Die Hansestadt Hamburg ist der wichtigste Handelsplatz in Europa für Tee. Erstmals wird es eine Branchenmesse an der Alster geben.

Hamburg. Der vermutlich einzige studierte Tee-Wissenschaftler Europas arbeitet in der Hamburger Altstadt. Thomas M. Grömer, ein gebürtiger Österreicher, hat in Japan einen Masterstudiengang in Tea Sciences (zu deutsch: Tee-Wissenschaft) absolviert und sich monatelang bei einheimischen Bauern in die Geheimnisse des Traditionsgetränks einweisen lassen. Heute leitet er die Geschäfte von Aiya Europe, einer Tochter des japanischen Weltmarktführers bei Matcha-Grüntee.

Im Sommer 2008 hat das asiatische Familienunternehmen seine Europazentrale in die Hansestadt verlegt, um die Geschäfte voranzutreiben. Der Standort an der Elbe war nicht zufällig gewählt: "Hamburg ist die Tee-Hauptstadt Europas", sagt Grömer. "90 Prozent unserer Kunden sitzen hier." Zudem ist der Hafen die wichtigste Drehscheibe des europäischen Teehandels. 70 Prozent aller in Europa gehandelten Waren werden hier umgeschlagen, in der Speicherstadt sitzen noch heute die meisten deutschen Importeure.

Im Vergleich zu anderen Getränken fristet der Tee allerdings immer noch ein Nischendasein. Während der Pro-Kopf-Verbrauch von Kaffee bei rund 150 Litern liegt, haben die Bundesbürger 2009 nach Angaben des Deutschen Teeverbands im Schnitt nur 25,5 Liter Tee pro Kopf getrunken. Diese Zahlen beziehen sich allerdings ausschließlich auf schwarzen und grünen Tee, also jene Sorten, die aus der Teepflanze Camellia Sinensis gewonnen werden. Kräuter- und Früchtetees, von denen die Deutschen pro Kopf jährlich 50 Liter konsumieren, fallen laut dem Bundesverbraucherministerium unter "Tee-ähnliche Getränke".

Deutschland gilt zwar nicht als Land der exzessiven Teetrinker, ist als Exporteur jedoch sehr erfolgreich. Die Tee-Verarbeiter verschickten 2009 nach Verbandsangaben 25 000 Tonnen in mehr als 100 Länder. Damit exportieren die Deutschen deutlich mehr Tee, als sie selbst konsumieren. "Unsere Tee-Experten genießen weltweit den Ruf, eine spezielle Fachkompetenz zu haben - Spezialitäten aus Deutschland sind in der ganzen Welt gefragt", sagt Verbandschef Jürgen Spethmann.

Spethmann muss es wissen: Seine Firma, die Laurens Spethmann Holding aus Seevetal, ist mit den Marken Meßmer und Milford der führende deutsche Teeanbieter. Die Sparte, die auch Kräuter- und Früchtetee umfasst, erzielte 2009 drei Viertel der Gesamtumsätze von 510 Millionen Euro - fast die Hälfte davon kam aus dem Ausland.

Gute Ideen gibt es in der Branche genug, um den Teegenuss aus seinem Nischendasein zu befreien. So interpretiert die Hamburger Firma Samova das Getränk ständig neu, kreiert Eistees und Tee-Cocktails mit Saft und Sirup. Und der Importeur Hälssen & Lyon, als Traditionsunternehmen von 1879 eine der ältesten Firmen in der Speicherstadt, hat nicht nur entkoffeinierten Tee, sondern auch spezielle Becher zum Mitnehmen entwickelt. "So wird Tee auch für jüngere Verbraucher immer interessanter", heißt es aus dem stetig wachsenden Unternehmen.

Auch Aiya-Europe-Chef Thomas M. Grömer hat Erfolge bei der Bekanntheit seines Grüntees zu vermelden: Seit Mai nutzt die Hamburger Sterneköchin Cornelia Poletto Matcha-Tee in ihrem Restaurant als Aromastoff zum Kochen.