt noch günstiger als im September 2005, als die Zinsen auf einem 50-Jahres-Tiefstand verharrten. Jetzt kostet Baugeld für eine zehnjährige Zinsbindung im Durchschnitt 3,63 Prozent, wie sich aus den Daten der FMH-Finanzberatung ergibt. Für eine 15-jährige Zinsbindung müssen rund vier Prozent an Zinsen bezahlt werden.

Weniger als dreieinhalb Prozent für eine zehnjährige Zinsbindung

Manche Banken bieten noch günstigere Konditionen. Wer einen hohen Anteil an Eigenkapital mitbringt und dazu noch seit Jahren in fester Anstellung ist, kann auf besonders günstige Konditionen hoffen. So kostet eine zehnjährige Baufinanzierung bei der Sparda Bank Hamburg nur 3,33 Prozent nominal. Die Deutsche Bank verlangt 3,41 Prozent für diesen Zeitraum. Baufinanzierungsvermittler, die mit vielen Kreditinstituten zusammenarbeiten, bieten sogar noch bessere Konditionen. "In den vergangenen 20 Jahren ist Baugeld unter starken Schwankungen immer günstiger geworden", sagt Max Herbst von der FMH-Finanzberatung.

Die niedrigen Zinsen verdanken Bauherren und Immobilienkäufer der Euro-Krise. Wegen der Unsicherheiten in anderen Euro-Ländern wie Griechenland, Portugal oder Spanien parken viele Anleger ihr Geld in deutschen Bundesanleihen. Die große Nachfrage drückt auf die Rendite der Papiere. Zehnjährige Bundesanleihen bringen deshalb nur noch eine Rendite von knapp drei Prozent. Mit einem gewissen Aufschlag ergeben sich aus diesem Satz die Konditionen für Baugeld. "Vorerst werden die Referenzzinsen für Baufinanzierungen in Deutschland günstig bleiben", sagt Robert Haselsteiner, Vorstand der Interhyp AG, eines Vermittlers von Baufinanzierungen. "Doch wenn sich das Gelddrucken der Notenbanken in höheren Preisen bemerkbar macht, werden auch die Zinsen deutlich steigen", erwartet er. Ein wichtiges Signal für eine Wende beim Baugeld wäre auch eine Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank. Doch mit einem solchen Schritt rechnen die meisten Experten in diesem Jahr nicht mehr.

Für nur 750 Euro pro Monat bekommen Bauwillige bei günstigen Anbietern 200 000 Euro von der Bank. Damit entspricht die monatliche Belastung fast einer Kaltmiete für eine Familie in Hamburg. "Wir spüren schon in der Beratungstätigkeit eine wachsende Nachfrage nach Baufinanzierungen", sagt Christian Schmid-Burgk von der Verbraucherzentrale Hamburg. "Ohne die unsichere Entwicklung am Arbeitsmarkt hätten die niedrigen Zinsen noch eine größere Sogwirkung." Beim Baugeldvermittler HypothekenDiscount zieht das Geschäft kräftig an. "Allein im Mai registrierten wir einen um 40 Prozent höheren Antragseingang als in den beiden Vormonaten", sagt Unternehmenssprecher Kai Oppel.

Niedrige Zinsen lassen Schuldenstand nur sehr langsam sinken

Doch Interessenten sollten sich nicht unüberlegt an einen Immobilienkauf heranwagen. "Da die Zinsen nicht schon in den nächsten Wochen wieder stark steigen werden, besteht auch kein Grund, sich für so eine Entscheidung unter Druck setzen zu lassen", sagt Schmid-Burgk. Auch sollte man sich durch die niedrigen Zinsen nicht dazu verleiten lassen, einen möglichst hohen Kredit aufzunehmen. "Es ist ratsam, die anfängliche Tilgung von einem Prozent mindestens zu verdoppeln", sagt Marcus Preu vom Vergleichsportal für Finanzierungen biallo.de. Denn die niedrigen Zinsen bringen es mit sich, dass der Kredit nur sehr langsam abgetragen wird. Bei einem 100 000-Euro-Darlehen, für das nur eine Anfangstilgung von einem Prozent vereinbart wurde, steht nach zehn Jahren zum Beispiel noch eine Restschuld von rund 88 000 Euro zu Buche. Bei zwei Prozent dezimiert sich die Restschuld nach zehn Jahren bereits auf knapp 76 000 Euro, und bei drei Prozent sinkt sie auf weniger als 64 000 Euro.

Höhere Tilgung schafft Puffer für Anschlussfinanzierung

Eine höhere Tilgung ermöglicht es auch, gestiegene Zinsen zum Ende der alten Zinsbindungsfrist aufzufangen. "Dann kann man zur Not wieder zu einem Prozent Tilgung zurückkehren und so die höheren Zinskosten auffangen, ohne dass die monatliche Belastung aus dem Ruder läuft", sagt Preu.

Noch mehr Sicherheit verspricht eine 15-jährige Zinsbindung. Sie ist knapp einen halben Prozentpunkt teurer als eine zehnjährige Zinsbindung. Dafür bietet sie eine längere Kalkulationssicherheit und einen weiteren Vorteil: Nach zehn Jahren kann der Kreditnehmer den Vertrag jederzeit einseitig kündigen. Das kann sich lohnen, falls dann die Zinsen noch niedriger sind oder ein unvorhergesehener Geldsegen zur Begleichung der Restschuld drängt.