Trotz der Krise und Verlusten verzichtete das Unternehmen 2009 auf den Abbau von Stellen in der Stadt. Kritik an hohen Preisen auf Terminals.

Hamburg. Die Schifffahrtskrise ließ ihm bisher keine Zeit für Pausen. "Urlaub war in diesem Jahr noch nicht drin", sagt Ottmar Gast. Weder zum Skifahren noch zu Ausflügen auf zwei Rädern kam der Motorrad-Enthusiast an der Spitze von Hamburgs Traditionsreederei Hamburg Süd. Nun jedoch, am kommenden Wochenende, will der Sprecher der Geschäftsführung an eine Dienstreise nach Genua ein paar Tage anhängen. Ganz in der Nähe im Ferienhaus steht seine Maschine, und Ehefrau Margot kommt mit.

Die sonnigen Perspektiven für Gast spiegeln sich auch in den Zahlen der Reederei in den ersten Monaten des Jahres 2010 wider. Nach dem tiefen Einbruch im vergangenen Jahr stieg die Zahl der transportierten Container bis Ende März um 30 Prozent. Nachdem 2009 erstmals seit der Einführung der Boxen in den 1970er-Jahren weltweit das Geschäft um 15 Prozent zurückgegangen war, wird für 2010 wieder ein Plus von 7,5 Prozent erwartet. "Der Aufschwung kommt", sagt Gast. So entwickeln sich für Hamburg Süd derzeit vor allem die Exporte nach Südamerika aus Europa, Asien und Nordamerika vielversprechend. "Nachdem etwa zu Beginn von 2009 der Transport von Autoteilen in Brasilien um 70 Prozent eingebrochen war, hat sich die Lage normalisiert", so Geschäftsführer Joachim A. Konrad.

Allerdings stehen die Transportpreise in der Schifffahrt (Frachtraten) noch immer unter Druck. Nach einem Einbruch um bis zu 30 Prozent im vergangenen Jahr gibt es zwar eine leichte Tendenz nach oben. Trotz einiger Auftragsstornierungen, Verschrottungen sowie noch mehr als 400 stillgelegten Frachtern wird aber die Containerflotte 2010 erneut um knapp zehn Prozent wachsen. "Frühestens Ende 2011 wird es wohl wieder zu einem Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage kommen", glaubt Gast. Erst dann dürften sich die Raten stabilisieren.

Allein um 701 Millionen Euro sank der Umsatz von Hamburg Süd 2009 wegen der kaum mehr kostendeckenden Preise, die im Durchschnitt um 21 Prozent unter dem Niveau von 2008 lagen. Insgesamt gingen die Erlöse um 28 Prozent auf 3,2 Milliarden Euro zurück. Die Zahl der transportierten Boxen verringerte sich um 13 Prozent auf 2,3 Millionen Standardcontainer (TEU). Hamburg Süd musste einen Verlust hinnehmen, der im unteren zweistelligen Millionenbereich liegen dürfte. Genaue Zahlen nennt die Reederei nicht.

Gast jedoch will die Trendwende in diesem Jahr schaffen, indem er Marktanteile zurückerobert. Zudem soll der Sparkurs fortgesetzt werden. Um 300 Millionen Euro wurden 2009 die Kosten gesenkt. Einen großen Teil dazu trug das sogenannte Slow Steaming bei. Dabei wird die Geschwindigkeit der Schiffe von 20 auf 16 bis 17 Knoten reduziert. Auf diese Art lassen sich zweistellige Millionenbeträge sparen. Hintergrund: Der Kraftstoffverbrauch sinkt bei geringerem Tempo überproportional stark.

Bei den Kosten für das Be- und Entladen der Schiffe sparte Hamburg Süd 130 Millionen Euro ein. "Auch bei den Hamburger Containerterminals gibt es Bewegungen bei den Umschlagspreisen. Es ist aber immer noch Spielraum für Verbesserungen da", sagte Gast. Immerhin hätten die Unternehmen die Entgelte während des Booms "sehr stark erhöht". Dagegen seien die niedrigeren Hafengebühren zwar eine "nette Geste", ihre Auswirkungen aber zu vernachlässigen.

Kaum ausgewirkt haben sich die Sparmaßnahmen bei den Beschäftigten. In Hamburg mussten die 700 Mitarbeiter 2009 zwar Einbußen bei ihren Gehältern hinnehmen, haben aber jetzt trotz des Verlustes bei der Reederei Bonuszahlungen für 2009 erhalten. Die Einkommen stiegen zum Jahresbeginn um ein Prozent. "Wir haben bewusst auf einen Stellenabbau im Inland verzichtet, um nicht wieder gute Leute für den Aufschwung suchen zu müssen", sagte Konrad. Insgesamt erhöhte sich die Zahl der Beschäftigten trotz des Abbaus von 180 Jobs im Ausland um 17 auf 4791. Hintergrund dafür ist auch die Übernahme ausgelagerter Tätigkeiten. "Zum Jahresende werden wir erneut mehr Mitarbeiter haben", so Gast.

Von der Belegschaft hatte der Reedereichef im Krisenjahr 2009 in einer unternehmensintern gesendeten Rede gefordert, "schneller, beweglicher und besser zu sein als die Konkurrenz". Anfang der Woche wurde Gasts Rede für 2010 ausgestrahlt. Darin bedankte sich der promovierte Maschinenbauingenieur, weil die Beschäftigten tatsächlich "schneller, beweglicher und besser" waren. Für 2010 rechnet er nun wieder mit Gewinn. "Er dürfte sogar höher ausfallen, als wir es im Herbst geplant hatten."