Der Firmenchef kündigt “weitere außergewöhnliche Produkte“ für 2010 an. Das iPhone ist schon ein Verkaufsschlager - und das iPad auf dem Weg dahin.

Hamburg. Die Nachwirkungen der Wirtschaftskrise haben die USA und große Teile der übrigen Welt noch fest im Griff, der private Konsum lahmt - doch um den "Apple Campus" im kalifornischen Städtchen Cupertino macht die Misere offenbar einen großen Bogen. Denn dem Elektronikkonzern mit dem Logo des angebissenen Apfels geht es glänzend: Der Umsatz ist im vergangenen Quartal um fast die Hälfte in die Höhe geschossen, der Gewinn hat sich sogar nahezu verdoppelt.

Dabei hat sich das neueste Produkt, die seit Anfang April verkaufte Multimedia-Maschine iPad, auf die Zahlen noch gar nicht ausgewirkt. Stattdessen sorgte das iPhone für ein verblüffendes Absatzplus von mehr als 130 Prozent. Die guten Nachrichten trieben die Apple-Aktie um mehr als sechs Prozent in die Höhe - und Firmenchef Steve Jobs durfte wieder einmal triumphieren. Dies sei das beste Quartal aller Zeiten außerhalb des Weihnachtsgeschäfts gewesen, sagte er. Vor allem aber weckte er Hoffnung auf eine Fortsetzung der Erfolgsgeschichte: "Für dieses Jahr haben wir einige weitere außergewöhnliche Produkte in der Pipeline."

Entsprechend dem üblichen Muster bei Apple ließ Jobs kein Wort darüber verlauten, worum es sich dabei handeln könnte. Branchenkenner gehen aber davon aus, dass im Sommer die nächste Version des iPhone präsentiert wird. Außerdem rechnet man mit einem Vorstoß in Richtung Internetfernsehen.

"Für die nächsten zwei oder drei Jahre scheint das Wachstum garantiert zu sein", sagte Leopold Salcher, Analyst bei der Raiffeisen Centrobank in Wien, dem Abendblatt. "Denn es sieht ganz so aus, als würde das iPad auf Sicht von zwei Jahren zu den Umsätzen des iPhone aufschließen können." Der Start war jedenfalls vielversprechend: Allein in der ersten Woche wurden mehr als eine halbe Million iPads verkauft. Die Einführung in Europa musste wegen der überraschend hohen Nachfrage im Heimatmarkt auf Ende Mai verschoben werden - "wir waren geschockt", hieß es dazu von Apple.

Zwar dürfte der Konzern im Segment der sogenannten Tablet-Computer schon bald Konkurrenz bekommen. "Dell, Hewlett-Packard und Firmen aus Taiwan bringen ähnliche Geräte auf den Markt", so Salcher. Doch dass sie den Erfolg des iPad ernsthaft gefährden werden, glaubt der Experte nicht: "Kein anderes Unternehmen beherrscht es auch nur annähernd so gut wie Apple, einen regelrechten Hype um ein Produkt zu entfachen." Wenn Steve Jobs, Mitgründer der Firma, wie gewohnt im schwarzen Pullover auf die Bühne steigt, um eine Neuheit zu präsentieren, schlüpft er in die Rolle eines Hohepriesters für seine Fangemeinde. Eine wichtige Rolle für den Kultstatus, den Apple in der sonst eher nüchternen Elektronikbranche genießt, spielt das ungewöhnlich kühl-klare Design. Jobs erkannte früh, wie wichtig es ist, sich optisch von der Masse abzusetzen - und ein Deutscher half ihm dabei: Hartmut Esslinger, Gründer der Firma Frog-Design, entwarf schon im Jahr 1982 ein schneeweißes Gehäuse für den Computer Macintosh SE. Ungefähr um diese Zeit entstand auch eine Studie für ein Telefon mit einem berührungsempfindlichen Bildschirm - rund 25 Jahre vor dem iPhone.

Nicht zuletzt der unverwechselbare Stil der Apple-Produkte ermöglicht es dem Konzern, sie zu höheren Preisen zu verkaufen als die Wettbewerber. "Dabei ist die Technik von Apple nicht unbedingt besser als die der Konkurrenz", findet Salcher. Tatsächlich zeigte das neue iPad prompt verschiedene Mängel. So gab es Schwierigkeiten mit der drahtlosen Internetverbindung. Außerdem berichteten Fachmagazine, das Gerät schalte sich bei höheren Temperaturen ab.

Doch neben dem Design weisen Apple-Produkte noch eine andere Besonderheit auf: Es sind häufig quasi geschlossene Systeme. So werden das iPhone und das iPad über das firmeneigene Onlineportal iTunes mit Inhalten versorgt. "Für das Geschäft von Apple bedeutet das einen Vorteil gegenüber allen anderen Hardware-Herstellern", sagte Salcher. Allerdings erinnere dies manche Benutzer an die Dominanz von Google im Internet - und eine solche Position erweckt stets auch Argwohn.

Geradezu unheimlich wirkt auf manche Marktkenner aber auch die Geheimniskrämerei, die Jobs dem Unternehmen verordnet hat. Für ihn ist dies wichtig, um die Erwartungen der Markenliebhaber hochzuhalten - bis er die herbeigesehnte Neuheit vor der Weltöffentlichkeit in die Kameras halten kann und sie damit gewissermaßen zum geweihten Objekt wird. Zumindest bei der kommenden iPhone-Generation gelingt dies jedoch nicht so perfekt wie bislang: Ein Apple-Mitarbeiter ließ einen Prototyp in einer Bar liegen und das Telefon geriet in die Hände der Urheber des Technologie-Blogs "Gizmodo".

Wie Jobs darauf reagiert hat, ist nicht bekannt. Sicher ist aber, dass der charismatische Firmenchef für Apple so wichtig ist wie kaum ein anderer Vorstandsvorsitzender für das Unternehmen, das er leitet: "Jobs hält alle Fäden in der Hand", sagte Salcher. Laut dem Finanzmagazin "Barron's" ist Jobs der weltweit wertvollste Geschäftsführer, mindestens 25 Milliarden Dollar des Marktwerts von Apple entfielen allein auf ihn. Und für das Wirtschaftsmagazin Fortune waren die Jahre von 2000 bis 2009 "das Jahrzehnt von Steve". So verwundert es nicht, dass Aktienanalysten rund um die Welt alle Nachrichten zum Gesundheitszustand von Jobs mit größter Aufmerksamkeit verfolgen. Denn wie die Fangemeinde reagieren würde, wenn der Mann im schwarzen Pullover einmal nicht mehr die Verkörperung von Apple wäre, weiß niemand.